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sie die deutsch-französische Versöhnung mit der Unterzeichnung des Freundschaftsvertrags<br />

und war erfreut über den freundlichen Empfang des Staatsmannes General de Gaulle<br />

in München. Mit großer Freude sah sie die Ernennung von Wilhelm Hausenstein (siehe<br />

Band 1: Hausenstein) zum Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Paris. Annette<br />

Kolb hatte Hausenstein 1903 in München kennen gelernt; mit ihm und seiner Familie verband<br />

sie eine lebenslange Freundschaft.<br />

Rückkehr nach München<br />

Auf Drängen vieler Freunde zog Annette Kolb am 16. Mai 1961 in eine Münchner Wohnung<br />

in der Händelstraße 1 ein. Hier verbrachte sie ihre letzten Lebensjahre. In den 1964<br />

erschienen Essays Zeitbilder stellte sie an ihre Schriftstellerfreunde die Frage: „wann wird<br />

einer von den unseren in einem kleinen Auto unser schönes Bayernland, seine Gebirgswelt,<br />

kreuz und quer befahren und sich wieder weiden an den verstreuten Kapellen, den<br />

Kirchen, den Fassaden, den Schildern, den Wirtshäusern, den Gärten?“ 295<br />

Im März 1967 unternahm Annette Kolb eine lange ersehnte Reise nach Israel, die sie<br />

selbst als den letzten Wunsch ihres Lebens bezeichnete. Die 96-Jährige starb am 3. Dezember<br />

1967 in ihrer Geburtsstadt München. Ihr Grab befindet sich auf dem Friedhof von<br />

St. Georg in Bogenhausen.<br />

Anlässlich einer Ansprache nach der Verleihung des Goethepreises 1955 hatte die Schriftstellerin<br />

gesagt: „Diesen Ausruf: ,Wie gut ist es, daß der Mensch sterbe´, habe ich nicht<br />

zu meinem Wahlspruch gewählt, sondern er bemächtigte sich schon sehr früh meiner, um<br />

nie von mir zu lassen, als ein wachsender Akkord, aufseufzend, beschwichtigend, beschwingend,<br />

tröstend, aufrichtend, erdröhnend.“ 296<br />

Annette Kolb war Kultur- und Gesellschaftskritikerin, die mit scharfem Blick die politische<br />

Szene beobachtete und kommentierte. Sie äußerte sich zu den Fragen der Zeit, wie<br />

zu den Veränderungen im Leben der Frau und zu sozialen Veränderungen. Mit großer<br />

Weitsicht dachte sie stets über Nationalgrenzen hinaus und erkannte die Notwendigkeit<br />

zur Völkerversöhnung und Verständigung, insbesondere zwischen Frankreich und<br />

Deutschland. Hier fühlte sich Annette Kolb dazu berufen, die Rolle einer Vermittlerin zu<br />

übernehmen; sah sie doch in der Bewältigung dieser Frage die Voraussetzung für das zukünftige<br />

Europa. Ihre Ablehnung gegen den Nationalismus hatte seine Wurzel in der Erkenntnis,<br />

dass die Welt mit der Vielfalt der Völker nicht auf diese eine Dimension reduzierbar<br />

ist. In der Auseinandersetzung mit der deutschen, französischen, italienischen und<br />

294 Süddeutsche Zeitung v. 17.9.1946: In: Werner, Charlotte (2000): Annette Kolb: 238<br />

295 Kolb, Annette (1964): 1907–1964 Zeitbilder: 203<br />

296 Kolb, Annette (1964): 1907–1964 Zeitbilder: 203<br />

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