01.02.2013 Aufrufe

im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

„Hast du den Rappen selbst gezogen?“ fragte er.<br />

„Ne<strong>in</strong>. Es ist e<strong>in</strong> Geschenk.“<br />

„Herr, e<strong>in</strong> solches Pferd verschenkt ke<strong>in</strong> Mensch!“<br />

„Glaube, was dir beliebt!“<br />

„Von wem hast du es?“<br />

„Von Mohammed Em<strong>in</strong>, dem Scheich der Haddedihn, vom Stamme der Schammer.“<br />

Er fuhr <strong>im</strong> Sattel empor.<br />

„Heißt der Hengst Rih 21 ?“ fragte er.<br />

„Ja.“<br />

„Herr, so bist du der Fremdl<strong>in</strong>g, der die Wüstenschlacht <strong>im</strong> Thale Deradsch mitgemacht hat<br />

und dafür das beste Pferd jenseits des Flusses zum Geschenk erhielt?“<br />

„Ja.“<br />

„Und dieser Mann ist der Chismikar 22 , den du bei dir hattest?“<br />

„Er ist es.“<br />

„So erlaube, daß ich mit me<strong>in</strong>en Leuten spreche!“<br />

„Thue es!“<br />

Jetzt begann e<strong>in</strong>e ebenso leise wie eifrige Unterredung zwischen den Kurden. Ich konnte<br />

ke<strong>in</strong>e Silbe verstehen, beobachtete aber die Mienen scharf. Der Anführer schien se<strong>in</strong>e<br />

unfreundliche Ges<strong>in</strong>nung gegen uns geändert zu haben; er sprach se<strong>in</strong>en Männern eifrig zu<br />

und mochte sie endlich zu se<strong>in</strong>er Ansicht bekehrt haben, denn er wandte sich an mich:<br />

„Chodieh, wir haben viel davon gehört, daß die Haddedihn drei Stämme ihrer Fe<strong>in</strong>de <strong>in</strong> das<br />

Thal Deradsch gelockt und dar<strong>in</strong> gefangen genommen haben. Niemand wollte es glauben; du<br />

aber sollst zu uns kommen und es uns erzählen.“<br />

„Dürfen wir als eure Freunde mit euch gehen?“<br />

„Als unsere Freunde. Ser sere men at – ihr seid mit willkommen!“<br />

[348b] „Und diese Schirwan-Kurden da drüben, die mich verraten wollten?“<br />

„Wir haben ke<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaft mit ihnen.“<br />

„Wo s<strong>in</strong>d ihre beiden Boten?“<br />

„Sie s<strong>in</strong>d weiter unter über den Tschai 23 zurückgegangen.“<br />

„Sie haben nicht klug gehandelt. Hätten sie sich des Floßes wieder bedient, so wäre es uns<br />

unbekannt geblieben, daß sie zu euch gegangen waren. Reicht uns zum Zeichen der<br />

Freundschaft eure Hände, dann wollen wir mit euch reiten.“<br />

Die Hände wurden <strong>im</strong> Kreis herumgereicht; den Dschesiden aber übersah man dabei.<br />

„Herr,“ me<strong>in</strong>te der Anführer, „dieser Mann kehrt doch wieder zu den Schirwani zurück?“<br />

„Er ist mir zur Begleitung gegeben und wird bei mir bleiben, so lange es ihm gefällt.“<br />

„Aber er ist ke<strong>in</strong> Gläubiger. Er betet den Scheïtan an und wird <strong>in</strong> der Hölle braten!“<br />

„Be ’Chodera dschen ’et u dschehen eme tschebuhn – Paradies und Hölle s<strong>in</strong>d durch Gott<br />

geworden; er alle<strong>in</strong> kann best<strong>im</strong>men, wer <strong>in</strong> die Seligkeit oder <strong>in</strong> die Verdammnis geht. Dieser<br />

Mann ist jetzt me<strong>in</strong> Gefährte, und b<strong>in</strong> ich euer Freund, so ist auch er es. Reicht ihm die Hände,<br />

wenn ihr nicht wollt, daß ich von euch bleibe!“<br />

Ich verlangte viel, sehr viel von ihnen; ich that es, um dem braven Dschesiden zu beweisen,<br />

daß ich ihm freundlich ges<strong>in</strong>nt sei, und sie gehorchten me<strong>in</strong>er Forderung, wenn auch mit<br />

f<strong>in</strong>steren Mienen. Dann setzten wir uns <strong>in</strong> Bewegung. Der Anführer ritt an me<strong>in</strong>er Seite voran;<br />

dann folgten Hadschi Halef Omar mit dem Dschesiden, und hierauf kamen die Kurden, die<br />

e<strong>in</strong>en ordnungslosen Schwarm bildeten. Natürlich hatte ich während des ganzen Rittes die<br />

Hand am Revolver, und auch Halef hielt se<strong>in</strong> Pferd <strong>in</strong> stets schrägem Gange, um e<strong>in</strong><br />

wachsames Auge rückwärts auf die Zibari haben zu können.<br />

E<strong>in</strong>en gebahnten Weg gab es natürlich nicht. Wir ritten über Ste<strong>in</strong>geröll dem westlichen<br />

Höhenkamme zu. Auf demselben angekommen, hielt ich me<strong>in</strong> Pferd unwillkürlich an, um die<br />

mir hier gebotene Rundschau zu genießen. Im Osten und Südosten erhoben sich die Berge von<br />

Sidaka und Sar Hasan, zwischen denen Rowandiz liegt, <strong>im</strong> Süden das [349a] Ghara Surgh. Im<br />

Norden ragten die Höhen von Baz und Tkhoma, <strong>im</strong> Westen das Tura Ghara und der Dschebel<br />

Hair empor. Dort lag auch Akra, nach dem ich wollte. War vor mir wohl e<strong>in</strong>em europäischen<br />

Auge dieser Rundblick ermöglicht gewesen? Ich glaubte es nicht, sollte mich aber sehr bald<br />

von dem Gegenteile überzeugen.<br />

21<br />

Arabisch: W<strong>in</strong>d.<br />

22<br />

Diener.<br />

23<br />

Fluß.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!