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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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„Hier, hier klebt noch Blut!“ sagte er. „Er ist's, er ist's; wir haben den Mörder. Ed d'em<br />

b' ed d'em - Blut um Blut. Er muß sterben! Sag' uns, Hund, von welchem Stamme du<br />

bist!“<br />

„Von ke<strong>in</strong>em. Ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Fremdl<strong>in</strong>g hier und gehöre zum Volke der Alman 8 .“<br />

„Lüg' nicht! Wir s<strong>in</strong>d Uëlad S<strong>im</strong><strong>in</strong>scha, und der, den Du ermordet hast, ist e<strong>in</strong> Bruder<br />

von uns.“<br />

„Hat Allah Dir ke<strong>in</strong>e Augen gegeben? Siehst Du nicht, daß ich zwei Messer bei mir<br />

hatte? Wer aber trägt zwei Messer herum? Das e<strong>in</strong>e gehört mir; das andere habe ich aus<br />

der Brust des Toten gezogen, um es unten <strong>im</strong> Wadi vorzuzeigen. Wenn Ihr lesen könnt,<br />

will ich Euch beweisen, daß ich e<strong>in</strong> Almani b<strong>in</strong>.“<br />

„Schweig'! Wir brauchen nicht lesen zu können, um zu wissen, daß Du der Mörder bist.<br />

Sieh, dort br<strong>in</strong>gen sie De<strong>in</strong> Opfer! Wir sahen De<strong>in</strong>e Spur und s<strong>in</strong>d schnell vorausgeritten,<br />

um Dich e<strong>in</strong>zuholen.“<br />

„Hätte ich mich e<strong>in</strong>holen lassen und hier auf Euch gewartet, wenn ich der Mörder<br />

wäre?“<br />

„Das hast Du gethan, um uns zu täuschen!“<br />

„Ihr müßt aber doch e<strong>in</strong>sehen, daß es sich um e<strong>in</strong>e Blutrache handelt, denn das<br />

Messer steckte noch <strong>in</strong> der Wunde!“<br />

„Es steckte nicht <strong>in</strong> der Wunde, sondern <strong>in</strong> De<strong>in</strong>em Gürtel.“<br />

„Wo lagert euer Stamm?“<br />

„Unten <strong>im</strong> Wadi.“<br />

„Woh<strong>in</strong> ich ritt? Reitet e<strong>in</strong> Mörder zu denen, deren Bruder er getötet hat?“<br />

„Wir werden Dir nicht hier antworten, sondern unten <strong>im</strong> Lager, wenn wir dort ange-<br />

[167c] kommen [angekommen] s<strong>in</strong>d und die Dschemma 9 über Dich gerichtet hat. Jetzt<br />

vorwärts, Leute! E<strong>in</strong>er mag vorausreiten, um die Unserigen zu benachrichtigen.“<br />

Dies geschah, und es läßt sich leicht denken, wie wir bei unserer Ankunft empfangen<br />

wurden. Das war e<strong>in</strong> Gebrüll, e<strong>in</strong> Heulen und Schreien, wie ich es kaum jemals gehört<br />

hatte. Hätten mich die Krieger nicht <strong>in</strong> ihrer Mitte gehalten, ich wäre von den Weibern <strong>in</strong><br />

Stücke gerissen worden.<br />

Das Duar 10 war e<strong>in</strong> stark besetztes Lager; es standen über sechzig Zelte da; draußen<br />

weideten zahlreiche Pferde, Kamele und Schafe. Ich wurde vom Pferde genommen und<br />

mit ausgestreckten Armen und Be<strong>in</strong>en an zwei kreuzweise übere<strong>in</strong>ander gelegte<br />

Zeltpfähle gebunden; das verursachte mir nicht ger<strong>in</strong>ge Schmerzen. Drei Krieger hielten<br />

bei mir Wache, nicht etwa, weil man geglaubt hätte, daß ich fliehen könne, sondern um<br />

zu verh<strong>in</strong>dern, daß sich die aufgeregte Menge schon vor dem Urteilsspruche über mich<br />

hermache.<br />

Jede Beschäftigung war aufgegeben worden. Man dachte nur an den Mord, den Mörder<br />

und die Rache. Die „Alten“ kamen zusammen; ich sah, daß sie sich niedersetzten, um<br />

über mich zu richten. Ich verlangte, zu ihnen geschafft zu werden, um mich verteidigen<br />

zu können, um zu erzählen, wie die Sache sich zugetragen hatte. Die Wächter lachten<br />

mich aus.<br />

Die Frauen kamen herbei, verfluchten mich und ließen alle möglichen Schand- und<br />

Sch<strong>im</strong>pfwörter über mich los; die K<strong>in</strong>der warfen mit Ste<strong>in</strong>en nach mir; e<strong>in</strong>ige, die sich<br />

ganz heran wagten, spieen mich an; das wurde nicht verh<strong>in</strong>dert.<br />

Unglücklicherweise war der Vater des Ermordeten e<strong>in</strong> wohlhabender und also<br />

e<strong>in</strong>flußreicher Mann. Wie ich später hörte, bot er alles auf, um die Strafe, welche<br />

natürlich nur <strong>in</strong> dem Tode bestehen konnte, möglichst schwer werden zu lassen. Es<br />

wurde sehr viel gesprochen und geschrien; man hielt lange Reden, aber wohl ke<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>zige zu me<strong>in</strong>er Verteidigung, und endlich, als dies wohl zwei Stunden gedauert hatte,<br />

war man zum Resultate gekommen. Die Teilnehmer der Dschemma standen auf und<br />

kamen herbei. Sie bildeten e<strong>in</strong>en Kreis um mich, und der Scheik als der Vorsitzende<br />

machte mich mit dem Urteile bekannt:<br />

„Das Gesetz der Wüste lautet: Blut um Blut, Leben um Leben. Du hast e<strong>in</strong> Leben<br />

vernichtet, also wird Dir das De<strong>in</strong>ige genommen werden. Man wird jetzt das Grab graben,<br />

8 Deutschen.<br />

9 Versammlung der Aeltesten.<br />

10 Zeltdorf.

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