im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...
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Unsere Richtung führte uns oft an den Fluß und wieder von ihm ab, bis wir am<br />
Spätnachmittage se<strong>in</strong>em Ufer endgültig zu folgen hatten. H<strong>in</strong>ter uns lag e<strong>in</strong>e weite, felsige<br />
Ebene, l<strong>in</strong>ks der Strom, und vor uns stiegen allmählich Höhen auf, welche weit vorn<br />
senkrechte Wände bildete, zwischen denen der Rio San Juan verschwand. Das war der Cañon,<br />
<strong>in</strong> dem wir die Pa-Utes fangen wollten. Ob sie aber h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gehen würden, das war die Frage.<br />
Um sie dazu zu bewegen, hatte ich mich mit dem Apatschen verabredet, hier halten zu<br />
bleiben, bis sie uns sehen konnten; er wollte dasselbe thun. Wir stiegen also ab und warteten.<br />
Es war kaum e<strong>in</strong>e Viertelstunde vergangen, als wir e<strong>in</strong>en Reiter am Flusse aufwärts kommen<br />
sahen. Es war e<strong>in</strong> Navajo, welcher uns meldete, daß se<strong>in</strong>e Krieger angekommen seien und sich<br />
so aufgestellt hätten, wie es von W<strong>in</strong>netou befohlen worden war. Dann entfernte er sich<br />
wieder, um Nitsas-Kar zu sagen, daß er uns getroffen habe.<br />
Kurze Zeit später sahen wir unser Floß kommen. Ich gab W<strong>in</strong>netou den verabredeten W<strong>in</strong>k,<br />
worauf er am Ufer anlegte, um ebenso wie wir zu warten. Der Fluß bildete aufwärts e<strong>in</strong>e<br />
schnurgerade L<strong>in</strong>ie, und W<strong>in</strong>netou konnte also das Kommen se<strong>in</strong>er Verfolger fast ebensoweit<br />
bemerken, wie wir die Ankunft der unserigen. Dick Hammerdull warf die Frage auf, ob die Pa-<br />
Utes sich überhaupt auf unsere Verfolgung gemacht hätten, da deutete Pitt Holbers <strong>in</strong> die<br />
Ferne und sagte:<br />
„Schau h<strong>in</strong>ter Dich, alter Dick; da wirst Du sehen, daß Mr. Shatterhand jetzt wie gewöhnlich<br />
Recht hat.“<br />
Ja, sie kamen! E<strong>in</strong> großer Reitertrupp, wohl zweihundert Mann stark! Wir blieben noch<br />
<strong>im</strong>mer halten. Als wir von ihnen auch gesehen wurden, hielten sie an. Da wurden unsere<br />
Augen nach dem Flusse abgelenkt, denn auf diesem waren weit oben vier, fünf Flöße zu<br />
bemerken. W<strong>in</strong>netou sah sie auch und ruderte vom Ufer ab, um sich ihnen zu zeigen. Sie<br />
entdeckten ihn und steigerten sofort ihre Schnelligkeit, während zu gleicher Zeit der<br />
Reitertrupp sich h<strong>in</strong>ter uns <strong>in</strong> rasche Bewegung setzte. Es hatte allen Ansche<strong>in</strong>, als ob unser<br />
Plan gel<strong>in</strong>gen sollte.<br />
Wir ritten weiter, und zwar so, daß wir mit W<strong>in</strong>netou <strong>im</strong>mer parallel blieben. Zuweilen h<strong>in</strong>ter<br />
uns blickend, gewahrten wir nach e<strong>in</strong>iger Zeit, daß die Reiter die Stelle erreichten, an welcher<br />
wir gehalten hatten, und von da aus ihre Flöße und auch das Floß W<strong>in</strong>netous sahen. Hören<br />
konnten wir es nicht, aber die hoch erhobenen Arme belehrten uns, daß sie e<strong>in</strong> Triumphgeheul<br />
