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kam nach drei Tagen in Kowno an. 49 Dann folgte ein Fußmarsch in das sechs Kilometer<br />

nordwestlich der Stadt Kowno gelegene Fort IX. 50 Hier kamen die Deportierten an einem<br />

von der Reichswehr errichteten Ghetto vorbei, in dem sich auch Ganor Solly, ein Überlebender<br />

des Holocaust, befand. Ganor sah „im grauen Licht der Morgendämmerung eine<br />

endlose Kolonne Menschen den Berg hinaufgehen in Richtung Fort IX ... Bewaffnete Litauer<br />

säumten beide Seiten der Straße, so weit das Auge sehen konnte, bereit, jeden zu erschießen,<br />

der zu fliehen versuchte ... Die Kolonne war so lang, daß der Todesmarsch vom<br />

Tagesanbruch bis mittags dauerte.“ 51 Im Fort IX waren sie zwei Tage in Arrestzellen eingesperrt.<br />

DIE ERMORDUNG<br />

Am 25. November 1941 holte die „Einsatzgruppe 3“ 52 die Gefangenen in Gruppen von 80<br />

Personen aus dem Fort und kommandierten sie in Richtung der Gräben. „Unmittelbar bei<br />

den Gräben schlugen sie auf die Opfer ein, sobald diese weglaufen wollten. Die meisten<br />

Opfer wurden erschossen, nachdem sie in die Gräben gefallen waren. Die Schüsse wurden<br />

mit Maschinengewehren abgefeuert, die auf dem bewaldeten Hügel bei den Gräben postiert<br />

waren. Diejenigen die nicht rannten oder in die andere Richtung rannten, wurden an<br />

Ort und Stelle von denjenigen Litauern und Deutschen erschossen, die sie vorher in Gruppen<br />

zusammengestellt hatten.“ 53<br />

Ein weiterer Augenzeuge der Massenmorde in Osteuropa war der Bauingenieur Hermann<br />

Friedrich Gräbe 54 , der in der ukrainischen Stadt Dubno das Geschehen sah und später berichtete:<br />

„Eine achtköpfige Familie stand beisammen: Eine alte Frau hielt das Kleinkind<br />

und versuchte es zum Lachen zu bringen, der Vater tröstete einen weinenden Zehnjährigen,<br />

zeigte mit dem Finger zum Himmel und streichelte ihm über den Kopf und schien ihm<br />

etwas zu erklären.“ 55 Die Erschießungskommandos ließen die Nackten in die Grube hin-<br />

49 Heusler, Andreas (2000): Fahrt in den Tod. In: Stadtarchiv München (Hrsg.) (2000): „... verzogen, unbekannt<br />

wohin“. Die erste Deportation von Münchner Juden im November 1941: 18<br />

50 Es gehörte zu einer im 19. Jahrhundert von Zar Nikolaus I. errichteten Festungsanlage.<br />

51 Ganor, Solly (1997): Das andere Leben. Kindheit im Holocaust: 107–108<br />

52 „Im Polenfeldzug waren dies mobile, den fünf Armeen der Provinz Posen zugeordnete Einheiten der<br />

Sicherheitspolizei mit der Aufgabe, im jeweiligen Operationsgebiet hinter der Front einen Vernichtungskrieg<br />

gegen die polnische Oberschicht und die Juden zu führen.“ In: Schmitz-Berning, Cornelia (1998):<br />

Vokabular des Nationalsozialismus: 172<br />

53 Bericht des Augenzeugen Kulish, zitiert in Porat: 382. Heusler, Andreas (2000): Fahrt in den Tod. In:<br />

Stadtarchiv München (Hrsg.) (2000): ... verzogen, unbekannt wohin: 19<br />

54 Gräbe rettete Hunderten Juden in der Ukraine das Leben. Dafür wurde er in Jad Vaschem mit dem Pflanzen<br />

eines Namensbaumes an der „Allee der Gerechten“, 1965 geehrt.<br />

55 Hermann Friedrich Gräbe, zitiert in: Der Spiegel Nr. 30 v. 23.7.2001: Einer gegen die SS; von Christian<br />

Habbe: 132<br />

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