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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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„Er gehört nicht zu mir und kam, um bei uns auszuruhen; da er uns aber belogen hat und<br />

mir e<strong>in</strong>en falschen Namen nannte, habe ich ihn fortgewiesen. Er ist e<strong>in</strong> armenischer<br />

Handelsmann, der nach Serdascht will und vorgab, aus Diabekr zu kommen.“<br />

„E<strong>in</strong> Armeni, also e<strong>in</strong> Giaur, e<strong>in</strong> Christenhund? Allah verdamme ihn! Er mag sich schleunigst<br />

von dannen machen, sonst zeigen wir ihm mit der Peitsche den Weg! Diese [175a] Christen<br />

st<strong>in</strong>ken uns an, und wenn e<strong>in</strong> gläubiger Bekenner des Propheten <strong>in</strong> die Nähe e<strong>in</strong>es solchen<br />

Hundes kommt, so ist er verunre<strong>in</strong>igt und hat sich zu waschen, ohne daß er von ihm berührt<br />

worden ist.“<br />

Der Armenier hatte bei se<strong>in</strong>em Pferde gestanden und die Perser mit e<strong>in</strong>er mir auffälligen<br />

Schärfe betrachtet. Jetzt stieg er <strong>in</strong> den Sattel, nahm das Packpferd am Leitzügel und sagte <strong>in</strong><br />

höhnischen Tone:<br />

„Wenn Ihr wirklich glaubt, von e<strong>in</strong>em Christen verunre<strong>in</strong>igt zu werden, so will ich mich<br />

schnell entfernen; aber re<strong>in</strong>igen und waschen mußt Du Dich doch, o Mirza Muzaffar, denn<br />

dieser Kara Ben Nemsi ist auch e<strong>in</strong> Giaur, und Du hast nicht nur <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Nähe gestanden,<br />

sondern sogar se<strong>in</strong>en Arm <strong>in</strong> De<strong>in</strong>er Hand gehabt. Allah gestatte Dir, den Kys-Kaptschiji zu<br />

fangen, wenn – – Du nicht selbst von ihm gefangen wirst!“<br />

Diese letzten Worte, bei denen der Händler schnell fortritt, klangen wie e<strong>in</strong>e Drohung. Der<br />

Perser achtete aber nicht darauf, sondern wendete sich erstaunt und mit der Frage an mich:<br />

„Ist das nicht e<strong>in</strong>e Verleumdung von diesem Menschen, Emir? Die Haddedihn s<strong>in</strong>d zwar<br />

ke<strong>in</strong>e Schiiten wie wir; aber sie bekennen sich doch zu Mohammed, dem Propheten, und der,<br />

dem sie ihren großen Sieg und ihre Rettung zu verdanken haben, kann unmöglich e<strong>in</strong><br />

Christenhund se<strong>in</strong>!“<br />

„E<strong>in</strong> Hund freilich nicht, aber doch e<strong>in</strong> Christ,“ antwortete ich lächelnd.<br />

Er fuhr sofort mehrere Schritte zurück und rief:<br />

„Ist’s wirklich wahr? Du scherzest!“<br />

„Es ist die Wahrheit; ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Christ.“<br />

„Afghan – o Jammer! Ich habe Dich angegriffen und b<strong>in</strong> also noch mehr verunre<strong>in</strong>igt, als<br />

wenn ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Hufra el harah 17 gefallen wäre! Warum hast Du das geschehen lassen? Warum<br />

hast Du mich nicht gewarnt?“<br />

„Habe ich Dich aufgefordert, mich zu berühren? Me<strong>in</strong>st Du wirklich, ich solle auch denken,<br />

daß Du durch mich verunre<strong>in</strong>igt [175b] werden könntest? Merkst Du nicht, welch e<strong>in</strong>e<br />

Beleidigung <strong>in</strong> De<strong>in</strong>en Worten, <strong>in</strong> De<strong>in</strong>er Frage liegt? Wenn es überhaupt der Fall ist, daß e<strong>in</strong>er<br />

von uns beiden durch den andern verunre<strong>in</strong>igt werden kann, so bist Du es, vor dem ich mich<br />

zu hüten habe.“<br />

„Allah! welch e<strong>in</strong>e Frechheit! Wir werden –– –“<br />

Da unterbrach ihn Halef, <strong>in</strong>dem er se<strong>in</strong>e beiden Pistolen zog und drohend auf ihn zutrat:<br />

„Nichts werdet Ihr – – sondern wir werden – –verstanden! Hältst Du uns etwa für solche<br />

Jammergestalten, wie der Armenier war, der sofort vor Euch Reißaus genommen hat? Me<strong>in</strong><br />

Sihdi ist ke<strong>in</strong> feiger, h<strong>in</strong>terlistiger Armenier, sondern e<strong>in</strong> tapferer Almani 18 , der noch niemals<br />

e<strong>in</strong>em Fe<strong>in</strong>de den Rücken gezeigt hat. Wenn Du von ihm gehört hast, so wirst Du wissen, daß<br />

er Zaubergewehre besitzt, vor denen hundert und noch mehr Gegner fliehen müssen; er<br />

[175c] schießt zehntausendmal, ohne laden zu müssen. Wenn er will, so liegen <strong>im</strong> zehnten Teil<br />

e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>ute Eure acht Leichen hier <strong>im</strong> Grase. Wir s<strong>in</strong>d nur zwei Mann; aber wir fürchten Euch<br />

nicht. Es darf nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger von Euch nach se<strong>in</strong>er Waffe greifen, so krachen unsere Schüsse;<br />

es braucht nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger von Euch e<strong>in</strong> Wort zu sagen, welches uns nicht gefällt, so öffnen<br />

wir ihm augenblicklich die Pforte zu ess Schiret, der Brücke, welche nach dem Abgrunde des<br />

Todes führt!“<br />

Ich hatte während dieser se<strong>in</strong>er Rede me<strong>in</strong>e beiden Revolver gezogen und gespannt. Von<br />

diesen zwei kle<strong>in</strong>en Waffen und dem Repetiergewehre, welches alle me<strong>in</strong>e Bekannten<br />

bewunderten, waren gerade hier, an der persischen Grenze und zwischen den kurdischen<br />

Bergen, die abenteuerlichsten Gerüchte <strong>im</strong> Umlaufe. Halef hatte recht: da diese Perser von mir<br />

gehört hatten, mußte man ihnen auch von me<strong>in</strong>en Gewehren erzählt haben. Daß dem so war,<br />

zeigte sich sofort, als Halef ausgesprochen hatte.<br />

Mirza Muzaffar wich noch weiter als bisher von uns zurück und sagte:<br />

„Du brauchst nicht zu drohen. Wir fürchten uns nicht; aber wir wollen nichts mit Euch zu<br />

thun haben. Steigt auf Euere Pferde und reitet fort! Wir werden Gnade walten lassen und<br />

Euerer Entfernung nicht <strong>in</strong> den Weg leben.“<br />

17<br />

Düngerhaufen.<br />

18<br />

Deutscher.

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