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Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de

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manu-vorgeschichte.qxd 09.03.05 16:34 Seite 71<br />

71<br />

Es herrschte über viele Monate also so etwas wie e<strong>in</strong> Status quo für die Thür<strong>in</strong>ger<br />

Justiz, – mit e<strong>in</strong>em Spielraum, <strong>de</strong>r e<strong>in</strong>erseits rechtsstaatlich größer<br />

war als zur NS-Zeit <strong>und</strong> <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rerseits – zunehmend – e<strong>in</strong>geengt war<br />

durch die Interessen <strong>de</strong>r Sowjets <strong>und</strong> ihren Militärstatus, durch die SED-<br />

Machtambitionen <strong>und</strong> vor allem auch durch die schwache Zusammenarbeit<br />

mit <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong>. Die zentralen Ordnungsversuche durch die SBZ-Justizverwaltung<br />

waren dagegen anfangs noch ohne großen E<strong>in</strong>fluss.<br />

Ab Herbst 1947 <strong>und</strong> beson<strong>de</strong>rs 1948 begann sich die Situation für Thür<strong>in</strong>gens<br />

Justiz gr<strong>und</strong>sätzlich zu än<strong>de</strong>rn. Die traditionelle Strafrechtssprechung<br />

wur<strong>de</strong> zwar fortgeführt. Doch jetzt kam e<strong>in</strong>e Art ant<strong>in</strong>azistische<br />

„Bewährungsphase“ für die thür<strong>in</strong>gische Rechtssprechung h<strong>in</strong>zu. Diese<br />

verlief vor allem auf zwei Schienen:<br />

1. <strong>de</strong>r Rechtssprechung nach Befehl 201 (NS-Verbrechen) <strong>und</strong><br />

2. <strong>de</strong>r Rechtssprechung zu Befehl 234 (Wirtschaftsverbrechen, Sabotage).<br />

Daraus erwuchs für die Justiz e<strong>in</strong> zunehmen<strong>de</strong>r Handlungsdruck. En<strong>de</strong><br />

1947 <strong>und</strong> 1948 mussten <strong>in</strong>nerhalb weniger Wochen zahlreiche 201-Strafprozesse<br />

vorbereitet <strong>und</strong> durchgeführt wer<strong>de</strong>n (s. Kapitel 9)<br />

Im Sommer <strong>und</strong> Herbst 1947 herrschten noch immer Hunger <strong>und</strong> Notwirtschaft,<br />

– als naheliegen<strong>de</strong> Folge <strong>de</strong>r vielen Kriegsauswirkungen, aber nun<br />

noch verstärkt durch die schlechte Erntezeit. Die Ungeduld sowohl <strong>de</strong>r<br />

Sowjets als auch die <strong>de</strong>r Kommunisten wuchs, weil sie alle bei<strong>de</strong> beson<strong>de</strong>rs<br />

auf e<strong>in</strong>en schnellen Wie<strong>de</strong>raufbau drängten. Die e<strong>in</strong>en wegen weiterer<br />

Reparationsleistungen für ihr ebenfalls zerstörtes Land. Die an<strong>de</strong>ren<br />

aus politisch-pragmatischen Grün<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn sie hatten sich nach <strong>de</strong>n<br />

Herbstwahlen 1946 vielerorts die politische Macht geholt.<br />

Es g<strong>in</strong>g ihnen bei<strong>de</strong>n jetzt nicht mehr nur um Schieber <strong>und</strong> Nachkriegsgew<strong>in</strong>nler,<br />

son<strong>de</strong>rn zum Beispiel auch um Unternehmer mit zonenübergreifen<strong>de</strong>r<br />

Wirtschaftstätigkeit, um nicht-ablieferungswillige Leute <strong>und</strong><br />

um Schuldige für diverseste Wirtschaftsprobleme.<br />

Der Befehl 234 wur<strong>de</strong> im Oktober 1947 erlassen, trug wirtschaftspolitischen<br />

Charakter <strong>und</strong> verkün<strong>de</strong>te mo<strong>de</strong>rne Arbeitsrechte. Vor allem aber<br />

hoben die Karlshorster SMAD-Chefs mit <strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rung nach e<strong>in</strong>em „entschlossenem<br />

Kampf gegen Bummelanten <strong>und</strong> Desorganisatoren“ das<br />

sowjettypische Sabotage-Thema nun entschie<strong>de</strong>n stärker <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong><br />

als sie es 1945 mit <strong>de</strong>m Befehl 160 getan hatten.<br />

Der Druck wur<strong>de</strong> aber nicht nur aus sowjetischer Richtung stärker. Am 11.<br />

November 1947 beschlossen die höchsten SED-Funktionäre <strong>in</strong> Weimar,<br />

e<strong>in</strong>e Kampagne „gegen die reaktionären Ten<strong>de</strong>nzen <strong>in</strong>nerhalb <strong>de</strong>r Thür<strong>in</strong>ger<br />

Justizverwaltung“ <strong>in</strong> Gang zu setzen. 131

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