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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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sehen, doch bemerkte ich so viel, daß Turnerstick nicht <strong>in</strong> gerader Richtung steuerte, sondern<br />

e<strong>in</strong>en Bogen beschrieb.<br />

„Rudert der Mensch denn <strong>im</strong> Kreise?“ fragte ich ihn. „Oder macht Ihr aus irgend e<strong>in</strong>em<br />

Grunde e<strong>in</strong>en Umweg?“<br />

„Werdet den Grund gleich sehen, hören und auch fühlen,“ antwortete er. „Arbeitet nur so<br />

weiter; sehr Euch nicht um, und fallt nicht von den Bänken!“<br />

„Von den Bänken? Also e<strong>in</strong> Zusammenstoß? Ihr wollt ihn <strong>in</strong> die See werfen? Soll er<br />

ertr<strong>in</strong>ken? Das dulde ich auf ke<strong>in</strong>en – - –“<br />

Ich kam nicht weiter, denn der Kapitän unterbrach mich, <strong>in</strong>dem er das Steuer noch fester <strong>in</strong><br />

die Hand nahm und dem Boote e<strong>in</strong>e kurze Wendung gab.<br />

[166] „Halloh! Nicht muxen, sondern rudern! Wir haben ihn. Drauf, drauf!“<br />

„Allah kerihm, Allah kerihm!“ erklang vor uns die St<strong>im</strong>me des Verfolgten.<br />

Er wollte e<strong>in</strong> drittes Allah rufen, doch gab es <strong>in</strong> demselben Augenblicke e<strong>in</strong>en Krach, und<br />

unser Boot hob sich vorn, so daß wir be<strong>in</strong>ahe von unsern Sitzen fielen.<br />

„Ruder e<strong>in</strong>ziehen!“ kommandierte Turnerstick. „Und aufpassen, wenn se<strong>in</strong> Kopf ersche<strong>in</strong>t!“<br />

Er hatte se<strong>in</strong>en Zweck erreicht; wir waren dem Boote des Muselmannes <strong>in</strong> die Seite<br />

gefahren und hatten es umgestürzt; es schwamm kieloben neben dem unserigen. Wir paßten<br />

auf, wo der <strong>in</strong> das Wasser Gestürzte ersche<strong>in</strong>en werde – vergeblich. E<strong>in</strong>mal war es mir, als ob<br />

<strong>in</strong> der Ferne e<strong>in</strong> runder Gegenstand, wie e<strong>in</strong> Menschenkopf, auf der Oberfläche ersche<strong>in</strong>e, aber<br />

das mußte e<strong>in</strong>e Täuschung se<strong>in</strong>. So weit von der Unglücksstelle konnte nur e<strong>in</strong><br />

ausgezeichneter Schw<strong>im</strong>mer sich, ohne Atem zu holen, unter dem Wasser entfernen.<br />

„Vielleicht steckt er unter se<strong>in</strong>em Boote,“ me<strong>in</strong>te Turnerstick. „Wollen es umwenden.“<br />

Wir brachten dies unschwer fertig. Der Verschwundene war nicht zu sehen. Aber se<strong>in</strong><br />

Obergewand, welches er abgelegt gehabt hatte, war an der Riemengabel hängen geblieben;<br />

als wir es untersuchten, sahen wir, daß es e<strong>in</strong> weißer Burnus war. Jetzt gab es ke<strong>in</strong>en Zweifel<br />

mehr, daß wir es wirklich mit dem Moslem zu thun gehabt hatten. Er war uns gefolgt und hatte<br />

beobachtet, daß wir nach dem Schlosse If gefahren waren. Dies hatte ihn auf den Gedanken<br />

gebracht, uns während der Rückfahrt aufzulauern und mir e<strong>in</strong>e Kugel zu geben. Um dabei<br />

ke<strong>in</strong>en Zeugen zu haben, hatte er den Dolmetscher nicht mitgenommen. Da er auf e<strong>in</strong><br />

Mißl<strong>in</strong>gen gefaßt gewesen se<strong>in</strong> mußte, so ließ sich mit Best<strong>im</strong>mtheit sagen, daß er nicht nur<br />

e<strong>in</strong> verwegener Mensch, sondern auch e<strong>in</strong> sehr guter Schw<strong>im</strong>mer sei. Vielleicht war der runde<br />

Gegenstand, den ich gesehen hatte, doch se<strong>in</strong> Kopf gewesen.<br />

Wir blieben wohl e<strong>in</strong>e halbe Stunde auf derselben Stelle. Wir ruderten h<strong>in</strong> und her, ohne<br />

e<strong>in</strong>e Spur von ihm zu f<strong>in</strong>den. Ich hatte gesehen, daß se<strong>in</strong> Kopf unbedeckt gewesen war. Wo<br />

hatte der Mann se<strong>in</strong>en Turban gelassen? Jedenfalls hatte derselbe mit dem Burnus <strong>im</strong> Boote<br />

gelegen und war untergesunken. Mit diesem Ausgange des Abenteuers unzufrieden, konnte ich<br />

gegen Turnerstick den Vorwurf nicht unterdrücken:<br />

„Warum mußtet Ihr ihn anrammen? Gab es denn ke<strong>in</strong>e andere Weise, sich se<strong>in</strong>er zu<br />

bemächtigen?“<br />

„O doch! Aber wer Pistolen bei sich führt, der hat wahrsche<strong>in</strong>lich auch e<strong>in</strong> Messer. Hätten<br />

wir nach ihm gegriffen, so wäre er <strong>im</strong> Stande gewesen, nach uns zu stechen. Warf ich ihn aber<br />

<strong>in</strong> das Wasser, so mußte er froh se<strong>in</strong>, durch unsere Hände herausgezogen zu werden.“<br />

„Wir brauchten se<strong>in</strong> Messer nicht zu fürchten. Wäre er von uns an das Ufer getrieben<br />

worden, so hätte es dort Polizei und auch sonst hunderte von Händen gegeben, um ihn<br />

festzuhalten.[“]<br />

„Das ist richtig; daran habe ich nicht gedacht. Vielleicht b<strong>in</strong> ich zum Mörder geworden. Das<br />

ist ke<strong>in</strong>eswegs e<strong>in</strong> angenehmes Gefühl. Aber wenn ich bedenke, daß er Euch Rache<br />

geschworen und dann auf Euch geschossen hat, so me<strong>in</strong>e ich, daß ich mir ke<strong>in</strong>e schweren<br />

Vorwürfe zu machen brauche. Der Kerl ist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e eigene Grube gefallen und dr<strong>in</strong> ertrunken.“<br />

„Messieurs,“ ließ sich jetzt der Bootsmann vernehmen, „es ist am besten, wir gehen ans<br />

Land und begraben diese Angelegenheit <strong>in</strong> tiefes Schweigen. Das ist der Rat, den ich Ihnen,<br />

auch um me<strong>in</strong>etwillen, geben muß.“<br />

Er hatte Recht, und wir führten se<strong>in</strong>en Vorschlag aus. Als wir dann den Port de la Joliette<br />

erreichten und die Reihe der hier neben e<strong>in</strong>ander liegenden Schiffe passierten, kamen wir an<br />

e<strong>in</strong>er Brigg vorüber, an deren Seite das Fallreep niederh<strong>in</strong>g. Daran stieg soeben e<strong>in</strong> langer,<br />

barhäuptiger Mann empor, dessen dunkle Hose und Jacke sich vor Nässe eng an se<strong>in</strong>en Leib<br />

gelegt hatten.

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