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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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„Wie me<strong>in</strong>st Du das?“<br />

„Eure drei Namen s<strong>in</strong>d Yussuf Ali, Fat<strong>im</strong>a Marryah und Husse<strong>in</strong> Isa. Jede dieser drei<br />

Personen hat e<strong>in</strong>en moslemitischen und e<strong>in</strong>en christlichen Namen. Ali und Fat<strong>im</strong>a waren die<br />

Eltern von Husse<strong>in</strong>, welcher von se<strong>in</strong>en Gegnern getötet wurde. Yussuf (Josef) und Marryah<br />

(Maria) waren die Eltern von Isa, welchen se<strong>in</strong>e Fe<strong>in</strong>de ans Kreuz schlugen. Ist das nicht<br />

sonderbar?“<br />

„Herr, das ist mir noch nicht aufgefallen; das beschwert me<strong>in</strong>e Seele noch viel mehr! Du<br />

unterbrachst mich. Ich wollte Dir sagen, daß unser Sohn nun nach Meschhed-Ali gehen sollte,<br />

um dort die tieferen Lehren der Schiiten zu studieren. Wir rüsteten ihn aus und sandten ihn<br />

mit Bekannten fort, welche nach Mossul reisten, um Galläpfel abzuliefern. Sie kehrten zurück<br />

und meldeten uns, daß er ganz glücklich mit ihnen dort angekommen sei. Später waren wieder<br />

Leute dort, die behaupteten, ihn <strong>in</strong> Mossul gesehen zu haben. Wir wollten das nicht glauben,<br />

erhielten aber kurz darauf von ihm selbst die Nachricht, daß er nicht nach Meschhed-Ali<br />

gegangen, sondern als Chizmikar (Diener) des Patrik [166] (Patriarch) von El Kosch <strong>in</strong> Mossul<br />

geblieben sei. Kennst Du diesen Mann vielleicht?“<br />

„Ja. Ich war bei ihm und habe mit ihm gesprochen. Er ist e<strong>in</strong> sehr frommer Mann, den ich<br />

sehr verehre. Auch El Kosch ist berühmt. Man sagt, daß der Prophet Nahum da geboren<br />

worden sei.“<br />

„Wenn Du bei dem Patrik warst, so hast Du wohl unsern Sohn gesehen?“<br />

„Vielleicht. Der Patrik hat mehrere Diener, von denen mir nur zwei zu Gesicht gekommen<br />

s<strong>in</strong>d. Erzähle weiter! De<strong>in</strong>e Geschichte <strong>in</strong>teressiert mich außerordentlich.“<br />

„Wollte doch Allah, daß sie weniger traurig wäre! Me<strong>in</strong> Sohn, der nach Meschhed-Ali sollte,<br />

um e<strong>in</strong> großer Lehrer der Schia, vielleicht gar e<strong>in</strong> Mahdi zu werden, bei dem christlichen Patrik<br />

<strong>in</strong> Mossul! Das war ja entsetzlich! Ich machte mich auf und reiste selbst h<strong>in</strong>. Ich fand ihn. Ich<br />

bat, ich zürnte, doch vergeblich. Er hatte dem Patrik e<strong>in</strong>en zufälligen Dienst erwiesen und ihn<br />

deshalb besuchen müssen. Dieser alte Mann, dieser Giaur, den Allah töten wolle, hatte e<strong>in</strong>en<br />

solchen E<strong>in</strong>druck auf ihn gemacht, daß er nicht von ihm fortzubr<strong>in</strong>gen war. Er kränkte me<strong>in</strong><br />

Herz sogar mit der Behauptung, daß ihm jetzt das Licht aufzugehen beg<strong>in</strong>ne, nach welchem er<br />

bisher vergeblich gesucht habe. Ich mußte unverrichteter Sache he<strong>im</strong>kehren, und er blieb dort.<br />

Zuweilen besuchte er uns und brachte uns allerhand Gaben mit. Ich bat ihn, hier zu bleiben.<br />

Ich drohte mit allem, womit ich drohen konnte; aber es half nichts. Er antwortete mir mit<br />

langen Reden, die ich nicht verstehen durfte, und g<strong>in</strong>g wieder fort. Ich sandte mehreremal<br />

me<strong>in</strong> Weib, denn ich dachte, er werde der Mutter vielleicht lieber gehorchen als dem Vater;<br />

aber sie nahm nicht ihn, sondern er nahm sie gefangen, denn sie begann nun auch von dem<br />

Lichte zu reden, welches aufgegangen sei, alle Völker und Heiden zu bekehren, und von dem<br />

Sterne, den die Könige des Morgenlandes gesehen haben wollten. Wenn das so fortgeht, ist<br />

me<strong>in</strong> Sohn tot für uns und – –“<br />

„Für mich nicht!“ unterbrach ihn se<strong>in</strong>e Frau unter e<strong>in</strong>em lauten Aufschluchzen. „Er ist me<strong>in</strong><br />

K<strong>in</strong>d, me<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges, geliebtes K<strong>in</strong>d und wird es bleiben, so lange ich lebe!“<br />

Ich hatte während der Erzählung ihres Mannes gesehen, daß sie wiederholt mit der Hand<br />

unter das Schleiertuch fuhr, jedenfalls um sich die stillen Thränen abzutrocknen. Jetzt aber<br />

konnte sie sich nicht mehr beherrschen; sie mußte sprechen und that dies <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em so<br />

herzzerreißenden Tone, daß mir die Augen sofort naß wurden.<br />

„Weib, schweig!“ gebot er ihr. „Er hat auch Dich verführt. Willst Du etwa auch Christ<strong>in</strong><br />

werden und zu dem Gekreuzigten beten? Dieser Isa war e<strong>in</strong> Prophet und großer Redner; aber<br />

was ist er gegen Muhammed, gegen Ali, den Heiligen, gegen Hassan und Husse<strong>in</strong>! Willst Du<br />

den abtrünnigen Sohn verteidigen, so wehe ihm, wenn er wieder kommt! Er hat mich<br />

verlassen und will mir nun auch noch das Weib vom Herzen nehmen! Ich weiß, was ich zu<br />

glauben habe und – –“<br />

Er wurde durch e<strong>in</strong>en Ruf unterbrochen, welcher vom h<strong>in</strong>tersten Feuer her erschallte. Er<br />

selbst war es, den man gerufen hatte; darum stand er auf und begab sich dorth<strong>in</strong>, wo man<br />

nach ihm verlangte.<br />

„Herr,“ we<strong>in</strong>te die Frau, „es ist alles so, wie er Dir erzählte, und dennoch ist es nicht ganz<br />

so, wie er es sagt. Ich habe um Hassan und Husse<strong>in</strong>, welche getötet wurden, viele, viele<br />

Thränen vergossen, denn ich dachte an Fat<strong>im</strong>a, die Mutter der Getöteten. Jetzt aber we<strong>in</strong>e ich<br />

um Isa, den Gekreuzigten, der für alle Menschen gestorben ist, und denke an Marryah, die<br />

Mutter der Schmerzen, die an se<strong>in</strong>em Kreuze stand. Me<strong>in</strong> Sohn hat mir viel, viel von ihm und<br />

ihr erzählt, und was er sagt, das glaube ich, denn ich liebe ihn. Ich habe es me<strong>in</strong>em Manne<br />

wieder erzählt, oft, sehr oft. Er hat es still <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Herzen bewahrt; das weiß ich; das habe

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