im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...
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und Kurd<strong>in</strong>nen saßen, die Augen verstohlen, aber erwartungsvoll nach unserem Zelte<br />
gerichtet. Die beiden Armenier befanden sich am zweiten Feuer, von uns aus gerechnet; sie<br />
kehrten uns ihre Rücken zu. Wir traten h<strong>in</strong>aus und g<strong>in</strong>gen leise, so daß sie uns nicht kommen<br />
hörten, zu ihnen h<strong>in</strong>. Der Armeni hatte e<strong>in</strong> Kästchen mit kle<strong>in</strong>en Flaschen neben sich stehen.<br />
Die Kurden, bei denen er saß, sahen uns kommen; sie schwiegen. Ich unterbrach diese Stille<br />
mit lauter St<strong>im</strong>me:<br />
„Ich höre, daß hier ed Damm el mukaddas, das heilige Blut des Propheten, zu verkaufen ist.<br />
Kann ich e<strong>in</strong> Fläschchen bekommen?“<br />
Während dieser Worte setzten wir uns neben den beiden Armeniern nieder. Der Händler<br />
starrte mich wie e<strong>in</strong>en Geist an; er konnte <strong>in</strong> diesem Augenblicke vor Schreck ke<strong>in</strong> Glied<br />
bewegen. Ich griff <strong>in</strong> das Kästchen, nahm e<strong>in</strong> Fläschchen heraus und betrachtete es.<br />
„Wie ist De<strong>in</strong> Name?“ fragte ich ihn.<br />
„Assad Benabi aus Mekka,“ antwortete er fast stammelnd.<br />
„Und heute mittag hast Du Dich mir gegenüber Dawuhd Sol<strong>im</strong>an genannt und gesagt, daß<br />
Du e<strong>in</strong> Armeni seiest? Du sche<strong>in</strong>st e<strong>in</strong>en großen Vorrat verschiedener Namen zu besitzen.“<br />
Da nahm er sich zusammen, sah mir frech und herausfordernd <strong>in</strong> das Gesicht und<br />
entgegnete:<br />
„Wer bist Du, daß Du es wagst, mit e<strong>in</strong>em Beamten der heiligen Kaaba <strong>in</strong> dieser Weise zu<br />
sprechen? Ich kenne Dich nicht und habe Dich noch nie gesehen!“<br />
„Desto besser kenne ich Dich. Du bist der Kys-Kaptschiji, den wir suchen.“<br />
„Allah akbar! Was muß ich hören!“<br />
„Du wirst heute nicht nur hören, sondern auch fühlen! Schau, diese Fläschchen mit dem<br />
heiligen Blute sollen vom Scheik der Kaaba versiegelt worden se<strong>in</strong>? Da aber lese ich auch<br />
wieder den Namen Musa Wardan, denselben Namen, der auf de<strong>in</strong>em Siegelr<strong>in</strong>ge steht.“<br />
Ich öffnete, ohne daß er mich zu h<strong>in</strong>dern wagte, das Fläschchen mit dem Messer, holte mit<br />
e<strong>in</strong>em spitzen Holze e<strong>in</strong>en Teil des Inhaltes heraus, betrachtete und befühlte ihn und fuhr dann<br />
fort:<br />
„Das Damm el mukaddas soll aus der Schlacht bei Bedr stammen? Sie wurde <strong>im</strong> zweiten<br />
Jahre der Hedschra geschlagen; dieses Blut aber ist höchstens drei oder vier Tage als und wird<br />
wahrsche<strong>in</strong>lich aus den Adern e<strong>in</strong>es Schafes oder e<strong>in</strong>er Ziege gekommen se<strong>in</strong>. Was würde der<br />
Scheik ul Islam sagen, wenn er hörte, daß es noch Blut des Propheten giebt und daß e<strong>in</strong><br />
armenischer Giaur damit Handel treibt!“<br />
„Ich b<strong>in</strong> ke<strong>in</strong> Armenier, sondern – –“<br />
„Schweig, Schurke!“ donnerte ich ihn an. „Dieses heilige Blut ist e<strong>in</strong> ebenso frecher<br />
Schw<strong>in</strong>del, wie heute mittag das heilige Oel. Willst Du nicht auch noch mit Ma el mukaddas<br />
Handel treiben?“<br />
„Ma el mukaddas?“ fragte er ganz verstört.<br />
„Ja, mit Ma el mukaddas, mit heiligem Wasser. Weißt Du nicht, daß der Prophet Nahum,<br />
den auch die Moslem<strong>in</strong> verehren, hier am Zab gelehrt und e<strong>in</strong>e heilige Stätte gegründet hat?<br />
Sie liegt hier <strong>in</strong> der Nähe, und das Wasser des Flusses am Fuße der Ru<strong>in</strong>e wird für heilige<br />
gehalten und Ma el [182c] mukaddas genannt. Da gäbe es genug Ware für De<strong>in</strong>en frommen<br />
Handel; ich aber an De<strong>in</strong>er Stelle würde es vorziehen, <strong>in</strong> diesem Ma el mukaddas ersäuft zu<br />
werden. Das hättest Du reichlich verdient!“<br />
„Wir können ihm dazu verhelfen!“ ertönte da die drohende St<strong>im</strong>me des Nezanum. „Er hat<br />
uns mit ed Damm el mukaddas betrogen; das schon ist e<strong>in</strong> todeswürdiges Verbrechen. Wenn<br />
es sich dazu herausstellt, daß er der Kys-Kaptschiji ist, werden wir ihn ersäufen!“<br />
Der Armeni erhob sich, kreideweiß <strong>im</strong> Gesichte.<br />
„Wenn ich so verdächtigt und verlästert werde, muß ich mich entfernen,“ sagte er.<br />
Aber schon stand auch Halef neben ihm, hielt ihm die Pistole unter die Nase und drohte:<br />
„Glaubst Du, so leichten Kaufes davonkommen zu können? Thu e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigen Schritt, so<br />
erschieße ich Dich! Du hast gedroht, daß unser Wiedersehen me<strong>in</strong>em Sihdi den Tod br<strong>in</strong>gen<br />
werde, und damit De<strong>in</strong> eigenes Urteil gesprochen. Fesselt ihn!“<br />
Ich brauchte den verabredeten W<strong>in</strong>k gar nicht zu geben; kaum hatte Halef se<strong>in</strong>e<br />
Aufforderung ausgesprochen, so waren zwanzig, dreißig Kurden bereit, die beiden Armenier<br />
niederzuwerfen und zu b<strong>in</strong>den.<br />
Ke<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>ute, nachdem dies geschehen war, hörten wir laute St<strong>im</strong>men und den Hufschritt<br />
vieler Pferde. Der erwartete Scheik kam mit se<strong>in</strong>en Kriegern an, gegen hundert an der Zahl.<br />
Als er aus dem Sattel stieg, sah er mich am Feuer stehen. Er stieß e<strong>in</strong>en Freudenruf aus, kam<br />
auf mich zu, umarmte mich und jubelte: