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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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„Ich habe mit ihr zu sprechen. Hat sie K<strong>in</strong>der?“<br />

„Ja, vier.“<br />

„Rufe sie mit ihnen! Ich will sie begrüßen.“<br />

Er sah mich mißtrauisch an, g<strong>in</strong>g aber doch nach e<strong>in</strong>er der Hütten, um me<strong>in</strong>en Auftrag<br />

auszuführen. In e<strong>in</strong>igen Augenblicken standen alle die Zurückgebliebenen um uns her, wohl<br />

zwei Schock K<strong>in</strong>der, Greise und Frauen. Da kam e<strong>in</strong>e noch ziemlich junge Frau aus der Hütte<br />

und auf mich zu. Vier K<strong>in</strong>der, das jüngste vielleicht vier Jahre alt, waren bei ihr. Ihr Gesicht<br />

drückte das größte Er- [56] staunen [Erstaunen] und auch Sorge aus, aber sie kam doch zu<br />

mir heran und fragte:<br />

„Was willst du, Herr?“<br />

„Du bist das Weib des Anführers, und dies s<strong>in</strong>d de<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der?“<br />

„Ja.“<br />

„Hast du vielleicht e<strong>in</strong>mal von e<strong>in</strong>em fremden Krieger gehört, welcher Kara Ben Nemsi<br />

Effendi heißt?“<br />

„Ja, wir wissen alle von ihm. Er hat Zaubergewehre und – –“ sie hielt <strong>in</strong>ne, sah me<strong>in</strong>en<br />

Rappen und mich erschrocken an und schrie: „Herr, bist etwa du dieser Mann?“<br />

„Ja. Doch fürchtet euch nicht. Wir thun euch nichts, wenn ihr uns gehorcht. Gieb uns die<br />

acht Sklaven heraus, welche ihr vor zwei Jahren den Schiiten und Christen geraubt habt!<br />

Gehorchest du, so krümmen wir euch ke<strong>in</strong> Haar, wenn aber nicht, so kommt ihr vor me<strong>in</strong>e<br />

Zaubergewehre, und diese de<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d die ersten, welche sterben müssen!“<br />

Gab das e<strong>in</strong> Heulen und Schreien! Doch als ich die Revolver zog, trat augenblicklich Stille<br />

e<strong>in</strong>. Ich richtete den Lauf auf e<strong>in</strong>s der K<strong>in</strong>der, da rief die Frau:<br />

„Halt, schieß nicht! Wir gehorchen.“<br />

„S<strong>in</strong>d diese Sklaven gefesselt?“<br />

„Ja, mit Ketten.“<br />

„Nehmt ihnen die Ketten ab! Ich gebe euch soviel Zeit, als man braucht, die erste Sure des<br />

Koran fünfmal zu beten. S<strong>in</strong>d dann die Gefangenen nicht da, so geht das Morden los!“<br />

Welch e<strong>in</strong> Schreck! Alles rannte davon, um me<strong>in</strong>en Befehl auszuführen. Es dauerte freilich<br />

etwas länger, aber nach Verlauf e<strong>in</strong>er Viertelstunde standen die Acht vor uns.<br />

„Nun noch Sättels und Zaumzeug für acht Pferde! Rasch!“ gebot ich.<br />

Als sie nicht sofort gehorchen wollten, hieb Halef mit der Peitsche dre<strong>in</strong>; das half. Das Zeug<br />

mußte uns nachgebracht werden, h<strong>in</strong>aus an das Wasser, wo noch über dreißig Pferde grasten.<br />

Ich suchte die acht besten aus, ohne mich um das Wehklagen der Weiber zu kümmern. Es<br />

wurde gesattelt und die acht Personen stiegen auf. In jenen Gegenden reiten auch die Frauen<br />

wie die Männer. Dann erschoß ich, um Proviant zu haben, e<strong>in</strong>en Hammel, welcher<br />

mitgenommen wurde.<br />

„Ich danke dir, o Nezana!“ sagte ich hierauf. „Durch de<strong>in</strong>e Bereitwilligkeit hast du mich<br />

abgehalten, euch alle zu erschießen. Allah sei mit dir, doch nicht mit de<strong>in</strong>em Manne, der e<strong>in</strong><br />

Räuber und Mörder ist!“<br />

Wir ritten davon, während h<strong>in</strong>ter uns her e<strong>in</strong> Chor von Schmähungen erschallten. Wir<br />

schlugen zunächst denselben Weg e<strong>in</strong>, auf dem wir gekommen waren, und schienen uns dabei<br />

um die, welche wir befreit hatten, nicht zu kümmern.<br />

„Sihdi“, sagte Halef, „das war e<strong>in</strong> schöner Streich. Wie wird Hanneh, me<strong>in</strong>e Sonne, sich<br />

freuen, wenn ich ihr davon erzähle!“<br />

„Wie aber, wenn die Kurden zurückgekehrt wären, während wir uns noch <strong>im</strong> Lager<br />

befanden?“<br />

„O, du hättest dich nicht gefürchtet, und ich auch nicht. Was werden die Gefangenen<br />

denken! Wir müssen doch mit ihnen sprechen, um sie aufzuklären.“<br />

„Thu’ du es. Erzähle ihnen alles. Sie werden sich wie <strong>im</strong> Träume bef<strong>in</strong>den. Ich kann mich<br />

nicht mit ihnen abgeben, weil ich auf den Weg zu achten habe. Wir müssen uns vor den<br />

Kurden hüten. Sag diesen Leuten, daß wir e<strong>in</strong>en sehr scharfen Ritt machen müssen.“<br />

Bald erklang se<strong>in</strong>e begeisterte St<strong>im</strong>me h<strong>in</strong>ter mir. Er gab den Befreiten die nötigen<br />

Erklärungen. Ich konnte mich mit ihnen nicht befassen. Wir mußten vor den Akrakurden bei<br />

unsern Gastfreunden e<strong>in</strong>treffen, sie also überholen und dabei e<strong>in</strong>en Umweg machen. Ich<br />

mußte mich zurechtf<strong>in</strong>den, ohne die Gegend zu kennen. Da war vor allen D<strong>in</strong>gen die größte<br />

Eile nötig.<br />

[57] Die Schiiten und die sie verfolgenden Kurden blieben auf dem frühern Wege. Ich wich<br />

von demselben rechts ab, schon von weitem jeden Bergumriß taxierend beziehentlich der

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