Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de

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Erfurter Landgericht am Domplatz um 1950, Foto; Stadtarchiv Erfurt
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neue kriminelle Handlungen gegeben, die von der deutschen Justiz gleichfalls
zu bestrafen waren. Im Winter 1945/46 und im Frühjahr verhandelten
die Strafrichter fast ausschließlich Diebstahlsfälle. Im Umfeld der chaotischen
Zustände und der Mangelsituation zum Kriegsende waren
Kleinkriminalität, Raub und Gewalt stark angestiegen.
Bald kamen auch viele Anklagen wegen Wirtschaftsvergehen, Schwarzhandel,
Spekulation usw. hinzu. Denn die Nachkriegswirtschaft war eine
Mangelwirtschaft, die entsprechende Verhaltensweisen beförderte und
diese zu unmittelbaren Schäden für andere Bürger werden ließ. Urteilsgrundlage
gegen „Wirtschaftsverbrecher“ waren oftmals die alten Notund
Kriegswirtschaftsverordnungen aus der NS-Zeit.
Die Bodenreform vom Herbst 1945 und ihre eigentumsrechtlichen Aspekte
spielten für die Juristen praktisch gar keine Rolle. Sie galt – wie so manches
andere mehr – in Juristenkreisen als „Angelegenheit der Besatzungsmacht“,
die ja im Ganzen ein eigenständiges Justizsystem darstellte.
Waren Deutsche und Russen gemeinsam in eine Straftat verwickelt, dann
fragte der Gerichtsdirektor vorsichtshalber beim Erfurter Stadtkommandanten
nach, ob die Besatzungsmacht auch die Verurteilung der beteiligten
Deutschen selbst übernehmen wolle. 123 Ein Russe oder Soldat der
Roten Armee kam auf gar keinen Fall vor einen deutschen Richter, ebenso
wenig die ehemaligen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter, die für ihr
Überleben gelegentlich nur kriminelle Wege sahen.