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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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Halef sagte nicht; er drückte mir still die Hand; ich verstand ihn gar wohl. Dann schliefen wir<br />

e<strong>in</strong>. Am andern Morgen g<strong>in</strong>g es weiter. Da erhob sich dann bald der Felsen Wahsija aus der<br />

Ebene; an se<strong>in</strong>em Fuße lagen die Zelte der Anezeh, und um dieselben weideten ihre Herden,<br />

zur Hälfte zusammengeraubt.<br />

Der Wahsija (E<strong>in</strong>same) war wirklich ke<strong>in</strong> Berg, sondern nur e<strong>in</strong> Fels zu nennen; aber er hatte<br />

unten e<strong>in</strong>en Umfang von sicher e<strong>in</strong>er Viertelstunde und e<strong>in</strong>e Höhe von wenigstens achtzig<br />

Ellen. In der Zeit von Jahrhunderten hatten sich Sträucher und sogar Bäume angesetzt, welche<br />

jetzt grünten; zwischen ihnen führte, von Absatz zu Absatz, e<strong>in</strong> spiralförmig sich rundum<br />

drehender Pfad [147a] h<strong>in</strong>auf. Oben, nicht ganz auf der Höhe öffnete sich e<strong>in</strong>e Art Höhle, vor<br />

welcher e<strong>in</strong> Nadelbaum, von welcher Art, das war von unten nicht zu erkennen. Da, wo der<br />

Weg auf die Ebene mündete, stand unten e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Hütte, <strong>in</strong> welcher die schon erwähnte<br />

Witwe mit den beiden Knaben wohnte. Sie ernährte sich von den Gaben der Pilger, welche zu<br />

dem E<strong>in</strong>siedler kamen.<br />

Wir wurden von e<strong>in</strong>igen Bedu<strong>in</strong>en angeredet, welche uns <strong>in</strong> barschem Tone nach unserm<br />

Begehr fragten. Ich verlangte, zu dem Scheik geführt zu werden, und sie thaten es. Er saß <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Zelte, erwiderte unsern Gruß kaum und hieß uns auch nicht setzen. Ich aber nahm<br />

neben ihm Platz, w<strong>in</strong>kte Halef und Alam, sich auch zu setzen und fragte:<br />

„Du hast e<strong>in</strong>en Mann bei Dir, welcher Wikrama heißt?“<br />

„Was wollt Ihr von ihm?“ fragte er.<br />

„Wir wollen das Lösegeld zahlen.“<br />

„Das ist se<strong>in</strong> Glück, denn morgen ist der letzte Tag! Gebt es her!“<br />

„Er bef<strong>in</strong>det sich hier?“<br />

„Ja. Gebt es her!“<br />

„Wir sprechen ebenso kurz wie Du: Gieb ihn her!“<br />

„Erst das Geld, und dann den Mann;“<br />

„Erst den Mann, und dann das Geld! Man bezahlt nie eher, als bis man gesehen hat, was<br />

man kauft.“<br />

„Ich b<strong>in</strong> ke<strong>in</strong> Händler und ke<strong>in</strong> Verkäufer, sondern der Scheik der Anezeh. Wer aber bist Du,<br />

und wie ist de<strong>in</strong> Name?“<br />

„Man nennt mich Kara Ben Nemsi und ich habe – – –“<br />

Er sprang rasch auf und unterbrach mich:<br />

„Kara Ben Nemsi? Bist Du jener Christ, welcher für die Haddedihn die Schlacht <strong>im</strong> Thale der<br />

Stufen gewonnen hat?“<br />

„Ja.“<br />

„So verfluche Dich Allah tausendmal! Wir waren mit den Abu Hammed verbündet und kamen<br />

zu spät, sie zu retten; jetzt aber wirst Du dafür büßen müssen. Ihr seid gefangen und werdet<br />

nicht entkommen!“<br />

Mit diesen Worten sprang er zum Zelte h<strong>in</strong>aus. Das war e<strong>in</strong>e Wendung, die ich nicht erwartet<br />

hatte. Der Mensch war ganz des Teufels; ich hatte ihm ja gar nicht gethan! Draußen erscholl<br />

se<strong>in</strong>e St<strong>im</strong>me; er rief se<strong>in</strong>e Leute zusammen. Halef, der Kle<strong>in</strong>e aber Tapfere, fragte mutig:<br />

„Sihdi, wollen wir zwanzig oder dreißig von ihnen niederschießen und dann fortreiten?“<br />

„Um Allahs willen, nur das nicht!“ rief der Parsi ängstlich. „Wir s<strong>in</strong>d alle verloren!“<br />

„Hier würde Dir allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong> Amulett helfen,“ antwortete ich. „Aber sorge Dich nicht. Dir<br />

geschieht nichts!“<br />

Ich schlug die Matte zurück und stellte mich mit Halef unter den E<strong>in</strong>gang des Zeltes. Die<br />

Anezeh waren alle beisammen; sie standen Kopf an Kopf, e<strong>in</strong>ige Schritte vor mir der Scheik.<br />

Es war laut zugegangen, aber als sie mich sahen, wurde es ruhig. Ich hatte den Stutzen <strong>in</strong> der<br />

Rechten und e<strong>in</strong>en von me<strong>in</strong>en zwei Revolvern <strong>in</strong> der L<strong>in</strong>ken und fragte mit lauter St<strong>im</strong>me:<br />

„Du betrachtest uns also als De<strong>in</strong>e Gefangenen, o Scheik der Anezeh?“<br />

„Ja,“ antwortete er. „Wag’ e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigen Schritt, so bist Du e<strong>in</strong>e Leiche!“<br />

„Du sche<strong>in</strong>st von mir gehört zu haben; hat man Dir auch erzählt, daß ich mit dieser<br />

Zauberfl<strong>in</strong>te stundenlang fortschießen kann, ohne daß ich zu laden brauche?“<br />

„Wahajati, el Baruda el Dschehenem – bei me<strong>in</strong>em Leben, die Höllenfl<strong>in</strong>te!“ rief er<br />

erschrocken aus, <strong>in</strong>dem er zurückfuhr.<br />

„Und hier mit diesen kle<strong>in</strong>en Pistolen schieße ich ebenso viele Male. Paß auf! Sechs Schüsse<br />

<strong>in</strong> den Knopf des Sattels, der da am Nebenzelte hängt!“<br />

Ich gab die Schüsse, welche allgeme<strong>in</strong>es Erstaunen erregten, ab und fuhr fort:<br />

„Du siehst, ich könnte trotz De<strong>in</strong>es Verbotes gehen, denn ehe e<strong>in</strong>er von Euch se<strong>in</strong> Gewehr<br />

gegen mich erhöbe, wäre er tot und zehn andere dazu. Und ich b<strong>in</strong> nicht alle<strong>in</strong>; me<strong>in</strong>e

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