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Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de

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manu-vorgeschichte.qxd 09.03.05 16:34 Seite 100<br />

100<br />

haft <strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>de</strong>r verschwammen, son<strong>de</strong>rn auch die Unterschie<strong>de</strong> zwischen<br />

vorläufiger Festnahme <strong>und</strong> längerfristiger <strong>Polizei</strong>-<strong>Haft</strong>.<br />

Das geschah allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>eswegs aus Unwissenheit. Denn die obersten<br />

Lan<strong>de</strong>spolizisten wussten durchaus zu unterschei<strong>de</strong>n zwischen <strong>de</strong>n<br />

großen <strong>Polizei</strong>gefängnissen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Kurzzeit-<strong>Haft</strong>zellen <strong>in</strong> vielen<br />

<strong>Polizei</strong>stellen. Sie hatten zum Beispiel festgelegt, dass die „Zellen, <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>nen nur kurzfristig Personen festgehalten wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> (an<strong>de</strong>rerseits die)<br />

Zellen, <strong>in</strong> <strong>de</strong>nen Zwangshaftstrafen <strong>und</strong> Ersatzhaftstrafen verbüßt wer<strong>de</strong>n,<br />

... getrennt zu mel<strong>de</strong>n“ 188 waren.<br />

Installierung polizeilicher Vorbeugehaft<br />

Die Ausweitung <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong>haft – über Krim<strong>in</strong>alitäts-<strong>Haft</strong>grün<strong>de</strong> <strong>und</strong> die<br />

Überschreitung <strong>de</strong>r 24-St<strong>und</strong>en-Frist aus arbeitstechnischen Grün<strong>de</strong>n<br />

h<strong>in</strong>aus – erfolgte nicht im polizeilichen Alle<strong>in</strong>gang.<br />

Im Oktober 1945 hatte Lan<strong>de</strong>spräsi<strong>de</strong>nt Paul e<strong>in</strong> juristisches Dokument<br />

unterzeichnet, das die Verbreitung e<strong>in</strong>er beson<strong>de</strong>ren <strong>und</strong> gänzlich justizlosen<br />

„<strong>Polizei</strong>haft“ festlegte. Es han<strong>de</strong>lt sich um e<strong>in</strong>e Rechtsverordnung<br />

über die polizeiliche Vorbeugehaft. Dar<strong>in</strong> heißt es:<br />

„§1 Gegen männliche <strong>und</strong> weibliche Personen, die mit Geschlechtskrankheiten<br />

behaftet s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> sich <strong>de</strong>n ... Maßnahmen <strong>de</strong>r Ges<strong>und</strong>heitsbehör<strong>de</strong>n<br />

entziehen, sowie gegen Frauen, die gewerbs- o<strong>de</strong>r gewohnheitsmäßig<br />

Unzucht treiben, kann die Lan<strong>de</strong>spolizeistelle auf begrün<strong>de</strong>ten Antrag <strong>de</strong>r<br />

zuständigen Ortspolizeibehör<strong>de</strong> polizeiliche Vorbeugehaft bis zu e<strong>in</strong>em<br />

halben Jahr anordnen.“ 189 (Hv. v. V.)<br />

Rechtstechnisch hatte e<strong>in</strong>e solche „Vorbeugehaft“ im Gr<strong>und</strong>e <strong>de</strong>nselben<br />

Charakter wie die „Schutzhaft“ <strong>de</strong>s NS-Regimes (s. S. 12 ff.). Ohne H<strong>in</strong>zuziehung<br />

<strong>de</strong>r Justiz hatten Polizisten plötzlich wie<strong>de</strong>r e<strong>in</strong>e reguläre Befugnis<br />

zur „Anordnung“ längerfristiger Freiheitsberaubung gegen e<strong>in</strong>e<br />

bestimmte Bevölkerungsgruppe.<br />

Die <strong>Polizei</strong> hatte sich diese Befugnis aber nicht selbst beschafft. Der<br />

H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> lag nicht nur im Auftreten <strong>de</strong>r „Volksseuche“ 190 jener Tage,<br />

son<strong>de</strong>rn auch im Ärger <strong>de</strong>r Sowjets über <strong>de</strong>ren Auftreten. Gleich im<br />

Sommer 1945 hatten die Sowjets <strong>de</strong>n SMA-Befehl 25 über „Maßnahmen<br />

zur Bekämpfung sexueller Krankheiten“ erlassen, wor<strong>in</strong> aber lediglich<br />

festgelegt war, dass Prostituierte „zwangsmäßig gepflegt“ wer<strong>de</strong>n sollten.<br />

Die nunmehr von Thür<strong>in</strong>ger Politikern <strong>in</strong>stallierte „Vorbeugehaft“ reichte<br />

über diesen SMA-Befehl h<strong>in</strong>aus. Es spielte wohl e<strong>in</strong>e Rolle, dass die<br />

Sowjets energisch auf generelle Problemlösung drängten, <strong>de</strong>nnoch war<br />

die Vorbeugehaft e<strong>in</strong>e <strong>de</strong>utsche Entscheidung.

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