Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de

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gab Sozialdemokraten, wie Hermann Brill, die nur in Flucht oder Rückzug
eine Alternative fanden. Viele andere aber waren mit ihrem Politikverständnis
unbeirrt aktiv geblieben, so dass sie mancherorts die örtliche
SED-Arbeit gänzlich sozialdemokratisch prägten. Für viele dieser Aktiven
war es dabei eine Selbstverständlichkeit, sich als Bestandteil gesamtdeutscher
Sozialdemokratie zu verstehen.
Ende 1948 berichtete Paul Laufer, der schon in den 30er Jahren die Sozialdemokratie
für die KPD bespitzelt hatte und nun in der SED-Zentrale
verdeckt als „Abwehr“-Mann arbeitete, folgendes:
„Der allgemeine Eindruck von Thüringen ist der, dass Freundeskreise des
Ostbüros in fast jedem Kreis vorhanden sind und dass diesen Freundeskreisen
in wahrscheinlich vielen Fällen Kreisvorstandsmitglieder unserer
Partei angehören.“ 347
Wegen des Prinzips der doppelten Ämterbesetzung (Parität) gab es anfangs
auch so etwas wie eine innerparteiliche Öffentlichkeitsstruktur.
Letztere aber musste für Kommunisten, wie für Walter Ulbricht, Dorn im
Auge eines machtbesessenen Kopfs sein.
Ende 1948 resümierte Wilhelm Pieck im Vorfeld einer Moskau-Reise zur
momentanen innerparteilichen Situation:
„Bis zum Mai dieses Jahres wurde versucht, auf Basis der Parität zu manövrieren
... (Es) ... entstand im ersten Halbjahr 1948 eine ernsthafte
Gefahr für die Partei, da die parteifeindlichen Elemente Versuche unternahmen,
Positionen in der Partei zu erringen und die Entwicklung zu
einer marxistisch-leninistischen Partei zu verhindern. ... Jetzt ist diese
Gefahr infolge des auf der 11. Tagung des Parteivorstandes (Juni 1948)
begonnenen Umschwungs beseitigt. ... Es wurde damit begonnen, die offen
feindlichen und korrupten Elemente aus der Partei zu entfernen, ohne
dass schon eine systematische Säuberung stattfindet.“ 348
Damit meinte er vorzugsweise aktive Sozialdemokraten. Die zahlreichen
Neumitglieder aus alten NS-Gefolgschaften betrachtete man dagegen
nicht als Problem.
Die Parität war zuvor zwar zunehmend unterlaufen worden, hatte aber
noch nicht offen angetastet werden können. 349 Das änderte sich fortan.
Das von Pieck erwähnte „Entfernen“ und „Säubern“ der SED von aktiven
Sozialdemokraten geschah anfangs aber häufig erst infolge von Inhaftierungen
durch die Sowjet-Staatssicherheit:
Im März 1948 inhaftierten MGB-Trupps Sozialdemokraten, die sich auf
der Leipziger Messe mit Westgenossen trafen. 350 Im November 1948
informierte MGB-Chef Kowaltschuk Pieck über 231 Verhaftungen allein