im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...
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leutseligen Effendi kennen zu lernen. Wenn sie sich mite<strong>in</strong>ander unterhielten, sprachen sie<br />
nicht türkisch oder vielleicht arabisch, sondern sie bedienten sich ihres Mireditendialektes, von<br />
welchem mir kaum dreißig Worte geläufig waren. Sie ritten, je nach dem, vor oder h<strong>in</strong>ter mir<br />
her, ohne sich um mich zu kümmern; ich schien für sie Luft zu se<strong>in</strong>, und als ich zur Mittagszeit<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Dorfe halten ließ, um mir von dem Muchtar (Dorfschulzen) e<strong>in</strong> Essen liefern zu<br />
lassen, wollten sie sich, als dasselbe gebracht wurde, sich sofort darüber hermachen, als ob ich<br />
gar nicht vorhanden sei oder mit den Überresten fürlieb zu nehmen habe. Der Tschausch<br />
nahm, ohne sich um mich zu bekümmern, dem Muchtar die Schüssel ab, setzte sich mit<br />
derselben neben se<strong>in</strong>en Kameraden auf die Erde nieder und spreizte schon die F<strong>in</strong>ger aus, um<br />
zuzulangen; da nahm ich, auch ohne e<strong>in</strong> Wort zu sagen, ihnen die Schüssel weg, g<strong>in</strong>g mit<br />
derselben zur Seite, setzte mich nieder, nahm sie zwischen die Be<strong>in</strong>e, zog me<strong>in</strong>en Löffel aus<br />
dem Gürtel und begann zu essen.<br />
„Effendi, das Essen gehört auch uns!“ rief der Tschausch zornig.<br />
„Wartet!“ antwortete ich kurz, <strong>in</strong>dem ich weiterlöffelte.<br />
„Wir s<strong>in</strong>d gläubige Moslem<strong>in</strong> und dürfen nicht genießen, was e<strong>in</strong> Christ übrig läßt!“<br />
„Und ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> gläubiger Christ, der Euch die Ehre erweisen würde, Euch mit ihm essen zu<br />
lassen, wenn Ihr Offiziere wäret. Said Kaled Pascha, me<strong>in</strong> Freund, hat Euch zu mir befohlen,<br />
nicht aber mich zu Euch. Merkt Euch das!“<br />
Sie schwiegen und g<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> das Haus, um sich anderes Essen geben zu lassen, verhielten<br />
sich aber von nun an noch abweisender gegen mich als vorher. In Jachscha Khan, wo wir über<br />
Nacht blieben, sah ich sie von dem Augenblicke, an welchem wir von den Pferden stiegen,<br />
nicht eher wieder, als bis ich am andern Morgen aufstieg, um fortzureiten. Zum Schutze<br />
brauchte ich sie nicht; ich konnte mich selbst beschützen, und da sie mir <strong>im</strong> übrigen nur<br />
h<strong>in</strong>derlich, nicht förderlich se<strong>in</strong> konnten, so wäre es mir lieber gewesen, wenn ich sie gar nicht<br />
mitgenommen hätte, zumal ich <strong>im</strong> Laufe dieses zweiten Tages die Bemerkung machte, daß sie<br />
überall, wo wir anhielten, mich sofort und geflissentlich als Christ bezeichneten. Das konnte<br />
jetzt, zur Pilgerzeit, unangenehme Folgen für mich haben.<br />
Wir hatten <strong>in</strong> Jachscha Khan frische Pferde bekommen; für morgen brauchte ich wieder<br />
welche, zumal der heutige Ritt e<strong>in</strong> sehr anstrengender war, da wir erst am späten Abende über<br />
Baltschyk <strong>in</strong> Paschaköi ankamen. Es gab da e<strong>in</strong>en Han (Herberge), vor welchem wir abstiegen.<br />
Da es me<strong>in</strong>en beiden Beschützern nicht e<strong>in</strong>fiel, für mich zu sorgen, so rief ich selbst den Wirt<br />
herbei, um ihm me<strong>in</strong>e Wünsche mitzuteilen. Als er das Dokument des Wali sah, kraute er sich<br />
verlegen h<strong>in</strong>ter den Ohren und sagte:<br />
„Essen könnt Ihr haben, ob aber auch Pferde, das bezweifle ich. Es ist schon e<strong>in</strong> Effendi da,<br />
welcher auch e<strong>in</strong>en Tenbih des Wali besitzt; er hat auch schon Pferde bestellt.“<br />
„Wie viele?“<br />
„Zwei.“<br />
„Ich brauche drei. Die werden jedenfalls zu bekommen se<strong>in</strong>.“<br />
„Ich will’s versuchen; aber er wird jedenfalls die beiden besten nehmen, weil er eher<br />
gekommen ist als Du. Er weiß Pferde zu beurteilen, denn ich habe aus se<strong>in</strong>em Tenbih ersehen,<br />
daß er Kysrakdar (Gestütemeister) von Malatijeh ist.“<br />
Ich g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> das Gebäude, um mich mit diesem Effendi zu verständigen, und fand e<strong>in</strong>en<br />
jungen Türken ernsten Aussehens, welcher zufälligerweise auch nach Kaisarijeh wollte und<br />
bereit war, den Weg mit mir geme<strong>in</strong>schaftlich zu machen. Das war alles, was wir sprachen,<br />
denn er zeigte sich außer- [142] ordentlich [außerordentlich] e<strong>in</strong>silbig und zurückhaltend, und<br />
ich war so müde, daß ich nur e<strong>in</strong>ige Bissen aß und mich dann gleich niederlegte.<br />
Am andern Morgen waren me<strong>in</strong>e Arnauten nicht zu sehen. Der Wirt sagte mir, daß sie die<br />
beiden besten Pferde genommen hätten und fortgeritten seien. Ich nahm an, daß sie es unter<br />
ihrer muhammedanischen Würde gefunden hätten, mich weiter zu begleiten, hörte aber zu<br />
me<strong>in</strong>em Befremden, daß sie nicht die Richtung zurück nach Engyrijeh e<strong>in</strong>geschlagen hatten,<br />
sondern unserm bisherigen Wege weitergefolgt waren. Das mußte mir auffallen; sie wußten,<br />
daß ich Geld bei mir hatte, und ich nahm mir vor, vorsichtig zu se<strong>in</strong>.<br />
Me<strong>in</strong> Ziel für heute war Boghaslajan, und der Kysrakdar zeigte sich damit e<strong>in</strong>verstanden.<br />
Wir hatten zwar drei Pferde, die aber nichts taugten; ich brauchte nur e<strong>in</strong>s, er zwei, da er<br />
Gepäck bei sich führte. Lieb war es mir, daß er den Weg genau kannte, aber weiter bot mir<br />
se<strong>in</strong>e Gesellschaft auch nichts, da er wenigstens ebenso wortkarg wie gestern Abend war. Ich<br />
bemerkte, daß er mich he<strong>im</strong>lich mit prüfendem Blicke musterte und daß se<strong>in</strong> Gesicht dabei<br />
ke<strong>in</strong>eswegs e<strong>in</strong>en fe<strong>in</strong>dseligen Ausdruck hatte. Er schien sich gern näher mit mir e<strong>in</strong>lassen zu<br />
wollen und doch e<strong>in</strong>en besonderen Grund zu haben, dies nicht zu thun.