Haft und Politische Polizei in Thüringen 1945–52 - Einschluss.de

manu-vorgeschichte.qxd 09.03.05 16:34 Seite 133
133
digt und außerdem jeden 9. 201-Überprüften an die 201-U-Organe der
Polizei gemeldet. 276
Die Aktivitäten der DVdI intensivierten sich ab Mitte 1947. Auf zentralen
Tagungen kam beispielsweise ein scharfmacherischer machtpolitischer
Geist deutlich zum Vorschein 277 und kommunistische Länderpolitiker
berieten sich regelmäßig unterm Dach der DVdI. So war Thüringens
Innenminister Eggerath 278 nicht nur Parteifreund von Ulbricht und Konsorten,
sondern auch in die zentralen Innenminister-Konferenzen
involviert. Er brachte die SED-Absichten mit nach Thüringen und brachte
sie hier auch unverblümt zum Ausdruck. So äußerte er beispielsweise –
laut Protokollmitschrift – im September 1947 in Weimar auf einer Konferenz
aller Thüringer Entnazifierungskommissionen:
„Wir müssen die faschistischen und militaristischen Ideen vernichten und
an deren Stelle das demokratische Bewusstsein setzen. ... Dazu gehört die
Unschädlichmachung aller derjenigen, die für die Demokratie eine
Gefahr darstellen, die noch befangen sind von der Vergangenheit und die
auch heute noch der neuen Entwicklung feindlich gegenüberstehen, die
Träger feindlicher Gedanken gegen unsere demokratische Entwicklung
sind, sowie die Beseitigung aller derjenigen, die auf irgend eine Art und
Weise unsere Entwicklung sabotieren. Von diesem Gesichtspunkt aus
wollen wir an die Durchführung des Befehls 201 gehen. ... Wir wissen,
dass unsere Justiz nicht so ist, wie wir sie uns wünschen. Wir haben sehr
wenig Richter und Staatsanwälte, die getragen sind von dem Willen, eine
neue Entwicklung einzuleiten ... Nicht nach den Buchstaben des
Gesetzes(,) sondern politisch sollen sie urteilen.“ 279 (Hv. - v. V.)
„Demokratisch“ hieß hier also nicht etwa, politisch so zu handeln, dass
Hass und Feindlichkeit, wie sie fürs NS-Regime prägend waren, keine
politische Größe mehr seien. Die Kommunisten setzten statt dessen den
kämpferischen Kurzschluss dagegen: „wer gegen uns ist, der ist zu entnazifizieren“.
(Während andere NSDAP-Leute ja rehabilitiert und sogar in
die SED aufgenommen wurden.) Und die Position der Justiz wurde
komplizierter, denn sie sollte reduziert werden auf die Alternative: Politurteile
oder selbst Nazivorwurf.
Zwei Wochen später wurde Eggerath Ministerpräsident für Thüringen.
Gebhardt, sein Amtsnachfolger als Innenminister, ließ eine Durchführungsverordnung
für „polizeiliche Maßnahmen in Bezug auf den Befehl
201“ verfassen. Darin ermächtigte er die Thüringer Polizei zu den (von
der DVdI vorgeschlagenen) Sonderbefugnissen gegenüber 201-Angeschuldigten
und schuf außerdem noch einen informatorischen Sondersta-