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seines ersten Romans – im Oktober 1901 – Die Buddenbrooks trat der 26-Jährige als<br />

Schriftsteller und Künstler vor die Öffentlichkeit. In seinem Notizbuch, das er sich für die<br />

Arbeit an den Buddenbrooks angelegt hatte, stand folgender Eintrag: „Eines ist wahr: Psychologie<br />

allein würde unfehlbar trübsinnig machen; die Koketterien der literarischen<br />

Ausdrucksform sind es, die uns klar und munter erhalten.“ 409 Als Erzähler bringt er verborgene<br />

Vorgänge ans Licht; der Leser will stets bei der Lektüre die interessanten, geheimnisvollen<br />

und noch unbekannten Figuren des Romans kennen lernen. Der damals<br />

gleichaltrige Prager Lyriker Rainer Maria Rilke schrieb: „Man wird sich diesen Namen<br />

notieren müssen ... gerade weil nichts in dem Buche für den Leser da zu sein scheint, weil<br />

nirgends über die Ereignisse hinweg ein überlegener Schriftsteller zu einem unterlegenen<br />

Leser neigt, um ihn zu überreden und mitzureißen, gerade deshalb ist man so ganz bei der<br />

Sache und fast persönlich beteiligt, ganz als ob man in irgendeinem Geheimfach alte Familienpapiere<br />

gefunden hätte, in denen man sich langsam nach vorn liest, bis an den Rand<br />

der eigenen Erinnerungen.“ 410 Thomas Mann beschrieb die 42-jährige Familiengeschichte<br />

der Buddenbrooks. Seinen Gegnern, die ihm unterstellten „zersetzende Bücher“ zu<br />

schreiben, antwortete er, dass „der Verfall einer Familie ein brauchbares episches Thema<br />

gewesen sei; aber wir Buddenbrooks haben nach unserer bürgerlichen Auflösung in der<br />

Welt weiter ausgegriffen, dem Leben mehr geschenkt, als unseren beiden Vorväter in ihren<br />

Mauern je gegönnt war.“ 411<br />

1905 heiratete Thomas Mann Katja Pringsheim, – die zu dieser Zeit Mathematik studierte<br />

– Tochter von Alfred Pringsheim, Ordinarius für Mathematik an der Münchner Universität.<br />

In ihrem Hause, Arcisstraße 12, verkehrten Künstler und Literaten. So war Thomas<br />

Mann von der Atmosphäre des großen Familienkreises, „die mir die Umstände meiner<br />

Kindheit vergegenwärtigte“, bezaubert. 412 Während der Sohn Golo das Verhältnis seines<br />

Vaters zu seiner Mutter als „die größte Liebe seines Lebens und jene, die bei weitem am<br />

längsten dauerte“ 413 interpretierte, äußerte sich Klaus Mann über seine Eltern: „Ihre Ehe<br />

war nicht die Begegnung zwei polarer Elemente: eher handelte es sich wohl um die Vereinigung<br />

von zwei Wesen, die sich miteinander verwandt wußten – um ein Bündnis zwischen<br />

zwei Einsamen und Empfindlichen, die gemeinsam einen Kampf zu bestehen hofften,<br />

dem jeder für sich vielleicht nicht gewachsen wäre.“ 414 1914 bezog die Familie in<br />

München eine in historistischem Stil erbaute Villa in der Poschingerstraße 1.<br />

409 Isenschmid, Andreas (2001): Die Geburt des Erzählers. In: Die Zeit Nr. 44 v. 25.10.2001: 51<br />

410 Zitiert in: Isenschmid, Andreas (2001): Die Geburt des Erzählers: 51<br />

411 Gesammelte Werke XI: 556. In: Schröter, Klaus (2000): Thomas Mann: 60<br />

412 Hage, Volker (2001): Die Windsors der Deutschen. In: Der Spiegel Nr. 51 v. 17.12.2001: 177<br />

413 Hage, Volker (2001): Die Windsors der Deutschen. In: Der Spiegel Nr. 51 v. 17.12.2001: 177<br />

414 Schröter, Klaus (2000): Thomas Mann: 78<br />

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