im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...
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„Gnade?“ lachte Halef. „Glaubst Du etwa, Allah habe Dir e<strong>in</strong> so großes Maul verliehen, nur<br />
daß Du es so voll nehmen sollst? Wir s<strong>in</strong>d es, die Gnade walten lassen. Wir s<strong>in</strong>d eher hier<br />
gewesen als Ihr und werden so lange hier bleiben, wie es uns gefällt. Ihr aber habt Euch<br />
augenblicklich zu entfernen. Wir geben Euch nur e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>ute Zeit; wenn Ihr dann noch da seid,<br />
werden unsere Kugeln mit Euch reden, und Ihr werdet erfahren, ob e<strong>in</strong> so berühmter Almani<br />
wie me<strong>in</strong> Sihdi e<strong>in</strong> Christenhund ist, dessen Nähe Euch verunre<strong>in</strong>igt!“<br />
Er trat mit e<strong>in</strong>ige raschen Schritten aus dem Kreise, den sie um uns geschlossen hatten,<br />
und ich folgte diesem klugen Beispiele. Die Perser sahen unsere vier Läufe auf sich ge- [176a]<br />
richtet [gerichtet] und waren überzeugt, daß wir augenblicklich schießen würden, sobald sie<br />
nach ihren Waffen griffen; ihr Anführer wagte nicht, Widerstand zu leisten. Er g<strong>in</strong>g zu se<strong>in</strong>em<br />
Pferde und forderte se<strong>in</strong>e Leute auf:<br />
„Kommt; reiten wir fort! Es braucht nicht gerade hier zu se<strong>in</strong>, wo wir ausruhen.“<br />
Sie stiegen auf und ritten davon, halblaute Flüche murmelnd und giftige Blicke auf uns<br />
werfend. Kaum waren sie h<strong>in</strong>ter dem Gebüsch verschwunden, so kehrte Mirza Muzaffar zurück<br />
und rief uns zu:<br />
„Dieses Mal hattet Ihr die Waffen eher <strong>in</strong> der Hand als wir, und wir mußten uns also fügen;<br />
be<strong>im</strong> nächsten Male wird es anders se<strong>in</strong>. Allah verfluche Euch und alle räudigen<br />
Christenhunde!“<br />
Dann war er aus Angst vor unsern Kugeln schnell wieder h<strong>in</strong>ter dem Gesträuch<br />
verschwunden.<br />
„Sihdi, soll ich ihm schnell nacheilen und ihn erschießen?“ fragte mich Halef.<br />
„Ne<strong>in</strong>.“<br />
„Aber er hat Dich wieder gelästert!“<br />
„Laß ihn nur! Solche Lästerungen fallen gewöhnlich auf den zurück, der sie ausgesprochen<br />
hat. Der Christ rächt sich nicht, denn die Strafe steht <strong>in</strong> Gottes Hand.“<br />
Dem Perser e<strong>in</strong>e Kugel nachsenden, das wäre Mord gewesen; ihm aber durften wir e<strong>in</strong>e so<br />
humane Ges<strong>in</strong>nung nicht zutrauen. Es giebt Schiiten, welche gegen das Christentum und die<br />
Christen noch viel fe<strong>in</strong>dlicher ges<strong>in</strong>nt s<strong>in</strong>d als die Sunniten. Darum entfernten wir uns so weit<br />
von dem Ufer des Flusses, bis wir die acht Reiter sehen und uns überzeugen konnten, daß sie<br />
sich wirklich entfernten und nicht etwa die Absicht hegten, sich an uns zu rächen. Während wir<br />
das thaten, sagte Halef:<br />
„Sihdi, mir ist etwas aufgefallen, und da nichts De<strong>in</strong>em Auge entgehn, wirst Du es auch<br />
gesehen haben.“<br />
„Was?“<br />
„Die Augen, mit denen der Armeni die Perser beobachtete.“<br />
„Ich habe se<strong>in</strong>en Blick bemerkt und auch die Drohung gehört, welche er be<strong>im</strong> Fortreiten<br />
gegen sie aussprach.“<br />
„Was sagst Du dazu?“<br />
„Er kommt mir sehr verdächtig vor.“<br />
„Sollte, hm, sollte er zu dem Kys-Kaptschiji <strong>in</strong> irgend e<strong>in</strong>er Beziehung stehen?“<br />
„Möglich, sogar sehr wahrsche<strong>in</strong>lich, denn sonst hätte er nicht <strong>in</strong> dieser Weise drohen<br />
können.“<br />
„Sollte er es vielleicht gar selber se<strong>in</strong>?“<br />
„Wenn nicht er selbst, so doch se<strong>in</strong> Späher.[“]<br />
„Wieso se<strong>in</strong> Späher?“<br />
„Er war e<strong>in</strong> Lügner, e<strong>in</strong> religions- und gewissenloser Mensch, und so e<strong>in</strong>er Person ist alles<br />
zuzutrauen. Der Kys-Kaptschiji braucht Leute, welche auskundschaften, wo schöne Mädchen<br />
s<strong>in</strong>d und wie man sich ihrer bemächtigen kann. Dazu paßt so e<strong>in</strong> Händler am besten.“<br />
„Aber dieser Armeni wollte doch nach Serdascht; dort haben die Mädchenräuber doch nichts<br />
mehr zu thun. Es wäre sogar gefährlich für e<strong>in</strong>en von ihnen, nach e<strong>in</strong>em Orte zurückzukehren,<br />
wo sie e<strong>in</strong>en Raub ausgeführt haben.“<br />
„Weißt Du gewiß, daß er nach Serdascht wollte? Hat er uns nicht vielleicht auch damit<br />
belogen?“<br />
„Aber er hat sich doch <strong>in</strong> dieser Richtung entfernt!“<br />
„Um uns zu täuschen. Wenn es sich so verhält, wie ich denke, so ist er nur e<strong>in</strong>e [176b]<br />
Strecke nach Osten geritten und dann auf e<strong>in</strong>em Umwege zurückgekehrt.“<br />
„Wie Du denkst? Wie denn?“