Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de
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manu-vorgeschichte.qxd 09.03.05 16:34 Seite 135<br />
135<br />
Am 9. Oktober teilte Krauthause mit, 250–300 Krim<strong>in</strong>alpolizisten für die<br />
Untersuchungsorgane e<strong>in</strong>setzen zu wollen 284 , – das entspräche fast <strong>de</strong>r<br />
Hälfte <strong>de</strong>r 635 Krim<strong>in</strong>alpolizisten, die es überhaupt <strong>in</strong> ganz Thür<strong>in</strong>gen<br />
gab. 285 Tatsächlich setzte die Thür<strong>in</strong>ger Lan<strong>de</strong>spolizei dann etwa 150<br />
(zeitweise auch 170) Mitarbeiter e<strong>in</strong>. Diese wur<strong>de</strong>n teilweise aus <strong>de</strong>n K5-<br />
Kommissariaten <strong>in</strong>tern <strong>in</strong> die 201-U-Organe gesetzt <strong>und</strong> die weiteren<br />
Personalergänzungen wur<strong>de</strong>n weniger aus an<strong>de</strong>ren Kripo-Kommissariaten<br />
als vielmehr von <strong>de</strong>r Schutzpolizei rekrutiert. H<strong>in</strong>weise auf befristet<br />
neue<strong>in</strong>gestellte Hilfspolizisten fan<strong>de</strong>n sich nicht. (Später, nach Beendigung<br />
<strong>de</strong>r 201-Untersuchungsarbeit g<strong>in</strong>gen die versetzten Schutzpolizisten<br />
häufig wie<strong>de</strong>r <strong>in</strong> ihre alte Stellung zurück. 286 )<br />
Die örtlichen 201-U-Organe begannen ihre Arbeit häufig mit <strong>de</strong>r Übernahme<br />
von Unterlagen <strong>de</strong>r alten Re<strong>in</strong>igungsausschüsse (bzw. <strong>de</strong>r Entnazifizierungskommissionen),<br />
mit öffentlichen Aufrufen zur Abgabe von H<strong>in</strong>weisen<br />
o<strong>de</strong>r mit Weiterbearbeitung bereits angelegter NS-Fälle.<br />
Die Entnazifizierungskommissionen übergaben <strong>de</strong>n 201-U-Organen<br />
<strong>in</strong>sgesamt 3026 Fälle 287, – das war etwa e<strong>in</strong> Viertel <strong>de</strong>r Fälle, die die 201-<br />
U-Organe <strong>in</strong>sgesamt bearbeiteten. 288 Anzeigen aus <strong>de</strong>r Bevölkerung waren<br />
erwünscht, doch gab es außerhalb <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong> Persönlichkeiten – wie<br />
<strong>de</strong>n Eisenacher Oberbürgermeister –, die sich öffentlich gegen anonyme<br />
Anzeigen <strong>und</strong> Denunziationen aussprachen. 289<br />
Die Thür<strong>in</strong>ger U-Organe bekamen seit ihren ersten Tagen Fälle <strong>und</strong> bekamen<br />
bis Dezember täglich etwa 30 bis 100 neue h<strong>in</strong>zu, das hieß täglich e<strong>in</strong><br />
bis drei Neufälle pro U-Organ. Zum 1. November 1947 waren thür<strong>in</strong>genweit<br />
879 Fälle festgestellt <strong>und</strong> registriert,<br />
davon 465 <strong>in</strong> Untersuchung, 328 Verhaftungen,<br />
119 abgeschlossen, 163 an Staatsanwaltschaft übergeben,<br />
14 an SMA übergeben. 290<br />
Es gab also <strong>in</strong>nerhalb <strong>de</strong>r ersten vier–sechs Arbeitswochen pro U-Organ<br />
durchschnittlich 5 fertige Anklageschriften, 10 Verhaftungen, 15 Ermittlungen<br />
<strong>und</strong> 30 Fälle. Da die Aufbauphase mancherorts länger dauerte,<br />
dürften diese Zahlen bei <strong>de</strong>n schneller aufgestellten U-Organen höher<br />
gewesen se<strong>in</strong>. Am 19. November waren es <strong>in</strong>sgesamt 1494 Fälle <strong>und</strong> am<br />
3. Dezember 1878 Fälle, also über sechzig pro U-Organ. Auf je<strong>de</strong>n 201-<br />
Polizisten kämen damit ungefähr 12 Ermittlungsverfahren.<br />
Mancherorts mussten anfangs höhere <strong>Polizei</strong>-Chefs selbst als Chef <strong>de</strong>s<br />
201-U-Organs fungieren, wie Kröber <strong>in</strong> Eisenach o<strong>de</strong>r Sal<strong>de</strong>n <strong>in</strong> Erfurt.