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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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edeutet; hier war es also wohl der Name e<strong>in</strong>er Frau oder e<strong>in</strong>es Mädchens. E<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d alle<strong>in</strong> hier<br />

<strong>in</strong> der Wüste? Unmöglich! Es waren jedenfalls andere Personen dabei, und da galt es,<br />

vorsichtig zu se<strong>in</strong>. Wir schlichen uns näher und <strong>im</strong>mer näher, bis wir zu unserm Erstaunen<br />

sahen, daß das K<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs ganz mutterseelenalle<strong>in</strong> <strong>im</strong> Sande lag. Das konnte aber e<strong>in</strong>e<br />

Falle se<strong>in</strong>, und darum beschloß ich, die Umgegend recht sorgfältig abzusuchen.<br />

[177] Dies dauerte ziemlich lange, und als ich damit fertig war und zu Omar zurückkehrte,<br />

saß er an der Erde, mit dem K<strong>in</strong>de auf dem Arme. Es hatte die Ärmchen um se<strong>in</strong>en Hals<br />

geschlungen und schlief.<br />

„Pst, Sihdi, wecke es nicht!“ flüsterte er. „Es schläft. Wir wollen ganz leise, ganz leise<br />

zurückkehren.“<br />

Er stand langsam auf, um das K<strong>in</strong>d ja nicht etwa durch e<strong>in</strong>e schnelle Bewegung zu wecken,<br />

und trug es nach dem Lager. Dort setzte er sich nieder und blieb die ganze Nacht vollständig<br />

bewegungslos sitzen, er, der rauhe Bedu<strong>in</strong>e, den ich nur se<strong>in</strong>em Weibe gegenüber weich<br />

gesehen hatte. Die letzte Wache war auf mich gefallen, und so sah ich be<strong>im</strong> Anbruche des<br />

Tages die rührende H<strong>in</strong>gebung, welche er für den F<strong>in</strong>dl<strong>in</strong>g hegte. Es war e<strong>in</strong> Knabe.<br />

Da regte sich dieser und ließ, nach schlaftrunken, wieder den Namen Zarka hören. Dann<br />

schlug er die Augen auf, aber was für Augen! Sie waren blau; fast möchte ich sagen,<br />

h<strong>im</strong>melblau, wenn es überhaupt h<strong>im</strong>melblaue Augen gäbe, denn die h<strong>im</strong>melblaue Farbe der<br />

Augen ist lediglich e<strong>in</strong>e Erf<strong>in</strong>dung der Dichter. E<strong>in</strong> Araberknabe h<strong>im</strong>melblaue Augen! Omar<br />

stieß e<strong>in</strong>en lauten Ruf der Überraschung aus und war ganz entzückt darüber; es war allerd<strong>in</strong>gs<br />

e<strong>in</strong> Knäble<strong>in</strong>, wie gemalt, vielleicht anderthalb Jahre alt. Der Ruf weckte die Schläfer auf, die<br />

nicht wenig verwundert waren, als sie das K<strong>in</strong>d erblickten. Dieses fürchtete sich vor ihnen,<br />

suchte Schutz am Halse Omars und rief wieder nach se<strong>in</strong>er Zarka. Wir gaben ihm zu tr<strong>in</strong>ken<br />

und e<strong>in</strong>ige weiche Datteln; da beruhigte es sich.<br />

Was mit dem Knaben thun? Ihn mit uns nehmen, das g<strong>in</strong>g wohl kaum; noch weniger<br />

konnten wir ihn hier zurücklassen. Der nächste Ort war el Achadid an der Wasit-Straße;<br />

dorth<strong>in</strong> wollten wir ihn br<strong>in</strong>gen, denn es war zu vermuten, daß er nach dort gehörte. Das<br />

zwang uns zu e<strong>in</strong>em Umwege, war aber nicht zu ändern. Wir saßen also auf und schlugen die<br />

Richtung nach diesem Orte e<strong>in</strong>. Das K<strong>in</strong>d fürchtete sich vor uns allen und we<strong>in</strong>te, wenn sich<br />

e<strong>in</strong>er von uns ihm näherte; zu dem braven Omar aber zeigte es sonderbarerweise e<strong>in</strong>e wahre<br />

Zärtlichkeit, über welche er ganz glücklich war. Er hatte es bei sich auf dem Pferde und sorgte<br />

dafür mit e<strong>in</strong>er Aufmerksamkeit, die ich ihm gar nicht zugetraut hätte.<br />

„Sihdi,“ sagte er, „das ist e<strong>in</strong> wahrer Herzensknabe. Ich schwöre bei Allah, daß ich ihn<br />

se<strong>in</strong>em Vater wiedergeben werde.“<br />

„Und wenn wir diesen nicht f<strong>in</strong>den?“<br />

„So nehme ich ihn mit mir und br<strong>in</strong>ge ihn me<strong>in</strong>er Sahama, dem Weibe me<strong>in</strong>er Liebe, die<br />

voller Wonne über ihn se<strong>in</strong> wird.“<br />

Se<strong>in</strong>e Zuneigung zu dem Knaben wuchs von Stunde zu Stunde, und als wir gegen Abend <strong>in</strong><br />

der Nähe von el Achadid angekommen waren, sagte er:<br />

„Ich wollte, die Eltern wären nicht zu f<strong>in</strong>den. Sieh, wie er mich am Barte zerrt und dabei<br />

lacht! Aber trotzdem sollen sie ihn wieder haben, und wenn sie noch so weit von hier wohnen.<br />

Bei Allah, ich werde ihnen ihr verlorenes Glück wieder br<strong>in</strong>gen!“<br />

Er ahnte nicht, was dieses „bei Allah“ bald für Folgen haben würde.<br />

Da el Achadid von ke<strong>in</strong>er Abteilung der Tam<strong>im</strong> bewohnt wurde, hatten wir nichts zu<br />

besorgen und ritten <strong>in</strong> den Ort. Unsere Nachfragen waren vergeblich. Niemand kannte den<br />

F<strong>in</strong>dl<strong>in</strong>g, und ke<strong>in</strong> Mensch wußte, wo <strong>in</strong> den benachbarten Duars e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>en Eltern<br />

abhanden gekommen war. Ich machte den Vorschlag, den Knaben hier zu lassen. Uns mußte<br />

er genieren, und die Bewohner dieses Ortes konnten se<strong>in</strong>e Herkunft ausf<strong>in</strong>dig machen. Da aber<br />

sagte Omar:<br />

„Ne<strong>in</strong>, Sihdi! Ich habe ihn gefunden, und wenn wir se<strong>in</strong>e Eltern nicht entdecken, so gehört<br />

er mir und wird me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d. Soll ich ihn Zarka nennen?“<br />

„Das ist ja e<strong>in</strong> weiblicher Name.“<br />

„Gut, so soll er Lakit 16 heißen. Es gibt ke<strong>in</strong>en Namen, welcher besser für ihn paßt.“<br />

[178] 3. Um des K<strong>in</strong>des willen.<br />

Die Leute von el Achadid behandelten uns freundlich. Sie boten uns Wasser umsonst und<br />

Früchte, Mehl und andere Nahrungsmittel zu den niedersten Preisen an. E<strong>in</strong>er von ihnen war<br />

16 F<strong>in</strong>dl<strong>in</strong>g.

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