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derkommission 20. Juli“ 464 begann die Jagd auf alle Verdächtigen. Unterstützung fand das<br />
NS-Regime auch in der Bevölkerung, die in einer Atmosphäre des Misstrauens und der<br />
Angst zahlreiche Mitverschwörer verriet. Die Mitglieder oppositioneller Kreise wurden<br />
mit menschenverachtenden Methoden wie pausenlose Verhöre, Erpressung und Folter<br />
dazu gebracht, ihre Mitverschworenen zu nennen. Gefangene begingen unter diesem<br />
Druck Selbstmord. Betroffen waren Personen aller sozialer Schichten und verschiedenster<br />
weltanschaulicher und politischer Richtungen. Angehörige der Gefangenen und Verfolgten<br />
kamen in Sippenhaft. 465 Die Zahl der im Zusammenhang mit dem 20. Juli Verhafteten,<br />
Verurteilten und Verschleppten beziffert der Historiker Peter Hoffmann mit 600 bis 700<br />
Personen. In Berlin-Plötzensee sind in der Folge dieses Putschversuchs bis Kriegsende 86<br />
Menschen ermordet worden. 466<br />
Ein Erfolg des Umsturzplans hätte den Krieg vorzeitig beenden, weitere Zerstörungen und<br />
fortgesetztes Leid in Deutschland und Europa verhindern können. Das Leben vieler Menschen<br />
hätte gerettet werden können; vor allem wäre den Deutschen der erste Schritt gelungen,<br />
sich selbst vom Nationalsozialismus zu befreien. Die Schriftstellerin Ricarda Huch<br />
(siehe Band 1: Huch) plante kurz nach dem Scheitern des Putschversuchs, für die „Märtyrer<br />
der Freiheit“ ein Gedenkbuch zu verfassen. 467 In ihrem unvollendeten Werk hat sie etlichen<br />
Persönlichkeiten des 20. Juli wie Elisabeth von Thadden, Ernst von Harnack, Hans<br />
Bernd Nikolaus von Haeften, Nikolaus Christoph von Halem, Klaus Bonhoeffer, Julius<br />
Leber, Theodor Haubach und Jean Paul Oster ein literarisches Denkmal gesetzt. Die<br />
Hauptbeteiligten des Umsturzversuchs und die meisten der Mitwisser haben ihren Einsatz<br />
für Freiheit und Recht mit dem Leben bezahlt. „Die Toten des Widerstandes sind Märtyrer,<br />
Zeugen dieses Gedankens, auf dem abendländische Politik seit den Zeiten der griechischen<br />
Demokratie und des Aufstands gegen die Tyrannenmacht beruht. Sie führen<br />
Deutschland zurück in diese große internationale Tradition, aus der einst ein antiwestlicher<br />
deutscher Staatskult ausgebrochen ist.“ 468<br />
Unter den Münchner Bürgern, die im Zusammenhang mit dem 20. Juli 1944 ermordet<br />
wurden, befanden sich:<br />
464 Diese bestand aus 400 Mitarbeitern, dessen Chef der Reichskriminaldirektor und SS-Gruppenführer<br />
Heinrich Müller war. In: Hoffmann, Peter (1979): Widerstand, Staatsstreich, Attentat: 604ff<br />
465 In: Hett, Ulrike / Tuchel, Johannes (1994): Die Reaktion des NS-Staates auf den Umsturzversuch vom<br />
20. Juli 1944: 384<br />
466 Oleschinski, Brigitte (1994): Gedenkstätte Plötzensee: 34<br />
467 Huch, Ricarda: Brief an Maria Baum vom 4.3.1946. Briefe an die Freunde: 315, auch in: Schwiedrzik,<br />
Wolfgang Matthias: In einem Gedenkbuch sammeln: 27<br />
468 Bracher, Karl Dietrich (1997): Auf dem Wege zum 20. Juli 1944. In: Löwenthal, Richard / Mühlen,<br />
Patrik von zur (Hrsg.): Widerstand und Verweigerung in Deutschland: 172<br />
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