Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de

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mehr auf aktuelle politische Motive und am Verfahren wirkten sowohl das
Dezernat K 5 als auch der SED-Landevorstand mit. Während Polizei-Chef
Kleinjung die Verhaftungsaktion plante und die Familie in Geraer Polizeihaft
wegsperrte, kam es während einer Sitzung der SED-Landesleitung
zum sofortigen Parteiausschluss in Abwesenheit:
„Genosse Kops berichtet, dass Itting wahrscheinlich der Ausgangspunkt
der Schumacher-Bewegung in Thüringen ist. Genosse Leßig ergänzt, dass
kürzlich Verhandlungen wegen Überführung seines Werkes in die Hände
des Volkes stattgefunden haben, dass Itting dabei eine hohe Abfindungssumme
forderte und dass Anzeichen danach vorhanden sind, für die
Abreise nach dem Westen, für Sabotageakte und für Verlegung eines Teiles
des Betriebes. Angehörige der Familie Itting sind im Westen aktive Mitglieder
der SPD und betreiben zum Teil auch Agententätigkeit in Bayern.
Hauptbelastung ist: während des Krieges ¾ Millionen dazu-verdient, aus
den Ostgebieten Metalle bezogen. Bis 1936 war das „Haus des Volkes“ gesperrt,
nach Eintritt seines Sohnes in die NSDAP war es Versammlungslokal
von Faschisten. Verhaftet wurden jetzt Franz Itting und seine Söhne
Franz Itting jun. und Gotthard sowie der Bruder von Itting sen. Karl Itting.
Das Werk ist gesichert, gute Fachleute wurden eingesetzt. Fotos zeigen
Familie Itting und in deren Kreis Dr. Robert Ley. Die Belastungen sind so
schwerwiegend, dass das Verfahren auf Grund des Befehls 201 gegen alle
4 eröffnet wird. Leßig beantragt den sofortigen Ausschluss. Genosse Kops
weist auf die Verbindung Gniffke - Itting hin. Es ist notwendig, die Ortsgruppe
Probstzella zu überprüfen ... Gen. Eckstein berichtete noch, dass
Itting angerufen hätte, weil er eine Einladung als Gast zur Kreisdelegiertenkonferenz
Saalfeld erhalten habe. Er wollte wissen, ob er ihm rät teilzunehmen;
er befürchtete, dass er wieder angegriffen würde. ... Beschluss:
Franz Itting sen. und die Söhne Gotthard Itting jun. sowie Karl Itting werden
aus der Partei ausgeschlossen. Wegen parteifeindlichen und antidemokratischen
Verhaltens, weil sie Anhänger der Kapitalistenklasse waren.“ 433
Auch diese Verfahren wurdne höchstwahrscheinlich zu den 176 Verbrechen
gegen Menschlichkeit in die K5-Statistik gezählt. Erst nach eineinhalb
Jahren und im dritten Prozess kam es zu einem Straf- und Enteignungsurteil
im Sinne der Sowjets.
Dafür, dass die 201-Verfahren 1948/49 überwiegend tatsächliche NS-
Bezüge hatten, sprechen die diversen Kritiken seitens der SMA und deren
Wunsch, dass das K 5 sich nicht mehr so ausführlich mit kleinen Nazis
beschäftigen solle. 434