Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de
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manu-vorgeschichte.qxd 09.03.05 16:34 Seite 47<br />
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E<strong>in</strong>zelakteure gegenüber e<strong>in</strong>er zahlreichen Bevölkerung – zugleich unter<br />
starkem Zeitdruck. Das drängte <strong>und</strong> verführte sie zu schnellem, rabiatem<br />
<strong>und</strong> oberflächlichem Han<strong>de</strong>ln im großen Stil.<br />
Der Sommer <strong>und</strong> Herbst 1945 wur<strong>de</strong> geprägt durch zahlreiche Razzien<br />
<strong>und</strong> E<strong>in</strong>zel<strong>in</strong>haftierungen. Deutsche Zeitgenossen konnten sich dieses<br />
schnelle <strong>und</strong> umfangreiche Vorgehen 1945–46 nur so erklären, dass das<br />
NKWD über e<strong>in</strong> immenses Spitzelnetz verfügen müsse. Doch solch e<strong>in</strong><br />
Spitzelsystem spielte höchstwahrsche<strong>in</strong>lich nur e<strong>in</strong>e untergeordnete<br />
Rolle 85 <strong>und</strong> dürfte nur für E<strong>in</strong>zel<strong>in</strong>haftierungen relevant gewesen se<strong>in</strong>.<br />
Die NKWD-Leute verfügten schließlich auch über genügend an<strong>de</strong>re<br />
Arbeits<strong>in</strong>strumente, die ihnen das schnelle <strong>und</strong> umfangreiche Vorgehen<br />
ermöglichten. Ihre wichtigsten Arbeitsmetho<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n:<br />
1. Filtration<br />
(Überprüfung größerer Personenkreise, z. B. auf Gr<strong>und</strong>lage von<br />
Aufrufen mit Mel<strong>de</strong>pflichten, <strong>de</strong>nen größere <strong>de</strong>utsche Bevölkerungsteile<br />
auch nachkamen <strong>und</strong> die oft <strong>in</strong> Form von Reihenbefragungen<br />
abliefen),<br />
2. Filtration nach vorläufiger Verhaftung<br />
(Razzien, Verhöre <strong>und</strong> mehrstufige Verhörserien Inhaftierter),<br />
3. Nutzung von Informationen/H<strong>in</strong>weisen jedwe<strong>de</strong>r Art<br />
(von <strong>de</strong>utschen Zuträgern ebenso wie von nicht<strong>de</strong>utschen Zwangsarbeitern/Kriegsgefangenen,<br />
Denunziationen, <strong>de</strong>utsche Kommunisten<br />
<strong>und</strong> Vertrauensleute, Zuhilfenahme von Personallisten/<br />
Fotoateliers/ NS-Akten),<br />
4. Informationen an<strong>de</strong>rer SMA-Stellen <strong>und</strong> Kommandanturen<br />
(aus Berichtserstattungen <strong>und</strong> Auskunftspflichten <strong>de</strong>utscher Behör<strong>de</strong>n,<br />
aus Tätigkeit <strong>de</strong>r SMA-Abteilungen für Wirtschaft/ Entmilitarisierung/<br />
Demontage <strong>und</strong> <strong>de</strong>r SMA-Personalpolitik),<br />
5. erzwungene Informationen<br />
(aus Verhören o<strong>de</strong>r <strong>in</strong>folge <strong>de</strong>r Erpressung von Freigelassenen)<br />
6. Indienstnahme sowjetischer Bürger/Kriegsgefangener als Spitzel<br />
z. B. <strong>in</strong>nerhalb NKWD-<strong>Haft</strong>, (<strong>de</strong>utscherseits spielten anbie<strong>de</strong>rn<strong>de</strong><br />
o<strong>de</strong>r rachsüchtige Denunziationen wohl größere Rolle als Spitzel),<br />
7. „Optimierung“ zulasten <strong>de</strong>r Verdächtigten<br />
1. Anwendung von Fe<strong>in</strong>d-„Kategorien“, 2. verkürzte Verfahren (bis<br />
10 Tage), 3. Verzicht auf e<strong>in</strong><strong>de</strong>utige <strong>und</strong> überprüfte Beweise,<br />
8. teilweiser Verzicht auf Verfahren vor Militärtribunalen (SMT)<br />
statt <strong>de</strong>ssen Internierung <strong>und</strong> „Son<strong>de</strong>rgerichtsverfahren“ durch das<br />
NKWD selbst.