17. Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht
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17. Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht
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Handel <strong>und</strong> Wirtschaft<br />
einen Marktüberblick verschafft haben, aber von den Angeboten nicht<br />
überzeugt gewesen sein. Diese Ausnahmen von der statistischen Regel<br />
bleiben beim SCHUFA-Score unberücksichtigt. Unbescholtene Kreditsuchende<br />
laufen Gefahr, Opfer eines statistischen Vorurteils zu werden; hervorgerufen<br />
durch ein Scoring-Verfahren, das auch auf Kriterien beruht,<br />
denen es an unmittelbarer Bonitätsrelevanz fehlt.<br />
In andere Scoring-Verfahren fließen teilweise auch so genannte mikro-geografische<br />
<strong>und</strong> sozio-demografische Daten ein. Dabei wird beispielsweise<br />
das Wohnumfeld einer Person klassifiziert: Lebt sie in einem Stadtteil, der<br />
angeblich vorwiegend durch Personen mit „niedrigem sozialen Status“ geprägt<br />
ist, wirkt sich dies negativ auf ihren Score-Wert aus – unabhängig von<br />
den tatsächlichen Eigentums- <strong>und</strong> Vermögensverhältnissen. Das kann zu<br />
fehlerhaften Bonitätsbewertungen führen, weil sich vielleicht zwischenzeitlich<br />
die soziale Zusammensetzung des Viertels verändert hat, oder eine<br />
wohlhabende Person lieber in einem lebendigen, sozial gemischten Innenstadtkern<br />
lebt als in einer ruhigen, besser bewerteten Reihenhaussiedlung.<br />
Wenn nun diese Person künftig wegen ihres Wohnumfelds höhere Zinsen<br />
zahlen muss, wird sie sich allerdings überlegen, ob sie nicht doch in ein besser<br />
bewertetes Viertel umzieht. Die Verwendung mikro-geografischer <strong>und</strong><br />
sozio-demografischer Daten für die Bonitätsprüfung birgt auch das Risiko,<br />
dass ganze Bevölkerungsgruppen <strong>und</strong> Stadtteile sozial ausgegrenzt werden<br />
<strong>und</strong> eine Ghettoisierung eintritt.<br />
<strong>Datenschutz</strong>rechtlich lassen sich Art <strong>und</strong> Umfang der berücksichtigten<br />
Merkmale einer Person im Scoring so bewerten: Gr<strong>und</strong>sätzlich zulässig für<br />
die Berechnung eines Score-Wertes ist die Verwendung von relevanten,<br />
objektiv richtigen Daten zum Zahlungsverhalten sowie zu den Einkommens-<br />
<strong>und</strong> Vermögensverhältnissen der Person. <strong>Datenschutz</strong>rechtlich<br />
problematisch ist es dagegen, auf Basis von Daten ohne eigene Bonitätsaussage<br />
wie die Anzahl der Umzüge in den letzten Jahren einen Score-Wert<br />
zu berechnen. Auch das Alter der Betroffenen ist nur bedingt bonitätsrelevant,<br />
zum Beispiel für die Dauer der Einkommenserzielung. Stets unzulässig<br />
ist die Verwendung sensitiver Daten wie „rassische Herkunft, politische<br />
Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftsangehörigkeit,<br />
Ges<strong>und</strong>heit, Sexualleben“.<br />
Besonders kritisch an vielen Scoring-Verfahren ist ihre mangelnde<br />
Transparenz. Für die Betroffenen ist das gesamte Verfahren der Score-<br />
Wertberechnung eine „Black Box“, in der teilweise sogar ohne ihr Wissen<br />
ihre Daten eingegeben <strong>und</strong> nach geheimgehaltenen Kriterien bewertet<br />
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LDI NRW <strong>17.</strong> <strong>Datenschutz</strong>bericht 2005