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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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an. Jedenfalls überlegte er, ob er uns ausweichen oder sich zu uns wenden solle. Er entschloß<br />

sich für das letztere und kam auf uns zugeritten. Er saß auf e<strong>in</strong>em falben Bent-Schanqolpferde<br />

und hatte den weißen Burnus so um sich geschlagen, daß wir nur die lange arabische Fl<strong>in</strong>te<br />

sahen, welche er <strong>in</strong> der Hand hielt, nicht aber die andern Waffen, welche er <strong>im</strong> Gürtel trug.<br />

Kurz vor uns parierte er se<strong>in</strong> Pferd und musterte uns mit Augen, welche nichts weniger als<br />

freundlich auf uns blickten. Dann fragte er kurz und <strong>im</strong> Tone e<strong>in</strong>es Gebieters:<br />

„Wer seid ihr?“<br />

Es fiel mir nicht e<strong>in</strong>, zu antworten; auch Hadschi Halef Omar schwieg. Der Fori-Neger<br />

duckte sich zusammen wir e<strong>in</strong> Huhn, über welchem der Habicht schwebt.<br />

„Wer seid ihr?“ wiederholte der Bedu<strong>in</strong>e <strong>in</strong> noch strengerer Weise als vorher.<br />

Da stand der kle<strong>in</strong>e Halef vom Boden auf, zog se<strong>in</strong> Messer, trat auf ihn zu und sagte:<br />

„Steig herunter und n<strong>im</strong>m de<strong>in</strong> Messer, um dich gegen mich zu wehren; dann wirst du<br />

gleich erfahren, wer und was wir s<strong>in</strong>d! Komm nur herab; ich werde dich unterweisen, höflich<br />

zu se<strong>in</strong>! Man grüßt, wenn man sich begegnet, und spricht erst dann e<strong>in</strong>e Frage aus, wenn man<br />

den Willkommen gegessen und getrunken hat.“<br />

„Dazu habe ich ke<strong>in</strong>e Zeit“, murrte der Fremde, [„] ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Krieger der tapfern Baqqara;<br />

ihr bef<strong>in</strong>det euch auf unserm Gebiete, und so habe ich e<strong>in</strong> Recht, zu wissen, wer ihr seid.“<br />

„Das sollst du nun erfahren, da du uns vorher gesagt hast, wer du bist. Dieser Mann da<br />

h<strong>in</strong>ter mir kommt aus Dar-sor und will nach der heiligen Stadt Mekka, um dort Allah und den<br />

Propheten zu verehren. Dieser hohe Herr da neben mir ist der weitberühmte und<br />

unüberw<strong>in</strong>dliche Hadschi Kara Ben Nemsi Emir, und ich, weißt du, wer ich b<strong>in</strong>?“<br />

„Ne<strong>in</strong>.“<br />

„So öffne de<strong>in</strong>e Ohren und vern<strong>im</strong>m <strong>in</strong> Ehrfurcht me<strong>in</strong>en Namen. Ich heiße Hadschi Halef<br />

Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawud al Gossarah. Ist de<strong>in</strong> Name auch so lang<br />

und schön?“<br />

Man muß nämlich wissen, daß der Bedu<strong>in</strong>e die Namen se<strong>in</strong>er Vorfahren dem se<strong>in</strong>igen<br />

anzuhängen pflegt. Wer dies nicht kann, weil er se<strong>in</strong>e Ahnen nicht kennt, wird verachtet. Halef<br />

war ke<strong>in</strong>eswegs stolz, sonder der gemütlichste Kerl der Welt; aber der Baqqara hatte nicht<br />

gegrüßt; darüber war er erzürnt und so nahm er den Mund etwas voller, als nötig war. Mich<br />

liebte er mehr als alles andere auf der Erde; er hatte für mich se<strong>in</strong> Leben mehr als hundertmal<br />

gewagt; ich war <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Augen die <strong>in</strong> allen Tugenden, <strong>in</strong> allen guten Eigenschaften<br />

hervorragendste Person, die es nur geben konnte, und so [61] fühlte er sich am meisten<br />

darüber ergr<strong>im</strong>mt, daß selbst auch ich nicht e<strong>in</strong>es Grußes gewürdigt worden war.<br />

Der Baqqara schien ke<strong>in</strong>eswegs e<strong>in</strong>geschüchtert worden zu se<strong>in</strong>. Er sagte <strong>in</strong> ruhigem,<br />

kaltem Tone:<br />

„Ich komme vom Wasser des Niles und will <strong>in</strong> die Wüste, wo me<strong>in</strong>e Gefährten s<strong>in</strong>d, um<br />

Gazellen zu jagen. Nun wißt ihr es und werdet mir wohl auch sagen, woher ihr kommt und<br />

woh<strong>in</strong> ihr wollt.“<br />

„Wir kommen vom Dar Abu Uma und wollen nach dem Flusse.“<br />

„Nach welcher Stelle?“<br />

„Das wissen wir noch nicht!“<br />

„Wollt ihr etwa den fremden Muall<strong>im</strong> el Milla el Mesihija aufsuchen?“<br />

Diese arabischen Worte bedeuten zu deutsch Lehrer des Christentums. War vielleicht e<strong>in</strong><br />

Missionar hier <strong>in</strong> der Nähe? Das mußte mich natürlich <strong>in</strong>teressieren, und darum antwortete ich<br />

an Halefs Stelle:<br />

„Ja, das wollen wir. Kannst du uns wohl sagen, wo er zu f<strong>in</strong>den ist?“<br />

„Ja. Er hat sich auf der Dschesireh (Insel) Aba niedergelassen, um die dort wohnenden<br />

Gläubigen zu verführen. Allah verderbe ihn!“<br />

„Aus welchem Land ist er gekommen?“<br />

„Aus dem Bilad el Inkiliz 1 . Wenn ihr von hier aus gegen Nordost reitet, werdet ihr morgen<br />

bei ihm se<strong>in</strong>. Seid ihr etwa auch verdammte Christen?“<br />

„Ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er“, antwortete ich ruhig.<br />

„So lasse dich Allah <strong>in</strong> der tiefsten Hölle schmoren! Du besudelst mich!“<br />

Er gab se<strong>in</strong>em Pferde die Sporen und ritt davon, <strong>in</strong> die Steppe h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, die Richtung<br />

verfolgend, welche er vorher e<strong>in</strong>gehalten hatte.<br />

„Sihdi, soll ich ihm nachreiten und die Peitsche geben?“ fragte mich Halef zornig, <strong>in</strong>dem er<br />

se<strong>in</strong>e Nilhautpeitsche aus dem Gürtel zog.<br />

1 England.

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