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Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de

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manu-vorgeschichte.qxd 09.03.05 16:35 Seite 244<br />

244<br />

Das, was hier so bürokratentrocken aufs Papier gebracht wur<strong>de</strong>, schrieb <strong>in</strong><br />

Wirklichkeit skandalöse Zustän<strong>de</strong> fest. Es setzt <strong>de</strong>m SED-Konstrukt aus<br />

Ges<strong>in</strong>nungsstraf<strong>de</strong>likten, parteiischen Juristen <strong>und</strong> Richtergeschwätz über<br />

gesellschaftspolitische Strafgrün<strong>de</strong> noch e<strong>in</strong>e Krone auf, weil es nämlich<br />

e<strong>in</strong>e ganze Sphäre <strong>de</strong>s Strafrechts komplett <strong>und</strong> dauerhaft aus aller gesellschaftlichen,<br />

rechtsstaatlichen Außenkontrolle herausnahm.<br />

Melzheimer musste <strong>de</strong>m MfS außer<strong>de</strong>m noch weitere Son<strong>de</strong>rrechte zubilligen:<br />

Mit e<strong>in</strong>er an<strong>de</strong>ren R<strong>und</strong>verfügung – 9/52 – wur<strong>de</strong>n die MfS-Ermittlungsfristen<br />

erhöht. Bei bekannten Tätern hatte die <strong>Polizei</strong> 14 Tage, das<br />

MfS dagegen 60 Tage Zeit. Bei unbekannten Tätern durfte die <strong>Polizei</strong><br />

maximal 120 Tage tätig se<strong>in</strong>, das MfS – bei zugleich vere<strong>in</strong>fachtem Verlängerungsverfahren<br />

– praktisch unbegrenzt.<br />

Die staatsanwaltliche Aufsicht wur<strong>de</strong> getrennt geregelt für <strong>Haft</strong>anstalten<br />

<strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong>/Justiz <strong>und</strong> für <strong>Haft</strong>anstalten <strong>de</strong>r Staatssicherheit. Die Hauptunterschie<strong>de</strong><br />

waren:<br />

– Die Aufsicht über MfS-<strong>Haft</strong>anstalten ausschließlich durch die (ausgewählten)<br />

Staatsanwälte wahrgenommen, die das MfS zuvor „bestätigt“<br />

hatte. Damit war die MfS-<strong>Haft</strong>aufsicht für die Masse <strong>de</strong>r<br />

Staatsanwälte ausdrücklich <strong>und</strong> generell ausgeschlossen.<br />

– Die Unterschie<strong>de</strong> betreffen auch Inhalt <strong>und</strong> Umfang <strong>de</strong>r Aufsicht.<br />

Bei MfS-<strong>Haft</strong>anstalten ist lediglich die Re<strong>de</strong> von e<strong>in</strong>er „allgeme<strong>in</strong>en<br />

Aufsicht“ über die E<strong>in</strong>haltung <strong>de</strong>r gesetzlichen <strong>und</strong> verwaltungsmäßigen<br />

Vorschriften <strong>de</strong>s <strong>Haft</strong>vollzugs. Aufsichtsaufgaben,<br />

die für <strong>Polizei</strong>-<strong>Haft</strong>anstalten gelten, s<strong>in</strong>d dagegen nicht erwähnt:<br />

also die Anstaltsordnung (die die gesamte Situation <strong>de</strong>s Gefangenen<br />

bestimmt), ärztliche Betreuung <strong>und</strong> hygienische Fürsorge sowie<br />

das Sicherheitssystem <strong>de</strong>r <strong>Haft</strong>anstalt.<br />

Die R<strong>und</strong>verfügungen, <strong>in</strong> <strong>de</strong>nen das MfS erwähnt ist, waren übrigens nur<br />

an die fünf Lan<strong>de</strong>sstaatsanwälte adressiert, – nicht aber wie üblich an alle<br />

Oberstaatsanwälte.<br />

Noch im Jahre 1952 wur<strong>de</strong> es zur Aufgabe <strong>de</strong>r M<strong>in</strong>ister Zaisser <strong>und</strong> Wollweber,<br />

diese MfS-Son<strong>de</strong>rrechte nun zu e<strong>in</strong>heitlichen, dauerhaften Arbeitsregelungen<br />

für das gesamte MfS-Personal zu machen. Im MfS-Befehl<br />

74/52 530 machte Zaisser se<strong>in</strong>e Leute auf Melzheimers R<strong>und</strong>verfügungen<br />

aufmerksam <strong>und</strong> for<strong>de</strong>rte zur E<strong>in</strong>haltung auf. Mitte Mai erließ er noch<br />

e<strong>in</strong>e eigene Dienstanweisung 1/52 531 , wor<strong>in</strong> – jenseits aller Öffentlichkeit<br />

<strong>und</strong> Staatlichkeit – weitere Details für die politische Untersuchungstätigkeit<br />

geregelt wur<strong>de</strong>n:

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