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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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Er g<strong>in</strong>g. Ich öffnete den Brief und las:<br />

„Ich sende Dir De<strong>in</strong>en Koffer und bitte Dich, Kairo augenblicklich zu verlassen. Wer ich<br />

b<strong>in</strong>, das weißt Du. Me<strong>in</strong>en Namen darf ich nicht unterschreiben, denn käme dieser Brief<br />

<strong>in</strong> unrechte Hände, würde ich großen Schaden haben.“<br />

Das machte mich nun freilich stutzig. Ich erkannte Ben Musa Effendis Schrift. Warum<br />

mußte er se<strong>in</strong>en Namen verschweigen? Er warnte mich auch; ja, er that sogar noch<br />

mehr: er forderte mich auf, die Stadt sofort zu verlassen. Der Bettler hatte also wohl<br />

nicht ohne allen Grund gesprochen.<br />

Ich öffnete den Koffer und fand, daß nichts fehlte. Sollte ich fort, oder sollte ich<br />

bleiben? Da ich jetzt me<strong>in</strong>e Sachen hatte, hielt mich nichts mehr zurück; aber für heut<br />

war es zu spät; ich wollte warten bis morgen.<br />

Eben war nach e<strong>in</strong>gebrochener Dunkelheit der Pfeifenre<strong>in</strong>iger he<strong>im</strong>gekommen; da g<strong>in</strong>g<br />

die Thür wieder auf und e<strong>in</strong> junger, sehr gut gekleideter Mann trat e<strong>in</strong>. Me<strong>in</strong> Wirt war<br />

sichtlich erstaunt über diesen Besuch, verbeugte sich mit gekreuzten Armen sehr tief und<br />

rief:<br />

„Gibrail Bei! Welche große Ehre! Kommst Du mit e<strong>in</strong>em Befehle für den gehorsamen<br />

Re<strong>in</strong>iger De<strong>in</strong>er Pfeifen?“<br />

„Ne<strong>in</strong>. Ich möchte wissen, ob der Mann, den ich hier bei Dir sehe, der fremde Kara<br />

Ben Nemsi Effendi ist.“<br />

„Er ist's, o Herr.“<br />

Da verneigte sich Gibrail sehr höflich gegen mich und sagte:<br />

„Effendi, ich b<strong>in</strong> der Sohn von Abu Gibrail, welchem das große Haus auf der<br />

jenseitigen Gasse gehört. Ich habe erfahren, daß Du klug und weise <strong>in</strong> allen D<strong>in</strong>gen bist,<br />

und soll Dich bitten, jetzt e<strong>in</strong>mal zu me<strong>in</strong>em Vater zu kommen, welcher mit Dir zu<br />

sprechen wünscht.“<br />

„Worüber will er mit mir reden?“<br />

„Verzeih, Effendi! Er möchte es Dir gern selbst sagen.“<br />

„Gut, ich gehe mit!“<br />

Abu Gibrail! Das war ja der Besitzer des großen Hauses, an welches h<strong>in</strong>ten die Hütte<br />

des Bettlers stieß. Ich dachte zwar e<strong>in</strong>en Augenblick lang an die mir gewordenen<br />

Warnungen, glaubte aber, gar nichts zu wagen, wenn ich jetzt mitg<strong>in</strong>g. Er führte mich<br />

durch e<strong>in</strong>e Neben- <strong>in</strong> die Parallelgasse, wo e<strong>in</strong> Diener bereit stand, uns das Thor zu<br />

öffnen. Es g<strong>in</strong>g durch den Hausgang <strong>in</strong> den Hof und von da [165b] aus <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Z<strong>im</strong>mer,<br />

welches das Besuchsz<strong>im</strong>mer zu se<strong>in</strong> schien. Durch zwei weitere Thüren brachte mich<br />

Gibrail Bei <strong>in</strong> e<strong>in</strong> drittes Z<strong>im</strong>mer, gegen dessen fe<strong>in</strong>e Ausstattung der Anzug, den ich<br />

trug, so abstach, wie das Gefieder e<strong>in</strong>er Krähe gegen dasjenige e<strong>in</strong>es Paradiesvogels.<br />

„Setz' Dich nieder, Effendi!“ sagte me<strong>in</strong> Führer. „Erlaube, daß ich mich entferne! Me<strong>in</strong><br />

Vater wird gleich kommen.“<br />

Er g<strong>in</strong>g, und ich ließ mich auf das Samtpolster nieder, welches sich an den drei<br />

Wänden des Z<strong>im</strong>mers h<strong>in</strong>zog. Wenige Augenblicke später brachte e<strong>in</strong> schwarzer Diener<br />

Kaffee, Pfeifen und köstlichen Tabak. Ich trank und rauchte. Vielleicht zehn M<strong>in</strong>uten<br />

verg<strong>in</strong>gen, da kam e<strong>in</strong> anderer Diener, der - - - ich sprang erstaunt <strong>in</strong> die Höhe - - -<br />

me<strong>in</strong>en Koffer und me<strong>in</strong>e Gewehre brachte. Ich öffnete den Mund, um e<strong>in</strong>e Frage<br />

auszusprechen, da deutete er h<strong>in</strong>ter mich und g<strong>in</strong>g. Ich drehte mich um; da stand - - -<br />

der Bettler, welcher durch die andere Thüre e<strong>in</strong>getreten war, der Bettler!<br />

Ja, er war es, er mußte es se<strong>in</strong>, obgleich er ganz anders aussah, als bisher. Aller<br />

Schmutz war von ihm verschwunden und das Gewand, welches er trug, von re<strong>in</strong>ster<br />

Seide. Er streckte mir die Hand entgegen und fragte mich lächelnd:<br />

„Mich hast Du hier wohl nicht erwartet, Effendi?“<br />

„Ne<strong>in</strong>, allerd<strong>in</strong>gs nicht,“ antwortete ich.<br />

„Du bist erstaunt; ich sehe es Dir an. Du blickst jetzt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Gehe<strong>im</strong>nis, welches ich Dir<br />

nicht offenbaren würde, wenn ich Dich nicht liebte und Dich gegen De<strong>in</strong>en Willen retten<br />

wollte. Ich b<strong>in</strong> Abu Gibrail, der Besitzer dieses Hauses, und zugleich der Bettler vom Bab<br />

Zuweileh. Wie das zusammenhängt, wirst Du später erfahren, falls Du mir versprichst, es<br />

niemandem zu sagen. Ich habe Dich durch me<strong>in</strong>en Sohn holen lassen, weil Du bei dem<br />

Re<strong>in</strong>iger der Pfeifen heut nicht sicher bist.“<br />

„Warum nicht sicher?“

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