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halt nicht von Dauer: Als die deutschen Truppen im Anmarsch waren, organisierte Annette<br />

Kolb ihre Emigration nach Amerika. Der bereits in New York lebende Schriftsteller<br />

Hermann Kesten erhielt ihre Hilferufe, als sie bereits in Lissabon auf ihre Abreise wartete.<br />

In diesen Tagen fühlte sie sich von Europa vergessen und verlassen. „Niemand schreibt<br />

mir nur ein Sterbenswort.“ 289 Im April 1940 konnte sie dann nach New York abfliegen.<br />

Im Gepäck hatte sie ihr in Barcelona beendetes Manuskript Franz Schubert. Sein Leben.<br />

Mit der Veröffentlichung dieses Buches konnte sie in New York ihren Lebensunterhalt bestreiten.<br />

Der Sohn von Thomas Mann – Klaus Mann – gehörte zu denen, die Annette Kolb<br />

im Exil halfen. In einer von Klaus Mann gegründeten Zeitschrift „Decision“ erschien ein<br />

Aufsatz von ihr unter dem Titel La Débacle. Hier kam ihre politische Einstellung zu Hitler-Deutschland<br />

zum Ausdruck. „Wenn ich heute sage, es gibt Nazis in allen Ländern, wer<br />

könnte mir da widersprechen? Aus verschiedenen psychologischen und politischen Gründen<br />

trägt Deutschland die schreckliche Verantwortung, diese Seuche über die Welt gebracht<br />

zu haben, aber an der Verantwortung für ihre wachsende Verbreitung haben alle<br />

Teil.“ 290 Im amerikanischen Exil versuchte sie der öffentlichen Meinung entgegenzuwirken,<br />

die Nationalsozialismus mit den Deutschen gleichsetzte. Annette Kolb hörte nicht<br />

auf, an das deutsche Volk zu appellieren und zum Widerstand aufzufordern: „... Schleppt<br />

eure Tyrannen vor die Tribunale, bevor es zu spät ist. Sie wollen nicht, daß die Welt zwischen<br />

ihnen und euch unterscheidet. Und das ist die größte Gefahr, vor der ihr steht.“ 291<br />

Auch bemühte sie sich um ihre in Nizza zurückgebliebene und gefährdete Freundin Lotte<br />

Kronheim und ihre Mutter, die auf die Ausreise warteten. Alle Bemühungen kamen zu<br />

spät. Am 20. Januar 1944 wurden sie aus dem Lager Drancy nach Auschwitz deportiert. 292<br />

Rückkehr nach Europa<br />

In Amerika stellte Annette Kolb fest, „habe sie bemerkt, wie europäisch sie sei.“ 293 Sie<br />

kehrte trotz aller Mahnungen am 25. Oktober 1945 über Irland nach Paris zurück. Das<br />

Ausmaß der kriegerischen Zerstörung sah Annette Kolb, als sie im September 1946 nach<br />

München kam, um an der Beerdigung ihrer Schwester Franziska teilzunehmen. Ihren<br />

Kommentar zur Ruinenstadt beendete sie mit folgenden Worten: „Man hätte auf mich hören<br />

sollen, dann wäre alles nicht so gekommen wie es gekommen ist.“ 294 1963 begrüßte<br />

288 Bauschinger, Sigrid (Hrsg.) (1993): Ich habe etwas zu sagen: 135<br />

289 Annette Kolb: Brief an von der Mühl, in Monacensia Archiv 81.820/14. Auch in Werner, Charlotte<br />

(2000): Annette Kolb: 229<br />

290 Annette Kolb in: Decision, Vol. 2, 1941, Nos. 5–6 Münchner Stadtbibliothek, Handschriftenabteilung. In:<br />

Bauschinger, Sigrid (Hrsg.) (1993): Ich habe etwas zu sagen: 171<br />

291 Annette Kolb: Typoskript Münchner Stadtbibliothek, Handschriftenabteilung. In: Bauschinger, Sigrid<br />

(Hrsg.) (1993): Ich habe etwas zu sagen: 174–175<br />

292 Bauschinger, Sigrid (Hrsg.) (1993): Ich habe etwas zu sagen: 172–173<br />

293 Werner, Charlotte (2000): Annette Kolb: 237<br />

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