Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de
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manu-vorgeschichte.qxd 09.03.05 16:35 Seite 264<br />
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verwaltung <strong>und</strong> 27 mit <strong>de</strong>r Bewachung beschäftigt. Die Mehrzahl von<br />
ihnen war zwischen 1946 <strong>und</strong> 1948 neu <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Justizdienst gekommen.<br />
Nur vier Mitarbeiter stammten aus <strong>de</strong>m NS-Justizvollzug: e<strong>in</strong> Verwaltungsmitarbeiter,<br />
e<strong>in</strong>e Hauptwachtmeister<strong>in</strong> <strong>und</strong> zwei Oberwachtmeister,<br />
die ab 1935, 1928 bzw. 1942 Justizdienst taten. 553 Der Verwaltungsmitarbeiter<br />
<strong>und</strong> die Hauptwachtmeister<strong>in</strong> wur<strong>de</strong>n im Frühjahr 1949 „aus politischen<br />
Grün<strong>de</strong>n“ entlassen. E<strong>in</strong>e neue<strong>in</strong>gestellte Hilfsaufseher<strong>in</strong>, die <strong>de</strong>r<br />
NS-Frauenschaft angehört hatte, wur<strong>de</strong> 1949 ebenfalls entlassen.<br />
Im Sommer 1949 arbeiteten hier schließlich <strong>in</strong>sgesamt 28 Justizangestellte,<br />
– fünfzehn von ihnen waren Liberale, zehn gehörten <strong>de</strong>r SED an. 554<br />
Ebenfalls im Sommer 1949 waren im Gefängnisbau Andreasstraße <strong>in</strong>sgesamt<br />
178 Gefangene untergebracht: 114 Untersuchungsgefangene <strong>und</strong> 64<br />
verurteilte Strafgefangene. Die Gefängniskapazität war damit zu über 80<br />
Prozent ausgelastet. 555 Auf <strong>de</strong>r Ge.-Station lagen im Jahr 1949 <strong>in</strong>sgesamt<br />
58 Gefangene. 556<br />
Im Laufe <strong>de</strong>s Jahres 1948 hatte man mit Bauarbeiten zur Wie<strong>de</strong>r<strong>in</strong>standsetzung<br />
begonnen, <strong>de</strong>nn die Außenmauern <strong>und</strong> auch Teile <strong>de</strong>s Zellenhauses<br />
waren zerstört. Laut Planung sollten die Reparaturarbeiten bis März<br />
1949 dauern. Anschließend wur<strong>de</strong> e<strong>in</strong> Geräteschuppen mit Gefangenenwerkstätten<br />
errichtet. 557<br />
Anstaltsprüfer beurteilten das Verhältnis zwischen bei<strong>de</strong>n Seiten als human,<br />
aber nicht fre<strong>und</strong>schaftlich. E<strong>in</strong>e Anstaltsordnung regelte Post,<br />
Postkontrolle, Besuche, wöchentlich Lebensmittelabgaben, Nachtzeiten,<br />
Anstaltskleidung. Arrest wur<strong>de</strong> nicht, wie früher, mit Essens- <strong>und</strong> Lagerentzug<br />
verschärft. Rechtsanwälte konnten mit ihren Mandanten alle<strong>in</strong><br />
sprechen. Gefangenenarbeit gab es nur für e<strong>in</strong>zelne, oft direkt <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Zellen:<br />
Bauarbeiten im Haus, Taschen flechten, Saatgut verlesen, Wäsche<br />
waschen, Fe<strong>de</strong>rn schleißen, Garne entknoten, U-Boot-Netze entfä<strong>de</strong>ln.<br />
Die Tagesverpflegung bestand 1949 überwiegend aus 12g Butter, 30g Zucker,<br />
350–500g Brot, 25g Nährmittel sowie sonntags 180 g Fleisch.<br />
Bei<strong>de</strong> Kirchen war <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Justizgefängnissen seelsorgerisch tätig, wofür<br />
seit Jahrzehnten im Gefängnisbau auch e<strong>in</strong> Raum für Gottesdienste e<strong>in</strong>gerichtet<br />
war. Bei Wie<strong>de</strong>reröffnung <strong>de</strong>s Gefängnisses 1948 war dieser wie<strong>de</strong>r<br />
verfügbar gemacht <strong>und</strong> genutzt wor<strong>de</strong>n. Er befand sich im Mittelraum<br />
<strong>de</strong>s II. Stockwerks. Der Pfarrer <strong>de</strong>r gegenüberliegen<strong>de</strong>n Andreaskirche<br />
sowie e<strong>in</strong> katholischer Pfarrer aus Weimar führten regelmäßige<br />
Gottesdienste.<br />
Die Mehrzahl <strong>de</strong>r <strong>Haft</strong>grün<strong>de</strong> lautete Mitte 1949 auf Wirtschaftsvergehen.