im Reprint enthaltenen Geschichten in einer PDF - Karl-May ...
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Kl<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> das Herz! Und bewege Dich ja nicht, wenn Dir De<strong>in</strong> Leben lieb ist! Du sollst jetzt<br />
die, welche Du Hunde nennst, kennen lernen!“<br />
Das war ihm so überraschend gekommen, und er sah und hörte mir den Ernst me<strong>in</strong>er<br />
Drohung so deutlich an, daß er sich nicht rührte und auch ke<strong>in</strong> Wort hören ließ.<br />
„Wenn Ihr gerettet se<strong>in</strong> und nicht wieder <strong>in</strong> die Hände der Tuareg fallen wollt, so<br />
gehorcht mir augenblicklich!“ befahl ich den um uns stehenden Leuten des Handelsherrn.<br />
„Ich halte ihn fest; b<strong>in</strong>det ihm die Arme und die Be<strong>in</strong>e!“<br />
Sie thaten es. Als es geschehen war, fragte ich den Scheik:<br />
„Hat Dir De<strong>in</strong> Kundschafter, der unser Khabir se<strong>in</strong> wollte, gesagt, daß ich<br />
Zaubergewehre besitze?“<br />
„Ja,“ stieß er zornig, aber doch nicht ohne Angst hervor.<br />
„So wißt, daß Ihr verloren seid, wenn Du es wagst, mir jetzt zu widerstreben. Ich will<br />
weder Euer Leben noch sonst etwas von Euch; ich fordere nur, daß Ihr das Versprechen<br />
haltet, welches Ihr mir gestern Abend gegeben habt. Bist Du bereit dazu, so gebe ich<br />
Dich wieder frei und krümme ke<strong>in</strong>em De<strong>in</strong>er Tuareg e<strong>in</strong> Haar; weigerst Du Dich aber, so<br />
bekommst Du augenblicklich das Messer, und dann schieße ich jeden Targi nieder, der<br />
uns näher als fünfhundert Schritte kommt. Entscheide Dich schnell! Ich zähle bis zehn;<br />
bei zehn ist die Frist vorüber, und ich stoße zu.“<br />
Ich entblößte se<strong>in</strong>e Brust, setzte ihm die Messerspitze sehr fühlbar auf die nackte<br />
Haut, legte ihm die L<strong>in</strong>ke um den Hals und zählte:<br />
„Wahid – – itnehn – – telaht – – arba – – chams – – – – –“ [Zeilenumbruch]<br />
„Halt e<strong>in</strong>; halt e<strong>in</strong>!“ rief er aus. “Du bist ke<strong>in</strong> Moslem, aber auch ke<strong>in</strong> Christ, sondern<br />
e<strong>in</strong> Teufel, e<strong>in</strong> wahrer Teufel, und ich muß Dir gehorchen.”<br />
„Wir s<strong>in</strong>d also frei und bekommen alles, aber auch alles wieder, was uns gehört?“<br />
„Ja.“<br />
„Denke aber nicht, daß Du uns jetzt abermals e<strong>in</strong> Versprechen gibst, welches Du<br />
später nicht zu halten brauchst! [181] Du gibst jetzt den Befehl, daß De<strong>in</strong>e Leute sich<br />
augenblicklich wenigstens tausend Schritte weit von uns entfernen. Zehn von ihnen aber<br />
dürfen e<strong>in</strong>zeln und nach und nach herkommen, um uns unsere Kamele und alles übrige<br />
Eigentum zu br<strong>in</strong>gen. Erst wenn dies geschehen ist und wir nicht den ger<strong>in</strong>gsten<br />
Gegenstand vermissen, gebe ich Dich frei, und Ihr setzt Euern Weg fort, während wir<br />
zurückreiten. Bist Du e<strong>in</strong>verstanden oder nicht? Bedenke, daß ich nur bis fünf gezählt<br />
habe! Ich zähle jetzt weiter.“<br />
Ich drückte ihm die Messerspitze fester auf die Brust, er ließ es aber nicht so weit<br />
kommen, sondern bat:<br />
„Thu das Messer weg! Ich werde thun, was Du von mir gefordert hast.“<br />
„Das Messer bleibt genau so, wie es ist, auf De<strong>in</strong>er Brust, bis ich sehe, daß me<strong>in</strong>e<br />
Bed<strong>in</strong>gungen erfüllt worden s<strong>in</strong>d, und wird Dir be<strong>im</strong> ger<strong>in</strong>gsten Zweifel, zu dem Du mir<br />
Veranlassung gibst, <strong>in</strong> das Herz fahren. Also hüte Dich vor jeder H<strong>in</strong>terlist!“<br />
Die meisten der Tuareg hatten sich jetzt um die angekommenen Lastkamele<br />
versammelt. E<strong>in</strong>er von ihnen kam herbeigelaufen und rief uns schon von weitem zu:<br />
„Wo ist der Scheik? Es ist – –“<br />
Er hielt mitten <strong>in</strong> der Rede <strong>in</strong>ne und blieb erschrocken stehen, denn auf e<strong>in</strong>en W<strong>in</strong>k<br />
von mir hatte sich unser Kreis gegen ihn geöffnet, und er sah den Scheik gebunden <strong>im</strong><br />
Sande liegen und mich mit dem Messer auf ihm knieen.<br />
„Faz’allah!“ stieß er hervor. „Ihr seid nicht mehr gefesselt, und da liegt – – –“<br />
„Euer Scheik, wie Du siehst,“ unterbrach ich ihn. „Wenn Du se<strong>in</strong> Leben und das Eure<br />
retten willst, so komm herbei, und höre, was er Dir zu sagen hat!“<br />
Er näherte sich vollends, langsam und mit unsichern Schritten, und es war nun mehr<br />
als <strong>in</strong>teressant, wie der e<strong>in</strong>e, <strong>in</strong>nerlich bebend vor Gr<strong>im</strong>m, se<strong>in</strong>e Befehle erteilte, und der<br />
andere sie, gewiß ebenso wütend, entgegennahm und sich dann entfernte, um sie<br />
auszuführen. Wir sahen die Tuareg beisammenstehen, <strong>in</strong>dem sie sich mit lautem<br />
Geschrei und unter lebhaften Gestikulationen mit e<strong>in</strong>ander berieten. Dann kamen zehn<br />
von ihnen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er lang ausgezogenen E<strong>in</strong>zelreihe, um uns unsere Gegenstände, zu<br />
denen natürlich auch die Kamele gehörten, zu br<strong>in</strong>gen, während die andern sich weit<br />
über die von mir geforderte Entfernung zurückzogen. Es fehlten noch verschiedene<br />
Sachen, auch me<strong>in</strong> Haïk; ich bestand aber fest darauf, daß uns alles bis auf den<br />
wertlosesten Gegenstand zurückzugeben sei, und sie mußten sich fügen. Als wir endlich