Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de

manu-vorgeschichte.qxd 09.03.05 16:35 Seite 259
259
„Durch die Einzahlung im demokratischen (=sowjetischen) Sektor von
Berlin hat er sich und seinen Mittelsmännern den Währungsunterschied
zunutze gemacht. Andererseits hat er der damaligen SBZ einen Schaden in
der Weise zugefügt, dass er unserer Wirtschaft 130.000 DM West entzogen
hat. Für dieses Geld hätten für die Wirtschaft wichtige Rohstoffe aus dem
Westen eingeführt werden können. ... Der Angeklagte hatte Blumensamen
nach dem Westen versandt. Als Gegenleistung mussten diese Gelder in DM
West der Deutschen Notenbank zugeführt werden, die dann den Umtausch
vorzunehmen hatte. Dies hat der Angeklagte vereitelt, indem er die Gelder
entweder selbst umgetauscht hat oder durch andere Personen hat
umtauschen lassen.
Es konnte ... nicht festgestellt werden, inwieweit er sich an dem Währungsunterschied
bereichert hat. Dies spielt auch für die Erfüllung des
Tatbestandes eine untergeordnete Rolle.“
Die damaligen Zustände, die fast einen Wirtschaftskriegscharakter trugen,
sind nicht unmittelbar und vorrangig der DDR anzulasten. Das völlig unangemessene
Maß der Bestrafung, die politische Strafargumentation und
die Verknüpfung mit einer vollständigen Überführung in Staatseigentum
lassen dagegen die neue Rolle der DDR-Justiz offen zutage treten.
Es klingt geradezu zynisch, wenn die Richter ihren Urteilsspruch mit der
Bemerkung für die unangemessene Bestrafung beendeten:
„Die Strafe musste auch als solche von dem Angeklagten empfunden werden,
zum anderen musste sie anderen zur Lehre dienen. Die Justiz hat die
Aufgabe, die Wirtschaft der DDR gegen alle Feinde unseres demokratischen
Aufbaus zu schützen, ganz gleich in welcher Form und unter welcher
Maske sie auftreten.“