17. Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht
17. Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht
17. Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Justiz<br />
9 Justiz<br />
9.1 B<strong>und</strong>esverfassungsgericht stärkt das Allgemeine<br />
Persönlichkeitsrecht<br />
In seinem Urteil vom 3. März 2004 (BVerfGE 109/279) hat das<br />
B<strong>und</strong>esverfassungsgericht den „großen Lauschangriff“ in weiten Teilen<br />
für verfassungswidrig erklärt. Die Bezeichnung „großer Lauschangriff“<br />
steht für die in der Strafprozessordnung (StPO) geregelte akustische<br />
Überwachung des nichtöffentlich gesprochenen Wortes in einer<br />
Wohnung zum Zweck der Strafverfolgung.<br />
Die hervorgehobene Bedeutung dieser Entscheidung liegt insbesondere in<br />
den klaren Worten, die das Gericht zum Schutz des Gr<strong>und</strong>rechts auf Unverletzlichkeit<br />
der Wohnung <strong>und</strong> des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung<br />
gef<strong>und</strong>en hat. Insbesondere bestätigt das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht<br />
unmissverständlich, dass es einen absolut geschützten Kernbereich privater<br />
Lebensgestaltung gibt, der jeglichen staatlichen Eingriffen entzogen ist.<br />
Die bestehenden Regelungen in der StPO tragen dem nicht hinreichend<br />
Rechnung <strong>und</strong> müssen in weiten Teilen überarbeitet werden. Das Gericht<br />
hat damit einer Strafverfolgung um jeden Preis eine deutliche Absage erteilt.<br />
Den Gesetzgeber hat das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht aufgefordert, spätestens<br />
bis zum 30. Juni 2005 die entsprechenden Vorschriften in der StPO zu<br />
ändern <strong>und</strong> einen verfassungsgemäßen Rechtszustand herzustellen.<br />
Die Ausführungen des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts sind nicht nur für die<br />
strafprozessuale akustische Überwachung des gesprochenen Wortes in<br />
Wohnungen von Bedeutung. Vielmehr ist bei allen staatlichen Eingriffs- <strong>und</strong><br />
Überwachungsmaßnahmen der gr<strong>und</strong>rechtlich absolut geschützte unantastbare<br />
Kernbereich privater Lebensgestaltung zu respektieren. Dies<br />
gilt nicht nur für Eingriffsbefugnisse zum Zweck der Strafverfolgung,<br />
sondern auch für staatliche Maßnahmen, die der Gefahrenabwehr oder der<br />
Verhütung von Straftaten dienen, sowie für die Eingriffsbefugnisse der<br />
Nachrichtendienste. Keine Rolle spielt auch, ob es sich um b<strong>und</strong>es- oder<br />
landesrechtliche Regelungen handelt.<br />
In ihrer Entschließung vom 25./26. März 2004 (Abdruck im Anhang, Nr.<br />
16) weisen die <strong>Datenschutz</strong>beauftragten des B<strong>und</strong>es <strong>und</strong> der Länder deshalb<br />
darauf hin, dass nunmehr alle Formen verdeckter Datenerhebung, wie etwa<br />
auch die Telekommunikationsüberwachung, auf den Prüfstand gehören <strong>und</strong><br />
86<br />
LDI NRW <strong>17.</strong> <strong>Datenschutz</strong>bericht 2005