01.02.2013 Aufrufe

im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

„Alle, alle! Ihr Vater war bei den berühmtesten Zauberern und Gelehrten; sie alle<br />

haben Mittel gegeben, welche viel Geld kosten, aber ke<strong>in</strong>es hat geholfen.“<br />

„Also e<strong>in</strong> Schönheitsfehler. Wie heißt er?“<br />

[161c] „Me<strong>in</strong> Mund sträubt sich dagegen, ihn zu nennen. Kannst Du es nicht erraten?“<br />

„An welcher Stelle des Körpers bef<strong>in</strong>det er sich?“<br />

„Vorn am Halse. O Muhammed, o Abubekr! Gerade vorn am Halse, wo er so leicht zu<br />

sehen ist! Könnte er nicht lieber auf dem Rücken se<strong>in</strong>? Warum hat es Allah so<br />

e<strong>in</strong>gerichtet, daß die Krankheiten <strong>im</strong>mer an der falschen Stelle sitzen!“<br />

„Das hat er zum Besten der Kranken so gefügt. Wenn der Schönheitsfehler, den du<br />

me<strong>in</strong>st, auf dem Rücken säße, störte er weniger und würde nicht kuriert.“<br />

„Du ahnst also, was es ist?“<br />

„Ja; es ist e<strong>in</strong> Ghodda 2 .“<br />

„Maschallah! Du hast es erraten. Ihr Ungläubigen seid doch kluge Menschen!“<br />

„Wie groß ist er?“<br />

„So groß wie me<strong>in</strong>e Faust. Möge er <strong>in</strong> der tiefsten Hölle braten!“<br />

„Und wie alt ist die Tochter?“<br />

„Erst fünfzehn Jahre! Und e<strong>in</strong>en Ghodda, so groß wie me<strong>in</strong>e Faust! Denke Dir me<strong>in</strong><br />

Herzeleid?“<br />

„D e i n Herzeleid?“<br />

„Ne<strong>in</strong>, ne<strong>in</strong>,“ rief er schnell. „Ich me<strong>in</strong>e das Herzeleid me<strong>in</strong>es Freundes, welches<br />

allerd<strong>in</strong>gs auch mir zu Herzen geht. Sag', o sag', Effendi, ob so e<strong>in</strong> entsetzlicher Ghodda<br />

zu kurieren ist?“<br />

„Er ist zu heilen.“<br />

„Und kennst Du das Mittel?“<br />

„Ja.“<br />

„Wie heißt es? Teile es mir schnell mit!“<br />

„Es giebt verschiedene Mittel, je nachdem die Krankheit verschieden ist. Es giebt<br />

nämlich drei Arten des Kropfes. Die beiden ersten Arten heilen die abendländischen<br />

Aerzte durch e<strong>in</strong>e Arznei, welche Jod genannt wird; <strong>im</strong> Morgenlande giebt man e<strong>in</strong> Mittel,<br />

welches aus Dura beda, gebranntem Sfunga und Fulful 3 zusammengesetzt ist.“<br />

„Willst Du me<strong>in</strong>em Freunde dieses Mittel bereiten, wenn ich Dich darum bitte,<br />

Effendi?“<br />

„Ne<strong>in</strong>.“<br />

„Allah!“ rief er erstaunt. „Ich denke, Du hast mich lieb! Und Du schlägst mir diese Bitte<br />

ab!“<br />

„Weil ich nicht leichts<strong>in</strong>nig se<strong>in</strong> will. Ich muß wissen, von welcher Art der Ghodda ist,<br />

sonst könnte ich die Gesundheit der Patient<strong>in</strong> schwer verletzen.“<br />

„Wie willst Du das erfahren?“<br />

„Ich muß den Ghodda sehen und untersuchen.“<br />

„Ia dschasara, ia kystachla - o Kühnheit, o Verwegenheit! Du willst den Hals dieser<br />

Tochter betasten?“<br />

„Ich muß es, wenn ich ihr helfen soll.“<br />

„Weißt Du nicht, daß ke<strong>in</strong> Mann den Harem betreten darf? Am allerwenigsten e<strong>in</strong><br />

Christ!“<br />

„Das ist auch nicht notwendig. De<strong>in</strong> Freund mag die Tochter hierherbr<strong>in</strong>gen.“<br />

„Damit Du De<strong>in</strong>e Hand an ihren Ghodda legst?“<br />

„Ja.“<br />

„Das geht nicht; das ist ganz unmöglich! Wie könnte man das vor Muhammed und<br />

allen se<strong>in</strong>en Nachkommen verantworten!“<br />

„Ganz wie Du denkst! Die Tochter mag also ihren Ghodda, das H<strong>in</strong>dernis ihres<br />

Glückes, behalten.“<br />

Dabei blieb ich; er aber beruhigte sich nicht und f<strong>in</strong>g <strong>im</strong>mer wieder von dem<br />

Schönheitsfehler an, beharrte aber doch dabei, daß e<strong>in</strong> [162a] Christ unmöglich e<strong>in</strong>e<br />

Muhammedaner<strong>in</strong> berühren dürfe. Da kam ich endlich auf e<strong>in</strong>en vermittelnden E<strong>in</strong>fall:<br />

„Höre, Schahad, Du bef<strong>in</strong>dest Dich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em großen Irrtum. Gehört denn der<br />

faustgroße Ghodda eigentlich zum Körper der Tochter de<strong>in</strong>es Freundes?“<br />

2 Kropf, Struma.<br />

3 Sorghum, gebrannter Schwamm und Pfeffer.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!