Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de

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Unverändert waren auch die Möglichkeiten der Sowjets, festgenommene
Deutsche zur vorläufigen, unbefristeten Inhaftierung in den Polizeigefängnissen
abzuliefern. Im Januar 1949 kam auch dies auf Grund eines
Südthüringer Vorfalls nochmals in einer Dienstsprechung der Landes-
Kripo-Stelle zur Sprache:
„Göcking – Suhl: In Zella-Mehlis ist ein gewisser Helfrich, der nicht faschistisch
belastet ist, vor 4 Wochen von der Besatzungsmacht in das Polizeigefängnis
eingeliefert worden. Seit dieser Zeit sitzt er, und niemand
weiß, aus welchem Grunde. Veranlasst wurde diese Maßnahme durch
einen Offizier der SMA Thür., den Kollege Göcking heute aufsuchen und
befragen wird.
LKD (Landeskriminaldirektor) Jungnickel bittet die anwesenden Vertreter
der Besatzungsmacht um Erlass einer Anweisung der SMA Thüringen an
die Dienststellen der Besatzungsmacht, wonach der zuständige Offizier
eine Bescheinigung ausstellt, wenn er eine Person in einem Polizeigefängnis
einsitzen lässt bzw. wonach die Überführung des Betreffenden in ein
Gefängnis der Besatzungsmacht angewiesen wird.“ 475
Die 201-Untersuchungshaft als offizielle und reguläre Polizeihaft hatte
das Faktum Polizeihaft stabilisiert, welches (teilweise notgedrungen) aus
dem Nachkriegschaos entstanden war, aber an NS-Gebräuche erinnerte
und in Gegenwart einer „Gewaltenteilung“ sowjetischen Couleurs praktiziert
worden war. 1949/50 war der Umfang der 201-Strafverfolgung von
Kriegsverbrechern oder NS-Straftätern mit Untersuchungshaft bereits so
gering, dass im Höchstfalle eine reguläre Polizei-U-Haft in Thüringen
hätte ausreichen müssen. Ab dem 2. Halbjahr 1949 lag die Zahl der 201-
Inhaftierungen pro Monat unter 20.
Während aber die NS-„Hauptverbrecher“ oder „Verbrecher 1. Stufe“ fast
gegen Null sanken, traf dies jedoch nicht für die Zahl von Personen zu, die
direkt „aus polizeilicher Untersuchungshaft“ (201-Haft) in die Gerichtssäle
geführt wurden. Zur Jahreswende 1950/51 z. B. überstellte die Polizei-Gefängnisabteilung
über 20 abgeurteilte 201-Häftlinge an den Strafvollzug.
Die namentliche Aufstellung verdeutlicht, um welcherart
Strafvorwürfe es sich hier inzwischen tatsächlich handelte:
„Häftlingsliste mit Bitte um Info, wohin diese abgeurteilten Häftlinge gebracht
werden sollen“:
Vinoska Spionage/Agententäigkt 6 Jahre Zuchthaus
Fuchs Bibelforscher 5 Jahre Zuchthaus
Rost Bibelforscher 5 Jahre Zuchthaus
Ortmann Zeuge Jehovas 6