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Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de

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manu-vorgeschichte.qxd 09.03.05 16:35 Seite 257<br />

257<br />

dass die Angeklagten bei ihren Predigten <strong>und</strong> Hausbesuchen nicht diesen<br />

Gedanken vertreten haben sollten –,<br />

auch weiterh<strong>in</strong> sämtlich <strong>de</strong>mokratische E<strong>in</strong>richtungen wie die Volkspolizei<br />

schwer angegriffen. Sie haben ihr zum Vorwurf gemacht, dass sie das<br />

‚System <strong>de</strong>r Braunhem<strong>de</strong>n‘ <strong>und</strong> das System <strong>de</strong>r Gestapo’ nur fortsetzten.“<br />

Auch an an<strong>de</strong>ren Stellen wird die schwache Beweislage <strong>de</strong>utlich. Dass <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>n Verhören – die das MfS im Vorfeld durchführte – möglicherweise<br />

Druck ausgeübt wor<strong>de</strong>n war, lässt sich aufgr<strong>und</strong> von Schuldanerkenntnis<br />

<strong>und</strong> Belastungsaussage e<strong>in</strong>es <strong>de</strong>r 16 Angeklagten vermuten.<br />

Wichtigstes Argument h<strong>in</strong>sichtlich mil<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>r Umstän<strong>de</strong> war die Frage,<br />

ob e<strong>in</strong>e nutzbr<strong>in</strong>gen<strong>de</strong> Berufstätigkeit vorläge. Die Strafhöhen wur<strong>de</strong>n<br />

aber weitaus stärker bee<strong>in</strong>flusst von <strong>de</strong>r zukünftigen Gesellschaftsgefährdung<br />

durch die Angeklagten <strong>und</strong> ihrer „Unbelehrbarkeit“, vom nicht<br />

wirklich religiösen Fanatismus o<strong>de</strong>r vom beson<strong>de</strong>ren Gruppene<strong>in</strong>fluss<br />

e<strong>in</strong>zelner Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>leiter. Das Ausschließen künftiger DDR-Gefährdung<br />

war immerh<strong>in</strong> – laut Gericht – „e<strong>in</strong>er <strong>de</strong>r Hauptzwecke <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n<br />

Entscheidung“.<br />

3. Urteil <strong>de</strong>r Großen Strafkammer II <strong>de</strong>s Landgerichts Erfurt vom 20. Mai 1952<br />

(auch Revisionsurteil <strong>de</strong>s Strafsenats <strong>de</strong>s Bezirksgerichts Erfurt vom 21.<br />

Oktober 1952) nach §1 Wirtschaftsstrafverordnung 544 (–Abwesenheitsurteil–)<br />

Der Prozess richtete sich gegen <strong>de</strong>n Inhaber <strong>de</strong>r Erfurter Samenzucht&<br />

Samengroßhandlung Benary. Staatsanwalt Rössel hatte vier <strong>Haft</strong>jahre<br />

wegen Sabotage nach SMA-Befehl 160 beantragt. Das Gericht urteilte<br />

schließlich nach <strong>de</strong>r Wirtschaftsstrafverordnung, weil e<strong>in</strong>e „gewisse fe<strong>in</strong>dselige<br />

Haltung <strong>de</strong>m <strong>de</strong>mokratischen Aufbau gegenüber“ nicht erkennbar<br />

wur<strong>de</strong>. Die Strafe belief sich <strong>de</strong>nnoch auf zweie<strong>in</strong>halb Jahre Zuchthaus,<br />

vollständigen E<strong>in</strong>zug von Vermögen <strong>und</strong> Betrieb „zugunsten <strong>de</strong>r DDR“.<br />

Das Verfahren war im Februar 1952 eröffnet wor<strong>de</strong>n, als Benary sich <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>r westlichen Zweitnie<strong>de</strong>rlassung befand <strong>und</strong> während<strong>de</strong>ssen die Betriebsprüfer<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Erfurter Firma marschierten.<br />

Der Vorwurf daraufh<strong>in</strong> lautete auf Postversendung von Blumensämereien<br />

sowohl an das west<strong>de</strong>utsche Tochterunternehmen sowie an Westberl<strong>in</strong>er<br />

Firmen. Obwohl durch staatliche Verfügung ab 1946 die Versendung von<br />

Blumensamen <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>em Umfang generell <strong>in</strong> die Westzonen genehmigt<br />

war, wur<strong>de</strong> 1950 nun plötzlich behauptet, dass dies ja ke<strong>in</strong>e Genehmigung<br />

für so große Umfänge gewesen sei, wie man sie nunmehr <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Geschäftsbüchern<br />

gef<strong>und</strong>en hatte.<br />

Gera<strong>de</strong>zu wi<strong>de</strong>rsprüchlich ist die weitere Argumentation im H<strong>in</strong>blick auf<br />

<strong>de</strong>n Nichtrückumtausch <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>nahmen nach <strong>de</strong>r Währungsreform:

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