im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...
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Anblicke, wendete das Pferd und verschwand. Was wollte e<strong>in</strong>e Squaw hier? Das mußten wir<br />
wissen! W<strong>in</strong>netou, der stets und schnell Entschlossene, flog auf se<strong>in</strong>em Pferde h<strong>in</strong>ter ihr her.<br />
Wir konnten ruhig halten bleiben, denn es war der Frau ganz unmöglich, dem Häuptl<strong>in</strong>g der<br />
Apatschen zu entgehen. Es dauerte auch nur zwei M<strong>in</strong>uten, so kam er, ihr Pferd am Zügel<br />
haltend, mit ihr zurück. Als er uns erreichte, forderte er mich durch e<strong>in</strong>en Blick auf, mit ihr zu<br />
sprechen; er zog für sich das Schweigen vor.<br />
Die Squaw konnte nicht viel über dreißig Jahre alt se<strong>in</strong>. Sie saß nach Männerart und stolz <strong>im</strong><br />
Sattel, war wohlthuend sauber gekleidet und verriet durch ke<strong>in</strong>e Miene, daß oder ob sie Angst<br />
vor uns hatte. Sie war jedenfalls alle<strong>in</strong>, sonst hätte der Apatsche sich anders verhalten; darum<br />
fragte ich gar nicht nach ihrer Begleitung, sondern sagte:<br />
„Es ist seltsam, daß e<strong>in</strong>e Squaw sich ohne Schutz so weit von ihrem Lager entfernt.<br />
Wodurch wurde [231b] me<strong>in</strong>e rote Schwester gezwungen, dies zu thun? Will sie mir ihren<br />
Namen sagen?“<br />
Ihr Auge leuchtete stolz auf, als sie antwortete:<br />
„Warum spricht me<strong>in</strong> weißer Bruder von Schutz? Kann es ke<strong>in</strong>e Squaw geben, die sich nicht<br />
fürchtet? Ich sehe drei Bleichgesichter und nur e<strong>in</strong>en roten Mann. Glauben die Bleichgesichter<br />
an den heiligen Erretter, welcher der Sohn des großen Geistes ist?“<br />
„Ja.“<br />
„Ihr seid Christen und <strong>in</strong> euern Augen lebt die Ehrlichkeit. Ihr gleicht nicht anderen<br />
Bleichgesichtern, welche die Güte auf der Zunge, aber den Haß und den Betrug <strong>im</strong> Herzen<br />
tragen; ich traue euch. Ich b<strong>in</strong> U<strong>in</strong>or<strong>in</strong>tscha ota, die Squaw von Uamduschka sapa 2 , des<br />
Häuptl<strong>in</strong>gs der Upsaroka’s.“<br />
U<strong>in</strong>or<strong>in</strong>tscha ota heißt „viel Frauen“, e<strong>in</strong> Name, welcher nach <strong>in</strong>dianischer Ausdrucksweise<br />
schließen ließ, daß sie bei ihrem Manne <strong>in</strong> ungewöhnlicher Achtung stand. Ich fragte:<br />
„Du vertraust uns, weil wir Christen s<strong>in</strong>d, und hast den Sohn des großen Geistes unsern<br />
Erretter genannt. Hat dir vielleicht e<strong>in</strong> Pu teh uakon 3 von ihm erzählt?“<br />
„Mir nicht; aber die Mutter me<strong>in</strong>er Mutter war die Squaw e<strong>in</strong>es Kriegers der Mandans und<br />
liebte die Squaw e<strong>in</strong>es weißen Pu teh uakon, von welcher sie das Gebet erlernte; sie betete<br />
auch mit ihrer Tochter, und diese, me<strong>in</strong>e Mutter, erzählte mir alles, was sie von Uakantanka<br />
tschih<strong>in</strong>tku 4 wußte, und betete mit mir.“<br />
„Betest Du auch jetzt noch?“<br />
„Ich bete mit me<strong>in</strong>en beiden Knaben, doch darf der Häuptl<strong>in</strong>g es nicht hören, denn er haßt<br />
die Bleichgesichter, welche unter dem Vorgeben, uns das Gebet zu br<strong>in</strong>gen, nur das Verderben<br />
<strong>in</strong> unsere Wigwams tragen.“<br />
„Er sche<strong>in</strong>t Dich sehr lieb zu haben. Darum reitest Du ihm wohl nach?“<br />
Sie stutzte, besann sich kurze Zeit und antwortete dann:<br />
„Wie kommt das Bleichgesicht auf den Gedanken[,] daß ich ihm folge, daß er sich also nicht<br />
dahe<strong>im</strong> <strong>im</strong> Lager bef<strong>in</strong>de?“<br />
„Ich weiß, daß er mit e<strong>in</strong>er Schar von Kriegern von dort aufgebrochen ist, um die Sioux<br />
Ogallalah zu überfallen. Er ist da drüben am Flusse aufwärts geritten, und me<strong>in</strong>e rote<br />
Schwester bef<strong>in</strong>det sich also, falls sie zu ihm will, auf falschem Wege.“<br />
„Sagst Du die Wahrheit?“ fragte sie erstaunt.<br />
„Ja; wir wissen es genau. Wenn Du <strong>in</strong> dieser Richtung weiterreitest, wirst Du wahrsche<strong>in</strong>lich<br />
auf die Ogallalah treffen. Ich warne Dich!“<br />
Jetzt verwandelte sich der Ausdruck des Erstaunens auf ihrem Gesichte <strong>in</strong> den des<br />
Schreckens, und sie erkundigte sich <strong>in</strong> hastiger Weise:<br />
„Haben die Sioux die Rattlesnake-Berge verlassen? Werden sie hier abwärts kommen?“<br />
„Ich vermute es.“<br />
„Kennst Du sie? Seid ihr Freunde von ihnen?“<br />
„Wir s<strong>in</strong>d Freunde aller roten und weißen Menschen; aber die Sioux erkennen das nicht an;<br />
sie hassen uns; Du bist erschrocken. Du siehst mich forschend an. Hast Du e<strong>in</strong>en Wunsch? Ich<br />
will Dir sagen, wer wir s<strong>in</strong>d; dann wirst Du Vertrauen zu uns haben. Dieser rote Krieger neben<br />
Dir ist W<strong>in</strong>netou, der große Häuptl<strong>in</strong>g der Apatschen, und ich b<strong>in</strong> – –“<br />
„Old Shatterhand?“ fiel sie mit <strong>in</strong> die Rede. „Wo W<strong>in</strong>netou ist, da bef<strong>in</strong>det sich auch Old<br />
Shatterhand. Sag mit, ob Du dieses Bleichgesicht bist!“<br />
[232a] „Ich b<strong>in</strong> es.“<br />
2<br />
Schwarze Schlange.<br />
3<br />
Missionär.<br />
4<br />
Gottes Sohn.