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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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„Woh<strong>in</strong> wollt Ihr?“<br />

„Über die Grenze.“<br />

„Wes Glaubens seid Ihr? Sunniten oder Schiiten?“<br />

„Ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Christ; me<strong>in</strong>e Begleiter aber s<strong>in</strong>d sunnitische Moslem<strong>in</strong>. Können wir für diese<br />

Nacht Eure Gäste se<strong>in</strong>?“<br />

„Ich werde öffnen. B<strong>in</strong>det draußen Eure Pferde an!“<br />

Die Dornenthüre wurde entfernt, und es erschien e<strong>in</strong> Mann von so riesigen Körperformen,<br />

wie ich wohl noch nie e<strong>in</strong>en gesehen hatte. Er war bedeutend höher und breiter als ich und<br />

trug auf se<strong>in</strong>em unbedeckten, sonst kahl geschorenen Kopfe nur e<strong>in</strong> langes, dünnes Temeli<br />

(Haarbüschel), welches h<strong>in</strong>ten bis auf dem Rücken niederfiel. Se<strong>in</strong>e sehr weite Hose war<br />

schwarz und rot gestreift und oben und unten mit Riemen zugebunden. Die nackten Füße<br />

hatten fast noch größere D<strong>im</strong>ensionen als die gewaltigen Hände, um welche ihn e<strong>in</strong> irischer<br />

Vollmatrose beneidet hätte. Um die Schultern h<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> Lederkragen, welcher <strong>in</strong> lange Streifen<br />

geschnitten war, so daß se<strong>in</strong> rauh behaarter Oberkörper ebenso wie die nackten, auffallend<br />

stark muskulierten Arme zu sehen waren. Er hielt e<strong>in</strong> Messer <strong>in</strong> der Hand, mit welchem er wohl<br />

eben beschäftigt gewesen war. Er musterte uns mit e<strong>in</strong>em be<strong>in</strong>ahe f<strong>in</strong>stern Blicke und sagte<br />

dann:<br />

„Kommt here<strong>in</strong>, und wartet hier! Ich werde dem Malk-hoe-gund (Dorfältesten) Eure Ankunft<br />

melden.“<br />

Er verschwand <strong>im</strong> H<strong>in</strong>tergrunde durch e<strong>in</strong>e zweite Dornenthüre, welche er von draußen<br />

wieder vorschob, und wir [160] traten e<strong>in</strong>, die Pferde natürlich <strong>im</strong> Freien lassend. Wir<br />

befanden uns <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em unregelmäßig viereckigen Raume, welcher wohl zwanzig Personen<br />

bequem fassen konnte und dessen vier Wände mit eben solchem Dorngeflecht bekleidet<br />

waren. Warum dieses stachelige Zeug? Das sollten wir bald erfahren. Als Stühle oder Schemel<br />

lagen mehrere große Ste<strong>in</strong>e da. Wir setzten uns. Sonst war r<strong>in</strong>gsum nichts zu sehen, als e<strong>in</strong><br />

Lanzenschaft, an welchem der Kurde bei unserm Kommen geschnitzt zu haben schien.<br />

Eigentlich hatte ich große Lust, die Örtlichkeit <strong>in</strong> altgewohnter Vorsicht genau zu<br />

untersuchen, doch hielt mich eben dieselbe Vorsicht davon ab; wir konnten Beobachter haben,<br />

und ich wollte dieselbe nicht durch e<strong>in</strong> Zeichen des Mißtrauens gegen uns aufbr<strong>in</strong>gen. E<strong>in</strong>s<br />

aber that ich, um auf alle Fälle gerüstet zu se<strong>in</strong>: Ich füllte, um die abgeschossenen Kugeln zu<br />

ergänzen, das Magaz<strong>in</strong> me<strong>in</strong>es Henrystutzens mit neuen Patronen.<br />

Eben war ich damit fertig, als die H<strong>in</strong>terthüre wieder geöffnet wurde und der Kurde mit<br />

e<strong>in</strong>em Manne e<strong>in</strong>trat, den er als den Malk-hoe-gund bezeichnete. Dieser war e<strong>in</strong> verwegen und<br />

zugleich verschmitzt aussehender Mann mittlerer Größe. Auch er trug e<strong>in</strong>en riesigen Turban;<br />

se<strong>in</strong> Körper wurde von e<strong>in</strong>em türkischen Anzuge, der aber aus rot und gelb gemustertem<br />

Zeuge gefertigt war, umhüllt. Im Gürtel hatte er e<strong>in</strong> Messer und e<strong>in</strong>e Pistole stecken. Im<br />

Besitze der letzteren Waffe bef<strong>in</strong>den sich bei den Kurden meist nur die Häuptl<strong>in</strong>ge. Er warf<br />

e<strong>in</strong>en forschenden und, wie es mir schien, erzwungen freundlichen Blick auf uns und fragte<br />

mich dann:<br />

„Die beiden Männer s<strong>in</strong>d Sunniten?“<br />

„Ja.“<br />

„Wir bekennen uns zur heiligen Schia und feiern den Tod Husse<strong>in</strong>s, des Märtyrers. Du aber<br />

bist e<strong>in</strong> Christ und trägst doch das Hamaïl!“<br />

Hamaïl ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong> Mekka geschriebener Kuran, welchen die dort gewesenen Pilger, wenn sie<br />

wohlhabend genug waren, sich e<strong>in</strong>en solchen kaufen zu können, als Andenken an ihre<br />

Wallfahrt am Halse tragen. Darum antwortete ich:<br />

„Ich habe ihn <strong>in</strong> Mekka gekauft.“<br />

Er warf mir darauf e<strong>in</strong>en Blick zu, welchen ich nicht zu enträtseln vermochte, musterte mich<br />

abermals, und zwar e<strong>in</strong>gehender als vorher, und trat dann vor den E<strong>in</strong>gang, um unsere Pferde<br />

anzusehen. Kaum war se<strong>in</strong> Auge auf me<strong>in</strong> Pferd gefallen, so leuchtete es freudig überrascht<br />

auf, und er rief aus:<br />

„Ia Hassan, ia Husse<strong>in</strong>! Das ist ja e<strong>in</strong> Rapphengst von re<strong>in</strong>stem Blute. Wie heißt er?“<br />

„Rih,“ antwortete ich.<br />

„Rih? Von wem hast Du ihn?“<br />

„Von Mohammed Em<strong>in</strong>, dem Scheike der Haddedihn vom Stamme der Schammar.“<br />

„Ich kenne die Haddedihn und alle ihre Schicksale. So bist Du wohl der Christ, dem er<br />

dieses Pferd schenkte, weil Du se<strong>in</strong>en Stamm vor drei fe<strong>in</strong>dlichen Stämmen rettetest?“<br />

„Ja.“<br />

„Du durchzogst dann Kurdistan und hast dann auch für die Teufelsanbeter gekämpft?“

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