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Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de

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manu-vorgeschichte.qxd 09.03.05 16:34 Seite 67<br />

67<br />

S<strong>in</strong>ne von Nazi-, Kriegs- <strong>und</strong> Menschenrechts-Verbrechen – hatten sich<br />

die Alliierten mit <strong>de</strong>m Kontrollratsgesetz 10 überwiegend selbst vorbehalten.<br />

Aber es war – laut diesem Gesetz – für <strong>de</strong>utsche Gerichte allerd<strong>in</strong>gs<br />

zulässig, e<strong>in</strong>en solchen Fall dann zu verhan<strong>de</strong>ln, wenn sich das fragliche<br />

Verbrechen gegen Deutsche gerichtet hatte. Allerd<strong>in</strong>gs bis 1947 <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>r Praxis nur dann, wenn sowjetische Militärbehör<strong>de</strong>n es genehmigten,<br />

dul<strong>de</strong>ten o<strong>de</strong>r wünschten.<br />

E<strong>in</strong> klassischer Tatbestand für politische Verbrechen gegenüber Deutschen<br />

war die Denunziation. Davon hatte es <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Jahren <strong>de</strong>r NS-Herrschaft<br />

<strong>und</strong> Gestapo-Tätigkeit genügend Fälle gegeben. Die Thür<strong>in</strong>ger Justiz<br />

musste sich im Frühsommer 1946 erstmals mit e<strong>in</strong>em solchen politischen<br />

Verbrechen ause<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rsetzen. Dies geschah im Zusammenhang<br />

mit <strong>de</strong>m „Puttfarken-Fall“, <strong>de</strong>r vom Schwurgericht Erfurt-Nordhausen<br />

verhan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>:<br />

Puttfarken, e<strong>in</strong> NS-Justizbeamter, hatte 1942 Göttig wegen e<strong>in</strong>er hitlerfe<strong>in</strong>dlichen<br />

Äußerung angezeigt. Göttig war daraufh<strong>in</strong> von e<strong>in</strong>em NS-Gericht<br />

zum To<strong>de</strong> verurteilt <strong>und</strong> getötet wor<strong>de</strong>n. Puttfarken trug e<strong>in</strong><strong>de</strong>utig<br />

e<strong>in</strong>e Mitschuld an dieser Tötung.<br />

Auch wenn 1946 viele Juristen die Bestrafung Puttfarkens für richtig hielten,<br />

gab es ke<strong>in</strong>e Handhabe. Denn Denunziation war 1942 ke<strong>in</strong>e Straftat<br />

gewesen, son<strong>de</strong>rn erst seit <strong>de</strong>m Kontrollrats-Gesetz 10 von 1945. E<strong>in</strong>e<br />

Anwendung von 1945 auf 1942 hieße „Rückwirkung“, – die aber ist<br />

rechtstechnisch unzulässig.<br />

Deshalb wur<strong>de</strong> Puttfarken mittels e<strong>in</strong>er juristischen Hilfskonstruktion<br />

vom Staatsanwalt angeklagt <strong>und</strong> mittels e<strong>in</strong>er an<strong>de</strong>ren juristischen Hilfskonstruktion<br />

von <strong>de</strong>n Richtern verurteilt. Der Puttfarken-Prozess wur<strong>de</strong><br />

daher ebenso namhaft wie problematisch <strong>und</strong> umstritten:<br />

„Gegenstand beson<strong>de</strong>rs e<strong>in</strong>gehen<strong>de</strong>r Erwägungen ist <strong>de</strong>rzeit das Vorgehen<br />

gegen Denunzianten. ... Da sich die SMA für alle politischen Verbrechen<br />

für zuständig erklärt hat, sollen die Angeklagten nach Abschluss <strong>de</strong>s<br />

Vorverfahrens <strong>de</strong>r örtlichen NKWD überstellt wer<strong>de</strong>n. Häufig erklärt<br />

dann die NKWD, wenn es sich um Prozesse gegen Deutsche han<strong>de</strong>lt, die<br />

Zuständigkeit <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Gerichte.<br />

Im Prozess gegen Puttfarken <strong>in</strong> Nordhausen konnte e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>igung über die<br />

gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lagen <strong>de</strong>s Verfahrens zwischen <strong>de</strong>r Staatsanwaltschaft<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>m Schwurgericht zunächst nicht erzielt wer<strong>de</strong>n. Die Staatsanwaltschaft<br />

beabsichtigte, <strong>de</strong>n Tatbestand <strong>de</strong>r mittelbaren Täterschaft anzunehmen.<br />

... Man hat daher <strong>de</strong>n Ausweg gewählt, die Anklage unter <strong>de</strong>n<br />

Gesichtspunkt <strong>de</strong>r Beihilfe zum Mord zu stellen, e<strong>in</strong>e rechtlich <strong>in</strong>sofern<br />

sehr be<strong>de</strong>nkliche Annahme, als sie die Konsequenz <strong>in</strong> sich trägt, die Rich-

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