Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de

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ser Möglichkeit auch sorgfältig Gebrauch gemacht wird, kann das Vorverfahren
fristgemäß zu Ergebnissen führen, die eine bedenkenlose Bestätigung
der Anklageschrift gestatten. Andernfalls ist es unausbleiblich, dass
der aufsichtführende Staatsanwalt erst bei Vorlage der Anklageschrift auf
Mängel aufmerksam wird, die dann nur unter erheblicher Fristüberschreitung
behoben werden können.
In dauernder persönlicher Fühlung und vertrauensvoller Zusammenarbeit
mit den polizeilichen U-Organen muss das Verständnis der Polizei dafür
gestärkt werden, dass das Gericht über das Ergebnis der Beweisaufnahme
nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung
entscheidet, und dass es daher darauf ankommt, einwandfreies,
schlüssiges und überzeugendes Beweismaterial zusammenzutragen, von
dem nach unvoreingenommener Prüfung und Sichtung angenommen werden
darf, dass es die allein entscheidende Probe der Hauptverhandlung
bestehen werde. ....
II Das Auftreten des Staatsanwalts in der Hauptverhandlung vor der großen
und kleinen Strafkammer – 201 muss ruhig und bestimmt sein und
seine entschieden demokratische, antinazistische Einstellung deutlich
erkennen lassen. ... Keinesfalls darf durch Zwischenfragen des Staatsanwalts
der Eindruck erweckt werden, als ob antifaschistische Belastungszeugen
verwirrt, nazistische Entlastungszeugen ermutigt werden sollen.
Auch der bloße Anschein eines solchen Verhaltens ist geeignet, das Vertrauen
des Volkes in die demokratische Justiz zu erschüttern.
III ... Angesichts der Ungeheuerlichkeit der Naziverbrechen werden in der
Regel nur strengste Strafen eine gerechte Sühne darstellen. Dabei ist ...
darauf Bedacht zu nehmen, dass das Ausmaß der Vermögenseinziehung
einer wirtschaftlichen Entmachtung gleichkommt und damit allen
gegenwärtigen und künftigen Naziumtrieben der finanzielle Boden
entzogen wird. Die bisher ... gefällten Urteile, die vielfach weiter unter
den Strafanträgen der Anklagevertreter blieben, befriedigen – mit wenigen
Ausnahmen – im Strafmaß nicht ...“ (Hv. - v. V.) 333
201-Resümee 1949: Im „Abschlussbericht“ wurde folgende Gesamtstatistik
der Thüringer 201-U-Organe und 201-Straf-Kammern 1949 erstellt:
11 623 Personen untersucht, 2 108 Inhaftierte, 3 902 Anklageschriften
davon 2 Kriegsverbrecher, 786 Hauptverbrecher, 2941 Verbrecher
und 173 Verbrecher II. Stufe)
Strafen: Zuchthaus.........285 Jahre /11 Monate
Gefängnis.......1584 Jahre /9 Monate
Internierung......198 Jahre /6 Monate
Todesurteile – wie in Görlitz oder Leipzig – gab es in Thüringen nicht. Für
einen der beiden Kriegsverbrecher gab es „lebenslänglich“.