Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de
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manu-vorgeschichte.qxd 09.03.05 16:35 Seite 243<br />
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Das juristische F<strong>in</strong>ale für e<strong>in</strong>e MfS-U-<strong>Haft</strong> (1952)<br />
Im Frühjahr 1952 schließlich erhielt das MfS formelle staatliche Befugnisse<br />
zur Anwendung polizeilicher Mittel <strong>und</strong> zur Inhaftierung.<br />
In diesem Jahr wur<strong>de</strong>n zahlreiche Gesetze im Interesse <strong>de</strong>s SED-Regimes<br />
erlassen. Das Strafrecht hatte man durch die DDR-Verfassung <strong>und</strong> e<strong>in</strong> „Gesetz<br />
zum Schutz <strong>de</strong>r Volkswirtschaft“ zuvor schon ausge<strong>de</strong>hnt. Das MfS<br />
hatte durch e<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>tertür – se<strong>in</strong> Selbstverständnis als „Untersuchungsorgan“<br />
– unauffälligen E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> das Strafprozessrecht genommen. „Untersuchungsorgan“<br />
war e<strong>in</strong>e wörtliche Gleichsetzung mit <strong>Polizei</strong>, so dass e<strong>in</strong>e<br />
unsichtbaren Gleichstellung von MfS- <strong>und</strong> <strong>Polizei</strong>kompetenzen erfolgte.<br />
Neben das öffentliche Verhältnis <strong>Polizei</strong>ermittler–Staatsanwalt trat e<strong>in</strong> nichtöffentliches,<br />
unkontrollierbares Verhältnis Staatssicherheit–Justiz.<br />
Das Justizwesen wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m DDR-Gerichtsverfassungsgesetz gr<strong>und</strong>legend<br />
umgebaut. Im März 1952 erhielt Generalstaatsanwalt Melzheimer 528<br />
die Aufsicht über 1. polizeiliche Untersuchungsorgane, 2 Strafuntersuchungen,<br />
3. alle <strong>Haft</strong>- <strong>und</strong> Strafvollzugsanstalten. 529 Innerhalb weniger Wochen<br />
verfasste er „R<strong>und</strong>verfügungen“, die für <strong>de</strong>n Status von MfS-U-Organ <strong>und</strong><br />
MfS-<strong>Haft</strong> sehr <strong>in</strong>teressant wur<strong>de</strong>n. Melzheimer gab dar<strong>in</strong> nämlich – halboffiziell<br />
– wichtige Kompetenzen aus <strong>de</strong>r Hand <strong>und</strong> überließ sie <strong>de</strong>m MfS.<br />
An wichtigster Stelle stand Melzheimers R<strong>und</strong>verfügung 11/52 zur Außenaufsicht<br />
über MfS-Strafuntersuchungen.<br />
Die Aufsicht über das U-Organ MfS wur<strong>de</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich an<strong>de</strong>rs geregelt als<br />
die über <strong>Polizei</strong>-U-Organe:<br />
– Beaufsichtigung <strong>de</strong>s MfS nur durch von ihm selbst bestätigte Staatsanwälte.<br />
„Die aufsichtsführen<strong>de</strong>n Staatsanwälte für Untersuchungen <strong>in</strong><br />
Strafsachen <strong>de</strong>s ... M.f.S. wer<strong>de</strong>n vom Generalstaatsanwalt <strong>de</strong>r D.D.R. im<br />
E<strong>in</strong>vernehmen mit <strong>de</strong>m M.f.S. bestellt. ...”<br />
– Staatsanwälte erwirken nicht die <strong>Haft</strong>befehle (wie üblich), son<strong>de</strong>rn<br />
erhalten Aufsicht erst mit o<strong>de</strong>r nach Festnahme.<br />
– Staatsanwälte wur<strong>de</strong>n nicht ausdrücklich berechtigt zu:<br />
E<strong>in</strong>zelanweisungen zur MfS-Untersuchung, Selbstbeteiligung an<br />
Untersuchungshandlungen o<strong>de</strong>r Übernahme <strong>de</strong>r Untersuchungsleitung.<br />
Ihre Beteiligung war e<strong>in</strong>geschränkt auf die Teilnahme an Vernehmungen<br />
<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e je<strong>de</strong>rzeitige Aktene<strong>in</strong>sicht. „Sämtliche Untersuchungshandlungen<br />
wer<strong>de</strong>n bis zum Abschluss <strong>de</strong>r Untersuchungen<br />
von <strong>de</strong>n Untersuchungsorganen <strong>de</strong>s M.f.S. selbständig durchgeführt.”<br />
- Der Staatsanwalt wur<strong>de</strong> zwar berechtigt Beschwer<strong>de</strong>n nachzugehen,<br />
nicht aber, selbst die Beseitigung etwaiger MfS-Missstän<strong>de</strong><br />
anzuordnen. Er durfte es <strong>de</strong>m MfS-Leiter nur nahe legen.