ausstießen. Dann setzten sie ihre Pferde <strong>in</strong> Galopp; wir thaten dasselbe. Der Fluß trat hier<br />
zwischen engere Ufer, wodurch se<strong>in</strong>e Schnelligkeit so vermehrt wurde, das [daß] W<strong>in</strong>netou<br />
uns auch jetzt parallel bleiben konnte.<br />
[194] Die Felsen stiegen höher und höher an und traten bald so nahe zusammen, daß<br />
zwischen ihnen und dem Wasser e<strong>in</strong> kaum fünf Meter breiter Weg blieb, der nach und nach<br />
sogar schmäler wurde. Der E<strong>in</strong>gang zum Cañon war da. E<strong>in</strong> scharf forschender Blick zu Seite<br />
empor zeigte mir, daß die e<strong>in</strong>e Abteilung der Navajos ihren Posten besetzt hielt. Es g<strong>in</strong>g <strong>im</strong><br />
Galopp weiter, <strong>im</strong>mer zwischen h<strong>im</strong>melhoch sche<strong>in</strong>enden Felsenwänden neben dem Wasser<br />
h<strong>in</strong>, über Risse und Ste<strong>in</strong>brocken h<strong>in</strong>weg, <strong>in</strong> Dreivierteldunkelheit, bis es plötzlich wieder hell<br />
vor uns wurde, weil die natürlichen Mauern sich jäh abwärts senkten.<br />
Da legte sich uns e<strong>in</strong> Felsenwirrwarr <strong>in</strong> den Weg, h<strong>in</strong>ter dessen Blöcken die Gestalten der<br />
andern Navajos-Abteilung auftauchten. Wir hielten an, um abzusteigen und unsere Pferde<br />
durch die engen Zwischenräume zu leiten. Der Häuptl<strong>in</strong>g selbst bewillkommnete uns, und ich<br />
übergab ihm den alten Fletcher mit der Weisung, ihn ja sehr scharf bewachen zu lassen. Gleich<br />
darauf ließ W<strong>in</strong>netou se<strong>in</strong> Floß auf e<strong>in</strong>e schiefe Ebene des Ufers treiben und kam mit se<strong>in</strong>en<br />
Leuten herbei zu uns. Das g<strong>in</strong>g freilich viel schneller, als ich es erzählen kann, und da sahen<br />
wir auch schon hoch oben <strong>in</strong> der Röhre, welche der Cañon zu bilden schien, die Flöße und<br />
Reiter der Pa-Utes ersche<strong>in</strong>en; sie befanden sich <strong>in</strong> der Falle.<br />
Ich legte den weittragenden Bärentöter an und schoß zwei Pferde nieder. Die Schüsse<br />
donnerten zwischen den Felsenwänden wie Kanonenschüsse. Die Navajos sprangen aus ihren<br />
Verstecken hervor; auf allen Kanten, Riffen und Vorsprüngen waren sie zu sehen, die ihre<br />
Gewehre schußfertig hielten; als das die Reiter der Pa-Utes bemerkten, parierten sie ihre<br />
Pferde und w<strong>in</strong>kten ihren Leuten auf den Flößen zu, schnell an das Ufer anzulegen, was sofort<br />
geschah, obgleich es nicht leicht auszuführen war. Nun fielen auf beiden Seiten Schüsse, die<br />
uns ke<strong>in</strong>en Schaden anrichteten. Die Fe<strong>in</strong>de sahen e<strong>in</strong>, daß sie bei uns nicht durchkommen<br />
konnten, und wendeten sich zurück; als sie verschwunden waren, kamen die leeren Flöße an<br />
uns vorüber geschwommen. Nun warteten wir, doch nicht lange, da kamen die Utes wieder,<br />
doch ohne sich <strong>in</strong> die Schußweite an uns zu wagen. Sie waren von unsere obern Abteilung<br />
abgewiesen worden und mußten e<strong>in</strong>sehen, daß sie sich <strong>in</strong> unserer Gewalt befanden, denn