Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de

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Mindestens die Hälfte dieser August-Verhaftungen (vielleicht auch 80 %)
waren dabei übrigens nicht vom NKWD inspiriert und befohlen.
Innerhalb der Erfurter Kripo I war außerdem eine Arbeitsgruppe damit
befasst, ns-nahe Erfurter zu Wiedergutmachungsarbeiten. Es ist die Rede
von einer „Sonderaktion zur Erfassung der Parteigenossen zum Arbeitseinsatz“
228 und neben der Kripo wirkten daran auch Ordnungspolizisten
und das Arbeitsamt mit. Der Beitrag der Kripo I könnte dabei in der
Entgegennahme von Anzeigen, dem Zusammentragen von NS-Verantwortlichkeiten,
der Beschaffung von Materialien über politische Mitgliedschaften
und dem Verfassen von „Arbeitsbefehlen“ gelegen haben. Die
Wiedergutmacher wurden z. B. zu den Reichshallen (=Theater) und sicher
auch zu Aufräumarbeiten heranzitiert. Verweigerern wurde angedroht,
dies als „Sabotage am Wiederaufbau“ zu bewerten. 229 (s. S. 26 ff.)
Diese Aktivitäten liefen bereits unter den Amerikanern. Die Kripo-I-
Abteilung „Arbeitseinsatz“ bestand unter den Sowjets weiter und ließ sich
im Laufe des Jahres 1945 in der Marstallstraße 9 (unweit der Erfurter
Polizeizentrale) nieder. 230 Die Leitung hatte ein Polizist namens Kormes
inne, ob er und seine Mitarbeiter Kommunisten waren, ist unbekannt.
Neben Verhaftungen und Arbeitseinsätzen waren Erfurter politische
Polizisten wohl auch ermittlerisch tätig. Dies lässt sich – mangels Aktenlage
– allerdings weder in Inhalt noch im Umfang näher umreißen. Es
dürfte die eigenständige Suche untergetauchter Nazis oder das Anlegen
entsprechender Datenspeicher umfasst haben. Inwieweit auch so etwas
dazugehörte, wie das Registrieren sowjetfeindlicher Aktivitäten, gezielte
Zuarbeiten fürs NKWD, oder auch solche Dinge, wie das Zusammenstellen
aller Strafanzeigen und Vorfälle von Ausländern oder „Banditen in
russischer Uniform“, kann heute nicht mehr festgestellt werden.
Ende 1946 waren, wie bereits erwähnt, immerhin rund 10 Erfurter Kripo-
Leute mit Ermittlungs- und andere Aufgaben für die Besatzungsmacht –
also wohl das Erfurter NKWD – unterwegs und das könnten gut diese
politischen Polizisten gewesen sein. 231
Polizeiliche Datensammlung politischer Biografien
Für die Anfänge der Thüringer Landes-Kriminalpolizei 232 spielte das
inhaltliche Gebiet der politischen Polizei ebenfalls eine Rolle.
Geißler, der erste Landeskriminaldirektor und vormalige kommunistische
politische Polizist in Weimar, hatte seit seinem Verlassen Buchenwalds
nicht nur die NS-Verfolgung, sondern auch eine geheimpolizeilichpolitische
Kontrolle der KPD-Mitgliedschaft im Blick. Kurz vor seinem