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im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...

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„Das würdest Du wohl selbst nicht thun. Was geht mich der Kanun ’ilm elhukuk an! Wenn<br />

ich mich nach ihm richte, bekommt ke<strong>in</strong>er dieser Hunde auch nur die ger<strong>in</strong>gste Strafe, die<br />

Beschwerden des Transportes gar nicht gerechnet. Wir s<strong>in</strong>d freie Kurden und richten solche<br />

Leute nach unseren Gesetzen. Ich bitte Dich sehr, ja ke<strong>in</strong> gutes Wort für sie e<strong>in</strong>zulegen; so lieb<br />

ich Dich habe, dieses Mal dürfte ich nicht auf Dich hören.“<br />

„Wir Menschen s<strong>in</strong>d alle Sünder und sollen mild von e<strong>in</strong>ander denken; hier aber handelt es<br />

sich nicht um die angeborene, allgeme<strong>in</strong>e Fehlerhaftigkeit, sondern um fortgesetzte,<br />

todeswürdige Verbrechen. Sie haben Frauen geraubt und verkauft und gestern die sieben<br />

Perser erschossen. Thue mit ihnen, was Dir beliebt!“<br />

„Da hast Du mir aus dem Herzen gesprochen; ich danke Dir!“<br />

„E<strong>in</strong>e Bitte habe ich doch! Quäle sie nicht unnötiger Weise, und suche von ihnen zu<br />

erfahren, woh<strong>in</strong> sie die früher geraubten Mädchen verkauft haben. Wenn wir dies den<br />

Angehörigen melden können, ist es diesen vielleicht möglich, die Entführten<br />

wiederzubekommen.“ [Zeilenumbruch]<br />

„Ich werde es thun. Jetzt versammle ich me<strong>in</strong>e Aeltesten zum Gericht. Willst Du mit an<br />

demselben teilnehmen?“<br />

„Ne<strong>in</strong>. Aber laß mich rufen, ehe Ihr das Urteil vollstreckt! Ich will vor ihrem Tode noch<br />

e<strong>in</strong>mal zu ihnen sprechen. Sie s<strong>in</strong>d Christen, und vielleicht gel<strong>in</strong>gt es mir, Reue <strong>in</strong> ihnen zu<br />

erwecken.“<br />

Ich g<strong>in</strong>g fort, am Flusse h<strong>in</strong>, weit fort. Ich mochte den Ort gar nicht sehen, wo<br />

Muhammedaner mit vollem Rechte über Christen zu Gerichte saßen. Ich nahm an, daß man<br />

vielleicht e<strong>in</strong>e Stunde dazu bedürfen werde, kehrte aber schon wieder um, ehe e<strong>in</strong>e halbe<br />

vergangen war, hatte jedoch den Lagerplatz noch nicht erreicht, als ich das Krachen e<strong>in</strong>er<br />

Salve hörte. Da rannte ich <strong>in</strong> größter Eile weiter. Als ich ankam, sah ich zwölf Leichen liegen.<br />

[185b] „Du hast sie erschießen lassen,“ rief ich dem Scheik zu. „Ich wollte doch vorher mit<br />

ihnen reden!“<br />

„Ich sagte es ihnen,“ antwortete er. „Da fluchten sie auf Dich, auf uns, auf den Glauben, auf<br />

alle Religionen; der Gr<strong>im</strong>m erfaßte mich, und ich ließ sie niederschießen. Allah sei ihren Seelen<br />

gnädig!“<br />

„Ich sehe nur zwölf. Wo ist ihr Anführer, der Kys Kaptschiji?“<br />

„Komm, ich will ihn Dir zeigen!“<br />

Er führte mich nach dem Ufer, an welchem se<strong>in</strong>e Leute <strong>in</strong> das Wasser blickend standen. Ich<br />

sah mitten <strong>im</strong> Flusse e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es, aus Gras hergestelltes Floß, auf welchem der gefesselte<br />

Händler saß.<br />

„Was soll das se<strong>in</strong>?“ fragte ich den Scheik.<br />

[185c] „Das Urteil, welches Du ihm gesprochen hast. Wir haben es bestätigt. Er hat das<br />

falsche Jagh Kuds verkauft und uns mit dem falschen Damm el mukaddas betrogen, er hat mit<br />

dem heiligen Oele und mit dem heiligen Blute Schw<strong>in</strong>del getrieben: dafür wird ihm nun el Ma<br />

el mukaddas, das heilige Wasser des Propheten Nahum, über dem Kopfe zusammenlaufen. Die<br />

Kugel ist für ihn zu schnell und gut; er sitzt auf e<strong>in</strong>em Flosse des grünen Grases, welches nicht<br />

schw<strong>im</strong>mt, sondern langsam untergeht; er wird <strong>im</strong> Wasser ersäuft; Du hast es ihm gesagt,<br />

daß dies das Beste für ihn sei.“<br />

Mich schauderte; aber ich mußte me<strong>in</strong>e Pflicht thun und rief dem Unglücklichen zu, daß er<br />

nicht so jämmerlich ertr<strong>in</strong>ken, sondern durch e<strong>in</strong>e schnelle Kugel sterben solle, wenn er reuig<br />

– – – Er ließ mich nicht ausreden, sondern sandte mir e<strong>in</strong>en Fluch herüber, den ke<strong>in</strong>e Feder<br />

niederschreiben kann. Ich wendete mich ab; Zeuge e<strong>in</strong>es solchen Endes zu se<strong>in</strong>, war mir<br />

absolut unmöglich. –<br />

Der Scheik hatte erfahren, woh<strong>in</strong> die früher Geraubten verkauft worden waren; er, der<br />

Perser und ich übernahmen es, die Angehörigen derselben je nach der Gegend, <strong>in</strong> der sie<br />

wohnten, davon zu benachrichtigen.<br />

Die Schirwanikurden wanderten noch am Vormittage fort; sie ließen ke<strong>in</strong>en Gruß zurück.<br />

Dann nahm der Perser mit se<strong>in</strong>en vier Begleiter<strong>in</strong>nen freundlich Abschied von uns; er drückte<br />

mir beide Hände und nannte mich se<strong>in</strong>en Freund. Inzwischen war das Floß mit dem Händler<br />

versunken. Wir begruben die erschossenen Armenier und zogen dann auch fort, nach dem<br />

Jilak 36 der Zibari, denn der alte Scheik hatte nicht eher zu bitten aufgehört, als bis wir ihm<br />

versprachen, wenigstens e<strong>in</strong>e Woche lang bei se<strong>in</strong>em Stamme zu wohnen. Von e<strong>in</strong>em Kys-<br />

Kaptschiji hat man seitdem nicht wieder gehört. – – –<br />

36 Sommerlager.

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