im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...
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„Natürlich! Was könnte ich dagegen haben, ich, der ich die Verhältnisse gar nicht<br />
kenne, während Sie nicht nur <strong>in</strong> diesem Falle, sondern überhaupt <strong>in</strong> solchen D<strong>in</strong>gen<br />
erfahren s<strong>in</strong>d?“<br />
„So bleibt es dabei. Morgen früh reiten wir von hier fort. Doch sagen Sie ke<strong>in</strong>em<br />
Menschen, um was es sich handelt. Diese Leute s<strong>in</strong>d alle Muhammedaner, denen Kaïrwan<br />
für heilig gilt; sie könnten uns leicht e<strong>in</strong>en bösen Streich spielen.“ - - -<br />
- - - - - - - - - -<br />
Vier Tage später, um die Mittagszeit, hielten wir <strong>in</strong> der Nähe des Karawanenweges an,<br />
welcher von Kaïrwan nach dem Dschebel Abd el Fadelun führt. Wir mußten den Diener<br />
hier zurücklassen. Er bekam alles, was wir bei uns hatten, außer me<strong>in</strong>en Revolvern;<br />
e<strong>in</strong>iges Geld behielten wir natürlich auch. Ich zeigte ihm die Stelle, an welcher wir wieder<br />
mit ihm zusammentreffen wollten; dann wanderten wir der heiligen Stadt zu.<br />
Ob wir sie wohl glücklich wieder verlassen würden?<br />
Diese sehr ernste Frage legte ich mir natürlich vor. Diejenigen Bewohner von Kaïrwan,<br />
die mich bei me<strong>in</strong>er ersten Anwesenheit gesehen hatten, brauchte ich nicht zu fürchten.<br />
Damals trug ich e<strong>in</strong>en dichten Vollbart, jetzt nur den kurzgeschnittenen Schnurrbart und<br />
auch ganz andere Kleider. Sie erkannten mich gewiß nicht. Aber der Kaïrwaner, der <strong>in</strong><br />
Kairo unter dem Bab Zuweileh zu dem Kutb gebetet hatte, der machte mir Bedenken. Er<br />
war zwar von mir beschenkt worden, hatte aber gesagt, daß wir nun quitt seien. Wir<br />
mußten unbed<strong>in</strong>gt <strong>in</strong> die Moschee, und er war Diener an derselben. Welche Vorsicht war<br />
da anzuwenden, daß er uns nicht zu sehen bekam!<br />
Außerdem fragte ich mich, wie wir den Knaben ausf<strong>in</strong>dig machen wollten. Am besten<br />
wohl durch den Besuch der Schule, falls dieser erlaubt war. Doch, das fand sich schon;<br />
das mußten die Verhältnisse ergeben.<br />
Was Girard, den Händler, betrifft, so war er jetzt sehr schweigsam geworden. Er<br />
wußte, daß wir e<strong>in</strong>er Gefahr entgegeng<strong>in</strong>gen; ihre volle Größe hatte er aber nicht<br />
gekannt; nun jedoch, als wir uns unserm Ziele näherten, [170c] mochte es ihm doch<br />
anders um das Herz werden als bisher.<br />
Da sahen wir den nördlichen Stadtteil vor uns liegen und durchschritten ihn auf<br />
denselben Gassen, durch welche ich damals auch gegangen war. Uns e<strong>in</strong> Unterkommen<br />
zu suchen, das hoben wir für später auf; wir begaben uns direkt nach der Moschee,<br />
welche sehr besucht war. Wir knieten wie die andern nieder, sche<strong>in</strong>bar um unser Gebet<br />
zu verrichten; anstatt dessen aber flog me<strong>in</strong> Blick von Person zu Person, um mich zu<br />
orientieren. Girard gestand mir später, daß er wirklich gebetet hatte, um das Gel<strong>in</strong>gen<br />
unseres kühnen Planes.<br />
Darauf g<strong>in</strong>gen wir, wie es eben fremde Pilger thun, langsam durch die Säulenhallen,<br />
um die wunderbare Architektur zu betrachten. Als uns da e<strong>in</strong> Moscheebediensteter<br />
begegnete, fragte ich ihn nach der Schule der Knaben und er machte sehr bereitwillig<br />
den Führer.<br />
Sie machte sich schon von weitem durch die K<strong>in</strong>derst<strong>im</strong>men kenntlich, welche<br />
Koranverse plärrten. Wir durften <strong>in</strong> den Raum treten; es waren viele Zuhörer da. Wir<br />
fanden lauter ältere Knaben; die jüngeren hatten später Unterricht. Wir g<strong>in</strong>gen also<br />
e<strong>in</strong>stweilen wieder fort.<br />
Eben als wir aus der Thür traten, wollte jemand h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, und dieser jemand war - - der<br />
bittende Soldat vom Thore Zuweileh. Wir erkannten e<strong>in</strong>ander augenblicklich.<br />
„Maschallah!“ rief er aus. „Effendi, Du! Du abermals!“<br />
Ich g<strong>in</strong>g ruhig weiter, als ob se<strong>in</strong>e Worte mich gar nichts ang<strong>in</strong>gen. Er kam mir nach,<br />
faßte mich am Arm und sagte:<br />
„Effendi, was wagst Du wieder! Es ist - - - „<br />
„Was willst Du von mir?“ unterbrach ich ihn streng <strong>im</strong> Dialekte der westlichen Sahara.<br />
„Wer bist Du, Herr?“ fragte er, irre geworden.<br />
„Ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Beni Schugara vom Ufer des Hamam.“<br />
Ich hatte me<strong>in</strong>e St<strong>im</strong>me verstellt, und der fremde Dialekt dazu, das wirkte.<br />
„Verzeih, o Herr; ich verkannte Dich!“ sagte er und g<strong>in</strong>g; aber ich bemerkte, daß er<br />
uns he<strong>im</strong>lich folgte.<br />
„Wer war der Mann?“ fragte der Franzose. Ich sagte es ihm.<br />
„So s<strong>in</strong>d wir verloren!“ klagte er.<br />
„Ne<strong>in</strong>.“