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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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geweigert, die Sklavendienste zu thun, zu denen man sie verurteilt hat. Dieser Widerstand hat<br />

se<strong>in</strong>en Gr<strong>im</strong>m erregt. Er ließ durch Zeugen, die er ja bekommen kann, sobald er will,<br />

beweisen, daß sie Babis s<strong>in</strong>d und ihm nach dem Leben trachten. Er ist nach Teheran gereist,<br />

um dort das Fest Nu Rose 32 zu begehen, und sie s<strong>in</strong>d ihm nachtransportiert worden, weil<br />

dieses Fest durch das Schauspiel ihrer H<strong>in</strong>richtung verherrlicht werden soll. Das hat mir der<br />

Anführer der Truppen gesagt, welcher auf se<strong>in</strong>en Befehl heute zu uns kam, um uns die besten<br />

Pferde wegzunehmen. Me<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d verloren, und ich kann sie [191] nicht retten. Ihr Tod<br />

wird e<strong>in</strong> schrecklicher se<strong>in</strong>; denn die Babis pflegt man auf die Weise zu töten, daß man ihnen<br />

Löcher <strong>in</strong> den Leib schneidet, <strong>in</strong> welche brennende Lichter gesteckt werden. Oh Emir, wüßtest<br />

Du, was e<strong>in</strong>e Mutter dabei fühlt!“<br />

Sie vergrub das Gesicht <strong>in</strong> beide Hände und we<strong>in</strong>te, we<strong>in</strong>te laut und bitterlich. Dann ließ sie<br />

die Hände plötzlich wieder s<strong>in</strong>ken, warf mir e<strong>in</strong>en halb irren Blick durch Thränen zu und fragte<br />

<strong>in</strong> rauhem Tone:<br />

„Was sagst Du als Christ dazu? Ist Euer Gott auch so grausam wie der Gott, den der Islam<br />

lehrt?“<br />

„Es gibt nur e i n e n Gott, den Gott der ewigen Liebe und Barmherzigkeit; der Islam aber<br />

kennt diese Liebe nicht; ihn klage an, nicht Gott!“ antwortete ich.<br />

„Aber Gott gibt es doch zu, daß me<strong>in</strong>e Söhne unschuldig h<strong>in</strong>gemartert werden! Ist das Liebe<br />

und Barmherzigkeit von ihm? Ist das Gerechtigkeit?“<br />

„Hadere nicht mit dem Allmächtigen und Allweisen! Er weiß, weshalb er Dir diese Last zu<br />

tragen gibt, und wenn es se<strong>in</strong> Ratschluß will und Du ihn darum bittest, so werden De<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der<br />

gerettet werden.“<br />

„Bitten soll ich? Beten?“<br />

„Ja, beten! Auf den Spuren des Gebetes steige h<strong>im</strong>melan, so kommt Dir Gott auf den Stufen<br />

der Erhörung entgegen. Bete also, bete! Schilt nicht auf se<strong>in</strong>e Ungerechtigkeit, solange Du<br />

selbst ungerecht gegen andere Menschen bist!“<br />

„Ungerecht? Gegen wen? Ich weiß nichts davon!“<br />

„Nicht? Wirklich nicht? Bist Du es nicht gegen uns? Was haben wir Dir gethan, daß wir hier<br />

als Gefangene vor Dir stehen? Womit haben wir das verdient? Handelst Du etwa gerecht an<br />

uns?“<br />

Da g<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> eigentümliches Leuchten über ihr Gesicht. Sie stand auf, that e<strong>in</strong>ige Schritte auf<br />

mich zu und sagte, <strong>in</strong>dem sie mir mit Spannung <strong>in</strong>s Gesicht sah:<br />

„Jetzt sollst Du Dich als Christ zeigen und De<strong>in</strong>en Glauben verteidigen. Sag’ also: Warum<br />

gibt es De<strong>in</strong> Gott der Liebe zu, daß wir diese Ungerechtigkeit gegen Euch begehen?“<br />

„Vielleicht um De<strong>in</strong>etwillen. Du sollst ihn durch uns kennen lernen und dann an ihn glauben.<br />

Wenn er will und ich ihn darum bitte, so s<strong>in</strong>d wir frei, sobald es uns gefällt!“<br />

„Das glaubst Du wirklich, bist davon überzeugt?“<br />

„Ja, vollständig überzeugt!“<br />

„So beweise es, daß Ihr frei seid, sobald es Euch gefällt! Gib mir diesen Beweis, oh gib mir<br />

ihn, damit ich dann an De<strong>in</strong>en Gott der Liebe, der Erbarmung glauben kann! Wenn er Dich aus<br />

unseren Händen befreit, so kann er auch me<strong>in</strong>e Söhne erretten!“<br />

„Wirst Du das dann glauben?“ – „Ja.“<br />

„Und zu ihm beten?“ – „Ja.“<br />

„So bitte ich Dich um e<strong>in</strong> Versprechen!“<br />

„Laß es mich hören!“<br />

„Versprich mir, daß Du, wenn wir gegen Euern Willen aus unserer Gefangenschaft befreit<br />

worden s<strong>in</strong>d, aus vollem Herzen um die Errettung De<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>der beten wirst!“<br />

„Ich verspreche es.“<br />

„Du wirst De<strong>in</strong> Wort halten?“<br />

„Wie e<strong>in</strong>en Eid! Aber ich brauche es nicht zu halten; denn ke<strong>in</strong> Gott kann Euch erretten,<br />

wenn Ihr Euch weigert, uns das Lösegeld zu zahlen!“<br />

„Denke jetzt, was Du willst; aber ich halte Dich be<strong>im</strong> Wort! Du sollst sofort erfahren, wie<br />

Allah Dich zum Beten zw<strong>in</strong>gen wird!“<br />

Ich zog die Hand aus der Schl<strong>in</strong>ge, drehte mich zu dem Anführer um, welcher noch <strong>im</strong>mer<br />

h<strong>in</strong>ter uns stand und versetzte ihm e<strong>in</strong>en Fausthieb gegen die Schläfe, daß er zu Boden stürzte<br />

und dort bes<strong>in</strong>nungslos liegen blieb. Im nächsten Augenblicke hatte die Frau me<strong>in</strong>e Hände um<br />

den Hals, daß sie nicht rufen konnte. Weiter brauchte ich mich nicht an ihr zu vergreifen, denn<br />

32 Frühl<strong>in</strong>gssonnenwende.

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