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Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de

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manu-vorgeschichte.qxd 09.03.05 16:34 Seite 61<br />

61<br />

Dazu gehörten das Strafgesetzbuch <strong>de</strong>r RSFSR von 1926 <strong>und</strong> die diversen<br />

Strafverfahrens-Än<strong>de</strong>rungen von 1934–37. Das Strafgesetzbuch war –<br />

auch gegenüber allen Sowjetbürgern – e<strong>in</strong> Gesetz mit vielfältigen politischen<br />

Strafnormen <strong>und</strong> breitem, willkürlichem Spielraum zur Strafauslegung<br />

im E<strong>in</strong>zelfall. Da auch die Absicht <strong>und</strong> die Planung politischer<br />

Handlungen unter Strafe stan<strong>de</strong>n, waren die Rechtssätze zugleich Ges<strong>in</strong>nungs-Strafnormen.<br />

Mit <strong>de</strong>r sowjetischen Militärjustiz kamen nicht nur neue Strafnormen für<br />

Kriegs-, Staats- <strong>und</strong> Kapitalverbrechen nach Thür<strong>in</strong>gen, son<strong>de</strong>rn auch<br />

politische Strafnormen, die weitläufig als antisowjetische Handlungen<br />

<strong>und</strong> auch als unerlaubte politische Handlungen <strong>in</strong>terpretierbar waren.<br />

Weitere politischen Strafnormen, die <strong>in</strong> <strong>de</strong>r UdSSR gebräuchlich, aber<br />

nicht im alliierten Kontrollratsgesetz verzeichnet waren, wur<strong>de</strong>n per Son<strong>de</strong>rbefehl<br />

e<strong>in</strong>geführt. Dies betraf z. B. die „Sabotage“, die mit <strong>de</strong>m SMA-<br />

Befehl 160 auch hierzulan<strong>de</strong> straffähig wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfällen sogar<br />

mit <strong>de</strong>r To<strong>de</strong>sstrafe geahn<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n durfte.<br />

Als „Sabotage“ ausgelegt, konnte sogar je<strong>de</strong>s unpolitische Nichtgehorchen<br />

als staatsbeh<strong>in</strong><strong>de</strong>rnd bezeichnet <strong>und</strong> strafrechtlich sowie eigentumsrechtlich<br />

umgemünzt wer<strong>de</strong>n. Im sowjetischen Staatsgesetzbuch hieß es:<br />

„Art. 58.14. Gegenrevolutionäre Sabotage, d.h. bewusste Nichterfüllung<br />

bestimmter Verpflichtungen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ren vorsätzlich unzulängliche Erfüllung<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>r speziellen Absicht, die Macht <strong>de</strong>r Regierung <strong>und</strong> das Funktionieren<br />

<strong>de</strong>s Staatsapparates zu bee<strong>in</strong>trächtigen<br />

zieht nach sich<br />

Freiheitsentzug nicht unter e<strong>in</strong>em Jahr, verb<strong>und</strong>en mit völliger o<strong>de</strong>r teilweiser<br />

Vermögenskonfiskation<br />

bei Vorliegen beson<strong>de</strong>rs erschweren<strong>de</strong>r Umstän<strong>de</strong>: Erhöhung bis h<strong>in</strong> zum<br />

Erschießen, verb<strong>und</strong>en mit Vermögenskonfiskation.“<br />

Zur Anwendung dieser Sowjetgesetze hatte die SMA ihre „Sowjetischen<br />

Militärtribunale“ (SMT) vor Ort <strong>in</strong>stalliert, – anfangs vielerorts, später<br />

reduziert auf mehrere zentralen Orte. Diese SMT hatten staatsanwaltliche<br />

<strong>und</strong> richterliche Befugnisse gegenüber Deutschen wie auch gegenüber<br />

Sowjetbürgern <strong>und</strong> Auslän<strong>de</strong>rn. Laut Information <strong>de</strong>r Russischen Militärstaatsanwaltschaft<br />

wur<strong>de</strong>n im Stal<strong>in</strong>-Staat auch 994.000 sowjetische Militärpersonen<br />

(darunter 155.000 Offiziere) von solchen SMT verurteilt <strong>und</strong><br />

147.000 aufgr<strong>und</strong> von SMT-To<strong>de</strong>surteilen erschossen. 119<br />

Neben diesen regulären Militärtribunalen gab es aber auch noch so etwas<br />

wie „außeror<strong>de</strong>ntliche“ Gerichte. Es han<strong>de</strong>lte sich um die sogenannten<br />

„Son<strong>de</strong>rberatungen“, mittels <strong>de</strong>rer NKWD-Offiziere gewissermaßen selbst

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