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1915–1927 in diesem Hause.“<br />

INFORMATION ÜBER DEN KÜNSTLER<br />

Die Gedenktafel schuf der Münchner Bildhauer Toni Preis.<br />

GESCHICHTLICHER HINTERGRUND UND DEUTUNG<br />

Als zweites Kind der Familie Pfülf wurde Antonie in Metz geboren. Der Vater Emil Pfülf<br />

war Offizier und stammte aus Speyer; die Mutter Justine kam aus einer Aschaffenburger<br />

Juristenfamilie. Antonie widersetzte sich dem Wunsch der Eltern nach einer standesgemäßen<br />

Heirat; stattdessen entschied sie, einen Beruf zu erlernen und selbstständig zu werden.<br />

In München besuchte sie die Lehrerinnen-Bildungsanstalt. Nach absolvierter Prüfung arbeitete<br />

sie als Hilfslehrerin in Oberammergau, Lechhausen und Peiting. Später wirkte sie<br />

als Aushilfslehrerin und an der Fortbildungsschule für Kaufleute. Schließlich bekam Antonie<br />

Pfülf 1910 in München eine Anstellung als Lehrerin; dieser Beruf galt damals noch<br />

als Männerdomäne. 1902 trat sie in die SPD ein. Während des Ersten Weltkrieges übernahm<br />

Toni Pfülf eine ehrenamtliche Tätigkeit als Armen- und Waisenrätin. Sie half damit<br />

zahlreichen im Elend lebenden Familien oftmals auch mit eigenen Mitteln.<br />

Im November 1918 trat sie – ohne auf der Liste zu stehen – auf einer Sitzung des Arbeiterund<br />

Soldatenrates 520 im Münchner Mathäser-Festsaal vor das Rednerpult. Die Aufforderung<br />

des Sitzungsleiters Erich Mühsam, die Versammlung zu verlassen, kommentierte sie wie<br />

folgt: „Man kann mich nur mit Gewalt aus dem Sitzungssaal befördern, denn ich habe hier<br />

im Arbeiter- und Soldatenrat die Interessen der Frauen zu vertreten.“ 521 Mit Unterstützung<br />

des Kultusministers Johannes Hoffmann erhielt sie eine Kandidatur im Wahlkreis Oberbayern-Schwaben<br />

und wurde 1919 Abgeordnete in der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung.<br />

Besonders hervorzuheben ist ihr Einsatz für das Frauenwahlrecht und die<br />

Gleichberechtigung: auf einer Sitzung des Arbeiter- und Soldatenrates vertrat sie die Belange<br />

der Frauen (gerechter Lohnausgleich, Anpassung der Sozialhilfe) und mahnte die<br />

schlechte Versorgung von Kriegswaisen und Kriegsversehrten an. 1920 erhielt sie ein<br />

Reichstagsmandat; damit war Toni Pfülf die erste bayerische Reichstagsabgeordnete neben<br />

36 Frauen, die von anderen Ländern in die Nationalversammlung gewählt wurden.<br />

In der Zeit der Weimarer Republik von 1920–1933 wirkte sie als Reichstagsabgeordnete,<br />

engagierte sich beim Entwurf eines neuen Parteiprogramms, arbeitete am neuen Reichsschulgesetz<br />

mit und setzte sich für die Verbesserung der Bildungsmöglichkeiten von Arbeiterkindern<br />

ein. Die Gleichberechtigung der Frau in Ehe, Beruf und Politik durchzuset-<br />

520 Gegründet 1918, um die provisorische Regierung von Kurt Eisner zu stützen.<br />

521 Volland, Eva Maria / Bauer, Reinhard (Hrsg.) (1991): München Stadt der Frauen: 120<br />

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