Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de
Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de
Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
manu-vorgeschichte.qxd 09.03.05 16:34 Seite 54<br />
Thür<strong>in</strong>ger <strong>Polizei</strong> <strong>und</strong> NKWD<br />
54<br />
Das NKWD-Vorgehen <strong>und</strong> die kommunistische NS-Verfolgung waren<br />
1945 <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen alles an<strong>de</strong>re als i<strong>de</strong>ntisch <strong>und</strong> konform. Hermann<br />
Geißler (Buchenwaldhäftl<strong>in</strong>g <strong>und</strong> <strong>Politische</strong>r Polizist) gab se<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>druck<br />
nach drei Wochen sowjetischer Besatzungszeit <strong>in</strong> Weimar wie<strong>de</strong>r 102 . So<br />
„ist seit <strong>de</strong>r Besetzung Thür<strong>in</strong>gens durch die Rote Armee e<strong>in</strong> Zustand e<strong>in</strong>getreten,<br />
dass die russ. Behör<strong>de</strong>n die Aufgaben <strong>de</strong>r politischen <strong>Polizei</strong> fast<br />
restlos selbst <strong>in</strong> die Hän<strong>de</strong> genommen haben. ...<br />
Ich betrachte es nicht als me<strong>in</strong>e Aufgabe, nun e<strong>in</strong> Zuträger zu se<strong>in</strong> von<br />
Nachrichten <strong>und</strong> Vermutungen, die sich, wenn sie von mir <strong>und</strong> me<strong>in</strong>en<br />
Kamera<strong>de</strong>n nicht vorher überprüft wer<strong>de</strong>n können, <strong>in</strong> ihrer Endkonsequenz<br />
als falsch herauszustellen. Damit wür<strong>de</strong> nur die Arbeit <strong>de</strong>r Roten<br />
Armee belastet <strong>und</strong> das Ergebnis wäre gleich Null.“<br />
Mag Geißlers Brief an <strong>de</strong>n frischgebackenen Vizepräsi<strong>de</strong>nten Busse womöglich<br />
Karrierewünsche enthalten, so wird doch auch se<strong>in</strong>e Enttäuschung<br />
darüber <strong>de</strong>utlich, dass die Sowjets sich alle<strong>in</strong>ige Befugnisse vorbehielten,<br />
lediglich Namensnennungen <strong>und</strong> Informationsfetzen wollten <strong>und</strong><br />
ke<strong>in</strong>en <strong>de</strong>utschen Eigenermittlungen wünschten. Freilich glaubte Geißler<br />
noch, dass falsche Vermutungen die Sowjets „belasten“ könnten.<br />
Auch im Oktober 1945 <strong>in</strong> Greußen wur<strong>de</strong> e<strong>in</strong>e klare Distanzierung <strong>de</strong>s<br />
NKWD von <strong>de</strong>r Ortspolizei <strong>de</strong>utlich. Der Polizist Großniklaus <strong>und</strong> e<strong>in</strong>ige<br />
Greußener Kommunisten hatten mehrere Jugendliche wegen Werwolf-<br />
Verdachts verhaftet, verhört <strong>und</strong> teilweise <strong>in</strong>haftiert. Der Stadtkommandant,<br />
<strong>de</strong>r bei diesen Verhören zugegen war, <strong>in</strong>formierte NKWD-Leute.<br />
Diese holten die Inhaftierten ab <strong>und</strong> erklärten – laut Großniklaus –,<br />
„dass die Sache politischen Charakter habe, außer ihnen ke<strong>in</strong> Mensch das<br />
Recht habe, sich mit <strong>de</strong>r Angelegenheit zu befassen.“<br />
Anschließend verhaftete das NKWD plötzlich noch weitere Greußener.<br />
Großniklaus sagte darüber:<br />
„Die Kreispolizei hatte bei diesen Verhaftungen nicht mitgewirkt. Ich habe<br />
es abgelehnt, bei diesen Verhaftungen mitzuwirken, da mir die ganze<br />
Sache zweifelhaft <strong>und</strong> unsauber erschien.“ 103<br />
Die Äußerungen Geißlers <strong>und</strong> Großniklaus‘ lassen nun fragen, <strong>in</strong>wieweit<br />
je<strong>de</strong> Reduzierung <strong>de</strong>utscher Aktivitäten auf e<strong>in</strong>e NKWD–Hilfspolizisten-<br />
Rolle <strong>und</strong> Juniorpartnerschaft nicht zu kurz griffe. Im Verhältnis NKWD<br />
– <strong>Politische</strong> <strong>Polizei</strong> konnte immerh<strong>in</strong> nicht o<strong>de</strong>r nicht nur die Re<strong>de</strong> von<br />
Nähe, Partnerschaft <strong>und</strong> Zusammenarbeit se<strong>in</strong>.<br />
Die NKWD-Gruppen han<strong>de</strong>lten, wie bereits erläutert, nach eigenen Zielen,<br />
mit eigenen Metho<strong>de</strong>n <strong>und</strong> <strong>in</strong> eigener, starker Machtfülle. Auf e<strong>in</strong>e