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Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de

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manu-vorgeschichte.qxd 09.03.05 16:35 Seite 250<br />

250<br />

politischen Strafprozesse <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Großen 201-Strafkammer<br />

<strong>de</strong>s Landgerichts Erfurts im Oktober 1950 ausgesprochen. Als<br />

Rechtsgr<strong>und</strong>lage fungierte <strong>de</strong>r Boykotthetze-Artikel 6 <strong>de</strong>r DDR-Verfassung.<br />

Die folgen<strong>de</strong>n drei Strafprozesse <strong>de</strong>s Erfurter Landgerichts, die hier beschrieben<br />

wer<strong>de</strong>n sollen, s<strong>in</strong>d typische Beispiele für die Hauptgruppen<br />

politischer Verurteilungen <strong>in</strong> dieser Zeit:<br />

- politische Me<strong>in</strong>ungsäußerungen, Westkontakte – als Boykotthetze,<br />

Kriegshetze o<strong>de</strong>r Spionage,<br />

- Weltabkehr <strong>und</strong> Eigenorganisation <strong>de</strong>r „Zeugen Jehovas“– als Boykotthetze,<br />

- Wirtschaftsverbrecherprozesse mit Enteignungscharakter – nach<br />

<strong>de</strong>r Wirtschaftsstrafverordnung,<br />

1950 gab es auch genügend Staatsanwälte, Richter <strong>und</strong> Schöffen, die politischen<br />

Grün<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Argumenten <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Gerichtssälen so viel Raum<br />

gaben, dass man von willkürlichem, politisiertem Strafrechtsgebrauch<br />

sprechen kann. Typisch s<strong>in</strong>d nicht nur die Strafvorwürfe <strong>und</strong> die politisierte<br />

Argumentation, son<strong>de</strong>rn auch die Tatsache, dass es sich oft um Prozesse<br />

gegen größere Angeklagtengruppen han<strong>de</strong>lte.<br />

Drei politische Strafurteile aus Erfurt<br />

Um <strong>de</strong>n Charakter dieser ersten DDR-Polit-Prozesse etwas zu veranschaulichen,<br />

wer<strong>de</strong>n im folgen<strong>de</strong>n drei frühe politische Strafprozesse<br />

gegen Erfurter etwas näher dargestellt. Im ersten Beispiel han<strong>de</strong>lte es sich<br />

um Spionage-Boykotthetze-Vorwürfe gegen e<strong>in</strong>e Gruppe junger Erfurter<br />

(1950), im zweiten Beispiel um die Verurteilung von Zeugen Jehovas <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Boyketthetze-Prozess (1950) <strong>und</strong> im dritten um e<strong>in</strong>en „wirtschaftsverbrecherischen“<br />

Enteignungsprozess gegen die bekannteste Erfurter<br />

Gärtnerfamilie Benary (1952).<br />

1. Urteil <strong>de</strong>r Großen Strafkammer 201 <strong>de</strong>s Landgerichts Erfurt vom 23. Oktober<br />

1950 nach Artikel 6 sowie nach Kontrollratsgesetz 10, IIIaIII 540<br />

Im Oktober 1950 stan<strong>de</strong>n neun Erfurter – e<strong>in</strong> Arzt mit se<strong>in</strong>er Fre<strong>und</strong><strong>in</strong>,<br />

e<strong>in</strong>e Gruppe Jugendlicher <strong>und</strong> e<strong>in</strong>ige Angestellte <strong>de</strong>s Verlages, <strong>in</strong> <strong>de</strong>m die<br />

Erfurter SED-Tageszeitung erschien – geme<strong>in</strong>sam vor <strong>de</strong>r Großen Strafkammer<br />

201. 541 Es g<strong>in</strong>g um<br />

„Boykotthetze gegen <strong>de</strong>mokratische E<strong>in</strong>richtungen“ <strong>und</strong><br />

„Propaganda für <strong>de</strong>n Militarismus“ <strong>und</strong> Gefährdung <strong>de</strong>s Weltfrie<strong>de</strong>ns<br />

„durch Erf<strong>in</strong>dung <strong>und</strong> Verbreitung ten<strong>de</strong>nziöser Gerüchte“.

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