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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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lieb gewesen wäre, wenn ich noch länger hätte bleiben können. Nach e<strong>in</strong>igen weiteren<br />

freundlichen Bemerkungen trat er abermals an das Fenster, deutete <strong>in</strong> den Hof und sagte:<br />

„Ich sehe De<strong>in</strong> Pferd, Effendi. Ich möchte es gern als Andenken an Dich behalten. Willst Du<br />

es mir verkaufen?“<br />

Ich hätte es ihm, obgleich ich nicht wohlhabend war, als Geschenk angeboten, wenn dies<br />

nicht zu kühn gewesen wäre darum antwortete ich:<br />

„Du wünschest es. Best<strong>im</strong>me selbst den Preis! Ich werde mir e<strong>in</strong> anderes kaufen.“<br />

„Das hast Du nicht nötig. Ich gebe Dir e<strong>in</strong>en Tenbih (schriftlichen Befehl) mit, auf welchen<br />

h<strong>in</strong> Du mit De<strong>in</strong>en Begleitern überall, woh<strong>in</strong> Ihr kommt, gesattelte Pferde, Wohnung, Speise<br />

und alles, was Ihr braucht ohne Bezahlung bekommen werdet. Dieser Befehl gilt nicht nur für<br />

me<strong>in</strong> Vilajet, sondern auch für Adanah und Haleb. Dann bist Du bei weidenden<br />

Araberstämmen, wo Du für billigen Preis e<strong>in</strong> besseres Pferd haben kannst als hier.“<br />

„Mit me<strong>in</strong>en Begleitern, sagst Du? Ich reise alle<strong>in</strong>.“<br />

[139] „Ne<strong>in</strong>. Die beiden Arnauten, welche Du draußen gesehen hast, haben den Befehl,<br />

Dich bis an die Grenze me<strong>in</strong>er Prov<strong>in</strong>z zu br<strong>in</strong>gen und <strong>in</strong> jeder Beziehung für Dich zu sorgen;<br />

ihre Pferde s<strong>in</strong>d bereits gesattelt und es steht auch e<strong>in</strong>es für Dich dabei. In Jachschah Khan,<br />

Baltschyk oder Denek Maden könnt Ihr dann frische Tiere nehmen, ganz wie es Dir gefällig ist.<br />

Ich danke für die Erlaubnis, den Preis selbst zu best<strong>im</strong>men. Ich sah das voraus und habe ihn <strong>in</strong><br />

diesen Beutel gethan. Stecke ihn e<strong>in</strong>.“<br />

Er gab mir e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en, seidenen Beutel <strong>in</strong> die Hand und reichte mir dann auch das<br />

Dokument, von welcher er gesprochen hatte. Als ich beides unter Dank <strong>in</strong> die Tasche schob,<br />

fuhr er fort:<br />

„Und nun möchte ich Dich um e<strong>in</strong>e Gefälligkeit bitten, welche Du mir wohl erweisen wirst,<br />

obgleich ich Dich dadurch zu e<strong>in</strong>em Umweg zw<strong>in</strong>ge. Du willst zunächst nach Kaisarijeh und<br />

müßtest also über Sofular und Mudschur reiten; aber ich habe <strong>in</strong> Urumdschili e<strong>in</strong>en alten<br />

Freund, dem ich durch Dich e<strong>in</strong>e Botschaft senden möchte. Willst Du sie übernehmen?“<br />

„Sehr gern!“<br />

„So will ich Dir sagen, um was es sich handelt, damit Du weißt, daß Du ihm willkommen<br />

bist, obgleich er sehr e<strong>in</strong>sam lebt und ganz besonders e<strong>in</strong> Fe<strong>in</strong>d der Christen ist. Er war Mir<br />

Alai (Oberst) <strong>im</strong> Heere des Großsultans, focht unter der Fahne des Propheten mit großer<br />

Tapferkeit und wurde <strong>in</strong> Ehren verabschiedet, hat aber niemals se<strong>in</strong>e Pension erhalten. Er hat<br />

um dieselbe gebeten und sie, als man se<strong>in</strong>e Bitte nicht hörte, wiederholt mit Nachdruck<br />

gefordert, doch vergebens, denn er hatte es mit Haushaltern des Sultans zu thun, welche nicht<br />

ehrlich waren. Die Pension wurde fünfzehn Jahre lang <strong>in</strong> Stambul ausgezahlt, ist aber nicht <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>e Hände gekommen. Als ich Wali von Engyrijeh wurde, wendete er sich an mich, und ich<br />

habe den Fall genau untersucht und dem Großherrn direkte Anzeige gemacht. Gestern Abend<br />

kam der Bescheid: Ich soll dem Mir Alai die fünfzehnjährige Pension nebst Z<strong>in</strong>sen und<br />

Z<strong>in</strong>sesz<strong>in</strong>sen sofort auszahlen. Wäre dieser Befehl vorgestern hier e<strong>in</strong>getroffen, so hätte ich<br />

das Geld se<strong>in</strong>em Sohne mitgeben können, welcher bei mir war; nun aber möchte ich die<br />

Gelegenheit benutzen, welche mir De<strong>in</strong> Ritt nach Kaisarijeh bietet, und ich frage Dich, ob Du<br />

mir den Gefallen thun willst, me<strong>in</strong>em Freunde und Kriegskameraden se<strong>in</strong>e Pension zu<br />

br<strong>in</strong>gen?“<br />

„Gern, wenn Du sie mir anvertrauen willst.“<br />

„Sie ist <strong>in</strong> De<strong>in</strong>en Händen sicherer als <strong>in</strong> der Tasche e<strong>in</strong>er bewaffneten Estafette. Der Mir<br />

Alai heißt Osman Bei und wohnt nicht <strong>in</strong> der Stadt Urumdschili selbst, sondern <strong>in</strong> der Nähe<br />

derselben. Bekannter ist er unter dem Namen Abdal (der E<strong>in</strong>siedler), und wenn Du Dich nach<br />

se<strong>in</strong>er Wohnung erkundigst, mußt Du Dich dieses Namens bedienen. Kannst Du ihm<br />

verschweigen, daß Du e<strong>in</strong> Christ bist, so thue es, denn er haßt die Anhänger De<strong>in</strong>es Glaubens<br />

gr<strong>im</strong>mig und hat auch Veranlassung, dies zu thun; das Kreuz hat ihm das größte Unglück<br />

gebracht, welches e<strong>in</strong> Mann und Vater erleben kann, und ich schicke Dich zu ihm nicht nur des<br />

Geldes wegen, sondern auch weil ich Dich kennen gelernt habe und nun glaube, daß es Dir<br />

vielleicht gel<strong>in</strong>gen wird, se<strong>in</strong> Leid zu mildern, da Dir e<strong>in</strong>e Sprache gegeben ist, welche, wenn<br />

Du willst, tief zu Herzen geht.“<br />

„So darf ich vielleicht fragen, welcher Art das Leid ist, von welchem Du sprichst?“<br />

„Wenn er will, daß Du es wissen sollst, so wird er selbst es Dir mitteilen; ich erlaube mir<br />

nicht, diese Wunde me<strong>in</strong>es Freundes auch nur aus der Ferne zu berühren. Freilich, wenn er<br />

hört, daß Du e<strong>in</strong> Christ bist, so wirst Du nichts erfahren; darum suche, es zu verschweigen. Ich<br />

erteile Dir diesen Rat auch darum, weil gerade jetzt die Zeit ist, <strong>in</strong> welcher sich die Mekkapilger<br />

dieser Gegend versammeln, um nach Damaskus zu ziehen. Das ist e<strong>in</strong>e Zeit religiöser

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